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Schöner schaffen

Ein Anwalt, ein Ingenieurbüro und ein Schönheitssalon vereinbaren Seriosität und Funktionalität mit einer ästhetisch anspruchsvollen Raumgestaltung

28.02.20139 Min. Kommentar schreiben

Text: Simone Hübener

Foto: Frank Dora/Photoprop

Es grünt so grün …

Anwälte gestalten ihre Kanzleien gern seriös – also oft allzu steif. Ein Jurist in Oberhausen nahm sich das Recht zur Fröhlichkeit im Raum

Rechtsanwalt Klaus Kuka musste lange suchen, bevor er in einem Bestandsbau im Zentrum von Oberhausen einen neuen Standort für seine wachsende Kanzlei gefunden hatte. Lage und Größe passten, und der Innenausbau konnte fast komplett nach seinen Wünschen erfolgen. Einzig die bereits installierten Kühldecken gaben die Position so mancher Wand vor.

Die Zusammenarbeit zwischen dem Bauherren und den Innenarchitekten bkp kolde kollegen verlief unkompliziert. Kuka ließ ihnen weitgehend freie Hand und nahm die meisten ihrer Vorschläge an. Ausgangspunkt für die Planungen waren die Visitenkarte und die Webseite der Kanzlei, über die sich die Planer auf Spurensuche machten. Welche Mentalität haben die fünf Anwälte und vor allem Auftraggeber Kuka? Welche Besonderheiten zeichnen seine Kanzlei aus? Wie lässt sich das Coporate Design dreidimensional umsetzen? Als Antworten auf diese Fragen kristallisierten sich zwei Hauptelemente heraus: die Farbe Grün und weiche Formen mit abgerundeten Ecken.

Grün und rund: Kanzlei-Gestaltung von bkp kolde kollegen

Beide sind gleich am Eingang der Kanzlei deutlich sichtbar. Über einen grasgrünen, hochflorigen Teppichboden tritt der Besucher an den ebenfalls grasgrünen Empfangstresen mit seinen abgerundeten Ecken. Dahinter arbeiten in einem offenen Büro die Mitarbeiterinnen, die sich unter anderem um die ankommenden Mandanten kümmern. Eingebettet ist alles in einen großen Durchgang, ebenfalls mit abgerundeten Ecken, dessen Laibungen mit furniertem Holz verkleidet sind. Dieses Motiv eines Rings, das von der Kanzlei-Webseite abgeleitet wurde, findet man im kleinen, schräg gegenüberliegenden Wartebereich zweimal wieder – in der großen Wandöffnung, die analog zum Eingangsbereich gestaltet ist, sowie in den Wand-, Boden- und Deckenflächen, die dank aufgefüllter Ecken fließend ineinander übergehen. Nicht zu erkennen ist dieser Ring dagegen im Flur. Zwar sind dort ebenfalls Wand und Decke grün gestrichen und der Boden ist mit besagtem Teppich belegt, doch die Ecken sind scharfkantig statt gerundet. Doch das Gesamtkonzept bleibt erkennbar und Gestaltung der Kanzlei ist gelungen.

Foto: Frank Dora/Photoprop

Namensschilder plus

Ebenfalls sehr gemütlich und alles andere als steril wirkt die Möblierung des Wartebereichs. Ein – wie könnte es auch anders sein – grünes, schlichtes Sofa bietet Platz zum Sitzen, eine verspielt wirkende Leuchte verströmt ein angenehmes Licht, das sich auf den seidenmatten Oberflächen der Nischenwände und der -decke spiegelt. Die Möbel in den einzelnen Büros passen dagegen (noch) nicht zum neuen architektonischen Auftritt der Kanzlei.

Die Schreibtische, Stühle und Schränke wurden aus den alten in die neuen Räumlichkeiten mitgenommen – hier wären allerdings etwas peppigere angemessener. Nur das Besprechungszimmer ist neu möbliert. Passend zum Geist, der in Kukas Kanzlei herrscht, zeigen sich die eleganten und zugleich witzigen Türschilder, die man neben der Zugangstür zu den einzelnen Anwaltsbüros findet. Sie haben ebenfalls grüne Oberflächen und sehen aus wie große Sprechblasen. Darauf findet der Besucher neben dem Namen des jeweiligen Anwalts auch einen Spruch, den sich jeder selbst aussuchen durfte und der entweder die Mentalität des Anwalts vermittelt oder hinter dem sich eine kleine Anekdote verbirgt. Bei Kanzlei­chef Kuka ist zu lesen: „You’ll never walk alone“ – ein Satz aus einem Broadway-Musical. Dieser Spruch ist zwar nicht neu, hier aber ernst gemeint und für einen Rechtsanwalt so unorthodox und offen wie Kuka selbst. Die Gestaltung der Kanzlei durch bkp kolde kollegen trägt diese Botschaft nun nach außen.

