Nicht zum ersten Mal soll das serielle und modulare Bauen in größerem Maßstab die Probleme der Bauwirtschaft lösen. Die Hoffnung besteht vor allem auch darin, den Neubau von Wohnungen schneller voranzubringen. Über einen längeren Zeitraum hinweg betrachtet gelang dies bislang nicht.
Während dabei die praktischen Vorteile der witterungsunabhängigen werkseitigen Vorfertigung von Bauteilen und der kurzen Bauzeit vor Ort, meist unbestritten waren, ist bis heute die begrenzte gestalterische Freiheit das maßgebliche Gegenargument vor allem der Architekten geblieben.
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Akzeptanz für seriellen Wohnunsgbau ist gestiegen
Die Akzeptanz der Bauweise ist in den letzten Jahren dennoch gestiegen. Neben der politischen Fürsprache resultiert diese Entwicklung nicht zuletzt aus den veränderten Rahmenbedingungen (Fachkräftemangel, Lieferengpässe, Kostensteigerungen), denen sich die Bauwirtschaft stellen muss, um ressourceneffizienter, schneller und wirtschaftlicher zu werden. Diese Herausforderungen führten zu einem deutlich breiteren Angebot an seriellen und modularen Lösungen.
Serieller Wohnungsbau mit viel Gestaltungsfreiheit
Relativ neu auf dem Markt sind Hersteller von Holzmodulen (wie LiWood im Fall der Platensoiedlung), Modulbauer aus dem Stahlbereich kombinieren ihre Konstruktionen mit Holz, Betonbau-Unternehmen entwickeln parallel zu ihrem angestammten Geschäftsfeld modulare Konzepte und selbst die Hersteller klassischer Wandbaustoffe bieten neben vorgefertigten Elementen auch komplette Module an.
Bauherren und Architekten haben demnach die Wahl nicht nur zwischen verschiedenen Baustoffen und Konstruktionen, auch in puncto Gestaltung muss man einem Gebäude heute nicht mehr ansehen, dass es aus vorgefertigten Elementen besteht.
Budget schränkt beim seriellen Wohnungsbau die Architektur ein
Dass die Realität jedoch oft anders ist, liegt nach Ansicht des Architekten Stefan Forster aus Frankfurt am Main in erster Linie nicht an der Bauweise. Er sagt: „Modulbauten sind letztendlich ganz normale Gebäude, deren Fassaden sich planerisch auch so behandeln lassen. Doch bei den begrenzten finanziellen Mitteln nach der Prämisse des bezahlbaren Bauens fehlt am Ende stets das Geld für eine ansprechende Gestaltung.“
Demnach liegt es meist nicht in der Hand des Architekten, wie sich das Erscheinungsbild des Bauwerks dem Betrachter präsentiert. Lässt man dieses leidige Thema einmal beiseite, scheint die modulare Bauweise für den Wohnungsbau aber nahezu prädestiniert zu sein.
Viele Grundrisse sind sowieso seriell
Das auf Wohnungsbau spezialisierte Büro von Stefan Forster sammelte seine ersten Erfahrungen bereits in den 1990er-Jahren mit dem Umbau von Plattenbauten. „Wir haben dabei versucht, herauszufinden, welche Möglichkeiten das Bausystem bietet und wie flexibel es ist“, resümiert Stefan Forster.
Bedenkt man, dass Wohngebäude ohnehin auf der Wiederholung von gleichen Elementen basieren, lassen sich Grundrisse auch gut in einzelne Module aufteilen. Hinzu kommt, dass die Größe der Räume meist in den jeweiligen Förderrichtlinien festgelegt ist, da bleibt in der Regel wenig Spielraum für ausgefallenere Varianten. „Unsere Aufgabe besteht im Wesentlichen aus der Planung der Elemente, die entsprechend dem Raumprogramm, unter Berücksichtigung aller tangierenden gesetzlichen Anforderungen, zusammengefügt werden müssen“, fasst Stefan Forster die planerischen Eckpunkte zusammen.
Modulbausystem früh in Planung integrieren
Zugleich macht dieses Prinzip aber auch eines deutlich: Das ausführende Unternehmen muss spätestens in der Leistungsphase 2 feststehen, denn: Die Systeme sind verschieden, sodass zu Beginn der Planung das modulare Konzept und die Grundrisslösung in Übereinstimmung zu bringen sind. Geschieht das nicht, muss im Falle einer späteren Entscheidung zugunsten der Modulbauweise das Gebäude neu geplant werden.
Frühe Festlegung auf Unternehmen contra Vergaberecht
Die Tatsache, dass die Auswahl des ausführenden Unternehmens so früh erfolgen muss, steht jedoch dem üblichen Vergaberecht entgegen. Eine Lösung dieses Problems würde vor allem Architekturbüros den frühen Einstieg bei Ausschreibungen erleichtern.
