Text: Stefan Kreitewolf
Gleich geht’s los“, tönt es aus knackenden Lautsprecherboxen. Große Kinderaugen schauen aus gut gefüllten Sitzreihen erwartungsfroh auf die Bühne im Forum der Städtischen Maria-Montessori-Gesamtschule Meerbusch. Neben ihr stehen stolz sechs Schüler und der Landschaftsarchitekt Matthias Hähnel. Sie präsentieren den anderen ihre Entwürfe für einen besseren Schulhof.
Hähnel ist zum zweiten Mal in der Schule nahe Düsseldorf. Vor einem Jahr entwickelte er mit den Schülern die Gesamtkonzeption für die Umgestaltung des Schulgeländes und stellte sie der Schulgemeinde und dem Schulträger vor. Der Schulleiter Klaus Heesen erläutert: „Dass es um die Umgestaltung des Pausenhofs gehen sollte, stand von Anfang an fest.“ Dieser sollte einladender werden – durch den Ausbau der Sport- und Spielbereiche und durch Ruhezonen. Wie bei jeder engagierten Beteiligung braucht auch diese Arbeit viel Zeit. Die Interessengemeinschaft (IG) Schulhofgestaltung plant seit März 2015 in wöchentlichen Treffen schrittweise die Gestaltung und unterstützt deren Umsetzung. Die acht Jungen und vier Mädchen aus den Klassen sechs bis elf recherchierten viel. Anregungen wurden gesammelt. Hähnel prüfte, ob sich die Ideen umsetzen und finanzieren ließen.
Eine Sitzgelegenheit im Grünen würde dem Schulhof, der in seiner Mitte wie eine Betonwüste anmutet, guttun, waren sich alle Beteiligten schnell einig. Es wurde dann eine Bank samt Eiche. Der Baum soll mit einer Sitzinsel als neuer Mittelpunkt und erholsamer Kommunikationsort dienen. Die Eiche spendete eine mit der Schule freundschaftlich verbundene Baumschule. „Den Rest haben die Schüler selbst geplant“, sagt Hähnel freudestrahlend. Zur Unterstützung schob er vor Beginn der praktischen Projektarbeit einen Theorieblock ein. „Dabei sollen die Schüler nicht wie im Frontalunterricht beschallt werden, sondern in einem gemeinsamen Workshop die Grundlagen für die spätere Projektarbeit erarbeiten“, sagt der Landschaftsarchitekt.
Eigene Lösungen umsetzen
Die Eiche steht seit Juli 2016, in diesem Frühjahr konkretisierten die Schüler mit Hähnel die Idee der Sitzinsel. Mit Erfolg: Der neue Treffpunkt wird noch in diesem Jahr realisiert. Als Nächstes möchte die IG Schulhofgestaltung die Wegeführung zum Haupteingang ihrer Schule verbessern, hier sollen Leitsätze der Namenspatronin Maria Montessori in den Boden eingelassen werden. Der Sportplatz soll um einen Basketball-Court und eine Ruhewiese im hinteren Teil des Schulgeländes ergänzt werden. Finanziert wird das Ganze mit Mitteln aus dem Programm „Kultur und Schule“ der Architektenkammer NRW (AKNW), für das sich die Schüler erfolgreich bewarben. Es ist Teil des Aktionsprogramms „Architektur macht Schule!“ (siehe Info) und ermöglicht es Kindern und Jugendlichen, unter Anleitung von Architekten eigene Konzepte umzusetzen. „Das Ziel der Initiative ist es aber auch, Schülerinnen und Schüler für ihre gebaute Umwelt zu sensibilisieren, ihnen die Augen für bauliche Probleme in ihrer Umgebung zu öffnen und ihnen zu vermitteln, dass wir unsere Umwelt aktiv beeinflussen und gestalten können“, sagt Anne-Griet Menrath von
der AKNW.
Arbeit als Architekt näherbringen
Die AKNW bietet regelmäßig interessierten Architekten die Möglichkeit, in einem Workshop die Grundlagen für den Unterricht an der Schule zu erlernen. Rund 100 Architekten engagieren sich in dem Programm. Dr. Markus Wirtz, Leiter Organisation bei der nordrhein-westfälischen Architektenkammer, erläutert das Engagement: „Wir wollen damit sicherstellen, dass die Themenfelder Architektur, Wohnen und Stadtentwicklung zu festen Bestandteilen des Unterrichts an Schulen in Nordrhein-Westfalen werden.“ Dazu wurde eine Vielzahl unterschiedlicher Elemente und Maßnahmen entwickelt: Schulbücher und Arbeitsmappen, Vorträge von Architekten an Schulen und Besuche von Schülern in Architekturbüros, Unterrichtsreihen und Ideen für Projektwochen. Eine Arbeitsmappe zum Thema Architektur ist für Kinder im Grundschulalter kostenfrei bestellbar (siehe Info). Hähnel engagiert sich bereits seit 2012 ehrenamtlich. Der Geschäftsführer des Büros freiraumplus baut hauptsächlich Spiel- und Sportplätze, Schulen und Kindergärten. Auch für ihn als Lehrenden ist das Programm überaus aufschlussreich, bekommt er doch hier direktes Feedback von den Nutzern und wertvollen Input. „Die Arbeit mit den Schülern bringt mir immer wieder Impulse und Ideen für neue Projekte“, berichtet er. Hähnel möchte den Schülern aber auch die Arbeit als Architekt näherbringen. „Sozusagen das Abc der Architektur“, wie er es nennt.
Vor der Sitzinsel in Meerbusch realisierte Hähnel im Rahmen der Initiative zuletzt an einem Gymnasium in Moers ein Freiluft-Klassenzimmer, das an ein Amphitheater erinnert. Im kommenden Schuljahr wird er neue Projekte an Schulen begleiten. „Mir macht das Spaß“, sagt der zweifache Vater. „Bald geht’s wieder los.“
INFO
AKNW an Schulen
Das von der Architektenkammer Nordrhein-Westfalen (AKNW) im Jahr 2002 initiierte Aktionsprogramm „Architektur macht Schule!“ zielt darauf ab, Kinder und Jugendliche möglichst früh und im schulischen Kontext an Themen der Architektur und der Stadtplanung heranzuführen. Den jungen Leuten soll ein Gespür dafür vermittelt werden, dass auch sie dazu beitragen können, ihre Umwelt baulich attraktiver und lebenswerter zu gestalten. Zu den erfolgreichsten Maßnahmen des Programms gehört die Veranstaltungsreihe „KidS – Kammer in der Schule“. Die AKNW kooperiert auch mit dem nordrhein-westfälischen Ministerium für Familie, Kinder, Jugend, Kultur und Sport im Programm „Kultur und Schule“; gemeinsam werden in jedem Schuljahr 20 Architektur-Projekte in Unterrichtsreihen durchgeführt. Eine umfassende, ständig aktualisierte Darstellung des Aktionsprogramms „Architektur macht Schule!“ mit seinen vielfältigen Bausteinen findet sich unter www.architektur-macht-schule.de. Hier können auch Ansprechpartner für Schulen abgerufen werden.
Solange der Vorrat reicht: Die Arbeitsmappe für Grundschulkinder kann über info@aknw.de unter dem Stichwort „Schulmappe“ kostenfrei bestellt werden.
Initiativen anderer Kammern
Neben der AKNW fördern auch die anderen Landesarchitektenkammern die Architekturvermittlung an Schulen. Eine Übersicht finden Sie hier:
Mehr Informationen und Artikel zum Thema „Gebildet“ finden Sie in unserem DABthema Gebildet