Herz des Hauses: Zentrale Kommunikationszone bei schlaich bergermann und partner. Foto: Zooey Braun

Präzise und verspielt

Die neue Hauptzentrale von schlaich bergermann und partner in Stuttgart steht für Ingenieurbau – aber auch für entspannte Kommunikation.

„Außen hui, innen auch“ – dieser Slogan prangt derzeit auf dem Werbeplakat für ein eher mittelmäßiges Neubauprojekt im Stuttgarter Zentrum. Viel besser würde er zu dem Gebäude passen, in dem das bekannte Stuttgarter Ingenieurbüro schlaich bergermann und partner neuerdings seine Zentrale hat.

Das siebenstöckige Haus aus dem Jahr 1967 steht prominent an einer viel befahrenen Straßenkreuzung des Stuttgarter Westens. Bis 2011 wurde es nach Plänen von steinbrink . krumpe architekten + stadtplaner saniert – und zwar so, dass man gern sein Augenmerk darauf richtet. Während im Erdgeschoss ein Supermarkt untergebracht ist, sollten die sechs Obergeschosse zunächst an einzelne Parteien vermietet werden – bevor schlaich bergermann und partner erschien und in diesem Gebäude seine beiden Stuttgarter Standorte unter einem Dach vereinen wollte. Statt kleiner Zellenbüros waren nun offene und zur Kommunikation animierende Aufenthalts- und Arbeitsstrukturen gefragt. Dafür entwickelte die Ippolito Fleitz Group ein Konzept, das die Präzision des Ingenieurbaus mit verspielten, die Strenge brechenden Elementen verbindet. Außerdem nimmt es die Ängste der Mitarbeiter ernst, die meist Einzelbüros gewöhnt waren und sich nun in Großraum- und Mehrpersonenbüros wiederfinden. Die Akustik ist hervorragend, die Intimität bleibt durch geschickte Detaillösungen gewahrt.

Sanftes Sepa- rieren: Glaswände erlauben zumindest den akustischen Rückzug. Trennelemente untergliedern den Raum. Foto: Zooey Braun

Konzentration und Kommunikation

Als Beispiel für Letzteres können die kreuz­förmigen Schränke dienen, mit denen Ippolito Fleitz zum einen die Stützen kaschierten und zum anderen eine Atmosphäre von Geborgenheit erzeugten. Denn sie schützen die sitzenden Mitarbeiter im Rücken, doch stehende können über die Elemente hinweg blicken und sich mit Kollegen in anderen Raumbereichen aus­tauschen.

Dieses von den Innenarchitekten entworfene Möbel findet man in allen Etagen mit ihren jeweils 25 Arbeitsplätzen wieder. Ebenfalls im ganzen Haus sind akustisch wirksame Metallrasterdecken installiert, die das Tageslicht in die Tiefe des Raums lenken, sowie hochfloriger Teppichboden. Außerdem lädt im Flurbereich einer jeden Etage, der aufgrund der Gebäudetiefe sehr breit ist, ein freistehendes Möbel zu kurzen und spontanen Besprechungen ein. Die Zonierung in offene Arbeitsbereiche und abgetrennte Büros variiert dagegen von Geschoss zu Geschoss, wodurch jede einzelne Etage individuell wirkt.

Das Spiel mit den Themen „offen und geschlossen“ sowie „sichtbar und unsichtbar“ setzt sich in den Trennwänden der separierten Bereiche fort. Während bei den offenen Arbeitsgruppen die erwähnten Schränke für Sichtschutz sorgen, trennt durchsichtiges Glas die Einzel- und Teamarbeitsbereiche von der übrigen Etage zumindest akustisch ab. Ein leichter, semitransparenter Vorhang ermöglicht es aber den Mitarbeitern in diesen Bereichen, sich bei Bedarf eine auch optisch intimere Zone zu schaffen.

Sonderfall Empfangsgeschoss

Selbst die Verteilung der Kaffeemaschinen unterliegt dem Ziel, die Kommunikation zu beeinflussen. Auf den einzelnen Etagen gibt es nur herkömmlichen Filterkaffee und eine winzige Teeküche. Die Kaffeemaschine für Cappuccino, Latte Macchiato & Co. sowie die großzügigen Bereiche für die Mittagspause und für Besprechungen befinden sich alle im Empfangsgeschoss, der ersten Etage. Dies animiert räumlich sonst getrennte Mitarbeiter zum Treffen und Reden. Dazu trägt auch die Innenarchitektur vieles bei. Denn im zentralen Bereich des großen, weil auskragenden ersten Obergeschosses ordneten Ippolito Fleitz eine variantenreiche Kommunikationszone an. Analog zu einem Gastronomiebetrieb, von denen dieses Stuttgarter Büro bereits zahlreiche gestaltet hat, bietet auch das „Herz“ der sbp-Hauptzentrale für Menschen verschiedenen Typs unterschiedlich ausformulierte Orte an. Leicht wirkende Gartenstühle an kleinen Zweiertischen gesellen sich zu einem Stehtisch und zwei großen Tischen fürs Mittagessen und Besprechungen. Daneben laden zwei Ohrensessel und die büroeigene Bibliothek zum Lesen ein. Drei halbhohe gepolsterte Elemente, die zu einem Halbkreis zusammengefasst sind, erzeugen einen Rückzugsraum und ermöglichen konzentrierte Gespräche. Die differenzierte Gestaltung der Decke und der Bodenbeläge entspricht der durch die Möbel hergestellten Zonierung. So entsteht eine Kombination von streng wirkenden Materialien und Formen mit überraschend bunten Elementen, gemütlich wirkenden Teppichböden und anderen Stoffen. Sie ist Ippolito Fleitz bestens gelungen und bringt dem Besucher die präzise, Neuem gegenüber aufgeschlossene Arbeitsweise der Stuttgarter Ingenieure nahe.