Üblicherweise schreiben Wohnungsbaugesellschaften ihre Projekte direkt an Modulbauer oder Generalunternehmer aus. Um dieses Verfahren zu vereinfachen und zu beschleunigen, plant das Büro von Stefan Forster bereits in der Wettbewerbsphase im Wohnungsbau modular. Dadurch ist der Bauherr nachher frei in seiner Entscheidung, das Gebäude modular oder konventionell umzusetzen. Die Resonanz auf diese Auswahlmöglichkeit sei äußerst positiv.
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System Baustelle in der Krise
Überhaupt ist Stefan Forster der Meinung, dass sich die hierzulande fehlenden etwa 700.000 Wohnungen nur mit industriell vorgefertigten Systemen realisieren lassen. Das konventionelle Bauen mit den zahlreichen handwerklichen Einzelleistungen und den meist international zusammengestellten Bauarbeiterteams hält er für nicht mehr zeitgemäß. Es werde immer schwieriger, derartige Baustellen zu beherrschen und die Projekte in hoher Qualität zu realisieren.
Klassische Werkplanung noch zeitgemäß?
Da scheint es fast wie eine Erleichterung, dass bei Modulbauprojekten die Werkplanung und die Bauleitung prozessbedingt beim Modulbauer angesiedelt sind. Stefan Forster sieht das ganz pragmatisch: „Wir müssen uns als Architekten fragen, ob eine klassische Werkplanung im Wohnungsbau überhaupt noch zeitgemäß ist und ob wir das Gebäude tatsächlich bis zur letzten Schraube planen wollen.“
Die Aufgabe des Architekten besteht seiner Auffassung nach vielmehr in der Bestimmung der städtebaulichen Einbindung des Projektes, der Definition der Proportionen, der Bestimmung der Materialität sowie der Abstimmung mit allen am Bau Beteiligten.
Stefan Forsters Empfehlung an Architekten
Grundrisse müsse man nicht immer wieder neu erfinden; mittlerweile seien viele bewährte Lösungen verfügbar. Trotz der, zwar schmerzhaften, Honorareinbußen empfiehlt er Architekten vielmehr, den Fokus auf die Kernkompetenzen zu richten, die vor allem im Entwickeln qualitätvoller Stadträume bestehen.
Die Qualität dieser Räume wird jedoch im Wesentlichen durch die Wertigkeit der raumbildenden Fassaden bestimmt. In der hochwertigen Gestaltung dieser Wände der städtischen Räume liegt die Hauptaufgabe der Architekten. Zur Sicherstellung dieser Anforderung muss der Architekt das Bauvorhaben bis zum Schluss begleiten.
Serieller Wohnungsbau mit Standard-CAD
Architekten ohne Erfahrungen mit der seriellen modularen Bauweise stellt sich oft auch die Frage: Kann die Planung wie gewohnt mit CAD erfolgen? Ja, sagt Stefan Forster: „Die üblichen Planungswerkzeuge reichen vollkommen aus.
Der Modulbauer erhält die CAD-Planung, der er dann für die Werkplanung neu zeichnet.“ Allerdings, so sagt der Architekt, müsse perspektivisch eine Lösung gefunden werden, diese zeitaufwendige Doppelarbeit zu vermeiden. Idealerweise bilde die Zeichnung des Architekten die Basis für die Werkplanung beziehungsweise am Ende für die Werkstattzeichnungen.
Serieller Wohnungsbau nicht per se preiswerter
Das serielle modulare Bauen gilt oft auch als Synonym für preiswertes Bauen. Allerdings erfordert dieses Argument eine differenzierte Betrachtung, denn es gibt per se in puncto Baukosten keinen Unterschied zum konventionellen Bauen. „Die Bauweisen sind prinzipiell preisgleich“, bestätigt Stefan Forster.
„Gegenüber herkömmlich errichteten Gebäuden spart man bei der Modulbauweise jedoch etwa die Hälfte der Zeit.“ Entsprechend früher können demnach die Wohnungen vermietet oder verkauft werden, was letztlich ausschließlich den Bauherren zugutekommt.
Architekten sind beim seriellen modularen Bauen dagegen in die Defensive geraten. Will man diesen Prozess aufhalten und idealerweise umkehren, dann, so strebt Stefan Forster es an, „müssen wir mehr in die Offensive gehen und uns in die Diskussion einmischen.“
Mehr zur Platensiedlung
Durch Nachverdichtung mit Modulen wurde die Zeilensiedlung zum Stadtquartier, die Zahl der Wohnungen dabei fast verdreifacht – und das bei niedrigen Kaltmieten. Mehr erfahren Sie in diesem Beitrag.