Dieser Beitrag ist unter dem Titel „Original erhalten“ im Deutschen Architektenblatt 08.2023 erschienen.
Von Christoph Gunßer
Vor 60 Jahren war das Teehaus das architektonische Highlight der IGA in den Hamburger Wallanlagen. Entworfen wurde es seinerzeit vom Hamburger Architekten Heinz Graaf. Weil es so elegant und kühn konstruiert war, blieb es erhalten, obwohl es nicht für die Dauer gedacht war. Darum war jetzt eine grundlegende Sanierung fällig.
Teehaus mit 23 Zentimetern Schieflage
Ralf Hellmann vom mit der Sanierung beauftragten gleichnamigen Hamburger Ingenieurbüro erzählt, eine Reinigungskraft habe bemerkt, dass im Teehaus das Putzwasser immer in eine Ecke lief. So kam heraus, dass die weit auskragende, auf Trümmerschutt errichtete Konstruktion auf einer Seite bereits um 23 Zentimeter abgesackt war.
Die 3,8 Millionen Euro teure Rettung des einst für 255.000 D-Mark errichteten, schon mehrfach umgebauten beziehungsweise verbauten Pavillons wurde schließlich durch Bundeskulturmittel möglich. Die Denkmalpflege legte zu Recht Wert darauf, das Gebäude möglichst in den Originalzustand zurückzuversetzen – allerdings inklusive Schieflage.
So musste das Team unter dem Architekten Alexander Judt für die Nutzung als Begegnungsstätte den Boden durch Aufdoppelung von zumindest zwei Dritteln der Fläche wieder ins Lot bringen. Das fällt in der streng orthogonalen Fassade nur bei näherem Hinsehen auf. Selbstverständlich verstärkte man auch die Gründung des Bauwerks.
Teehaus ist nun beheizbar
Die in ihrer Zeit innovative Pylon-Konstruktion war zuvor bis auf die stählernen „Knochen“ zurückgebaut und von Schadstoffen befreit worden. Um die nach Aufdopplung des Bodens knappe lichte Höhe im Innenraum zu vergrößern, beließ man den Dachraum nun offen. Die Dachlaterne dient wie zur Entstehungszeit wieder der natürlichen Entlüftung des im Sommer gern überhitzten Glashauses.
Mit Zweifachverglasung, Warmdach und einer aufwendigen, friesförmigen Ummantelung der von innen nach außen durchlaufenden Stahlträger-Kältebrücken brachte man den Leichtbau auf das Niveau der EnEV 2016. Anders als im Urzustand lässt sich das Gebäude nun beheizen. Der umlaufende fest stehende Sonnenschutz, ursprünglich aus Holz, wurde durch eine leichte, präzise Alu-Konstruktion nachempfunden. Der Innenraum ist nun bis auf den Erschließungskern wieder völlig offen. In diesem ist hinter einer Faltwand eine Pantryküche zur Bewirtung eingerichtet.
Japan-Bezug wird wieder sichtbar
Nachdem der zur Bauzeit angelegte japanische Garten bereits Anfang der Siebziger unter einer Eisbahn verschwand, blieben um das Teehaus lediglich drei in einem Relikt des alten Wallgrabens „schwimmende“ Terrassen übrig. Diese auf verdeckten Betonsockeln ruhenden hölzernen Decks wurden jetzt erneuert.
In seinem Standardwerk „Tempel und Teehaus in Japan“ fasste Werner Blaser deren Wesen in die Worte: „Die Leere ist das Unvergängliche.“ So zeugt das stimmig restaurierte, an Bauten von Mies van der Rohe oder Sep Ruf erinnernde Ensemble vom einstigen Wunsch, Hamburgs Weltoffenheit zu demonstrieren – und bietet einen gut nutzbaren Treffpunkt im beliebten Park.
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