Schminkschule: Abgetrennter Bereich zum Erlernen der hohen Make-up-Kunst. Foto: Dittel Architekten

Make-up im Raum

Was wäre ein Schönheitssalon ohne eine ästhetisch ansprechende Raumgestaltung? Ein Stuttgarter Familienbetrieb zeigt, wie es geht

Im Schönheitssalon ist auch der ästhetische Anspruch an die Architektur hoch. Beim Familienunternehmen Mußler Beauty wiederholen sich in jeder der sechs Filialen in und um Stuttgart gewisse Elemente, zum Beispiel die stets wohnlichen Möbel, doch im Endeffekt besitzt jeder Beratungs- und Verkaufsraum seine eigene Ausstrahlung. Das Ladengeschäft Killesberghöhe wird geprägt von Eichenholz als Furnier und Vollholz sowie der Farbe Weiß, die man bei unterschiedlichen Materialien und Einrichtungsgegenständen wiederfindet. Die im Verhältnis zum Sortiment kleine Fläche haben Dittel Architekten entsprechend dem Warenangebot in vier Bereiche gegliedert.

Holz und Helligkeit: Eichenfurnier, Vollholz und weiße Farbe prägen das Gesamtbild des Schönheitssalons. Foto: Dittel Architekten

Vier in einem

Im Zentrum steht der Duftbereich mit den verschiedenen Flacons zum Ausprobieren der Parfums. Anstatt die Tester einfach direkt vor die Schachteln ins Regal zu stellen, entwarfen die Innenarchitekten ein abgekantetes, pulverbeschichtetes Metallblech als Aufsatz. Damit schaffen sie Ordnung und heben die oftmals kunstvoll gestalteten Flacons hervor. Daneben finden die Kunden den Make-up-Bereich, in dem jeder Marke eine große, offene Präsentationsfläche zugeordnet ist. Leider korrespondieren deren Maße nicht mit dem Raster der Fassade. Es scheint in diesem Punkt, als habe die Architektur mit der Innenarchitektur nicht viel zu tun.

Foto: Dittel Architekten

Zu diesem Teil der Filiale gehört auch die sogenannte Schminkschule, in der Damen jeden Alters unter fachkundiger Anleitung Tipps und Tricks erfahren können. Die sechs aneinandergereihten kleinen Tische vermitteln unwillkürlich den Eindruck, die Kundinnen säßen da wie die Hennen auf der Stange. Geweckt werden sollte diese Assoziation sicherlich nicht, man kann sich ihrer jedoch nicht erwehren.

In der dritten Abteilung, der mit den Pflegeprodukten, verweisen die Architekten mit einem Waschtisch und kleinen weißen Fliesen auf das heimische Badezimmer. Diese Materialwahl wirkt frisch und nimmt dem Ganzen die Strenge. Zwei alte Schränke, die in neuem Gelb erstrahlen, verstärken die lockere Atmosphäre in diesem Teil des Ladens.

Foto: Dittel Architekten

Unklare Prioritäten

Zu guter Letzt finden die zu Bioprodukten neigenden Kundinnen in einer Nische ganz hinten den Naturkosmetikbereich. Seine leicht versteckte Anordnung erstaunt, da sich Mußler Beauty gerade mit diesem Sortiment von seinen Mitbewerbern abheben will. Auch können die einheitlich weißen Materialien, die eine kühle Atmosphäre erzeugen, gerade bei Naturkosmetik nicht überzeugen. Mit anderen Farben und Werkstoffen hätte der Bereich aufgewertet werden können.

In der Summe ist es Dittel Architekten aber gelungen, das umfangreiche Angebot auf einer kleinen Fläche sinnvoll anzuordnen und mit den Möbeln und teils verspielt wirkenden Leuchten Akzente zu setzen. Auch der Fußboden, ein hellgrauer Mikrobeton, erzeugt einen schönen, nicht zu harten Kontrast zu den wohnlich wirkenden Möbeln.

Simone Hübener ist Fachjournalistin für Architektur und Bauen in Stuttgart.

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