Text: Marion Goldmann
Früher war klar definiert, wofür jeder Raum genutzt wird. Die Küche befand sich weit weg vom Wohnzimmer; Hausarbeit und Erholung waren streng voneinander getrennt. Beides ist inzwischen viel enger miteinander verschmolzen. Das hat die Sichtweise praktisch umgekehrt. Heute bekommt die Küche den besten Platz in der Wohnung. Etwa bei den „Metropolenhäusern“ von bf studio-architekten in Berlin mit ihren offenen Grundrissen und häufig loftartigen Wohnungen. Hier steht zum Beispiel das Klavier in der Küche oder das Wohnzimmer belegt den einstigen Essbereich. Benita Braun-Feldweg, Mitinhaberin von bf studio: „Wir verstehen die Küche als Mittelpunkt der Kommunikation und geben diesem Anliegen durch offene Strukturen mehr Raum.“ Was so simpel klingt, erfordert Erfahrung und eine Planung bis ins Detail.
Bei den Metropolenhäusern, die Eigentums- und Mietwohnungen in gehobenem Standard bieten, sind die Grundrisse auf eine multifunktionale Nutzung ausgerichtet. Braun-Feldweg: „Wir müssen deshalb von Anfang an wissen, wie sich die Küche gestalterisch und funktional in das Raumkonzept einfügt.“ Die Architektin hat sich dafür mit Wilfried Lembert vom Berliner Einrichtungshaus Minimum einen professionellen Küchenplaner ins Team geholt. Umgekehrt ist auch Lembert daran interessiert, sich möglichst frühzeitig die Grundrisse ansehen zu dürfen und eine Vorplanung zu erstellen. So wird schnell deutlich, wie sich die Küche in das Raumkonzept integriert und was noch optimiert werden kann. Gleichzeitig entstehen dabei unterschiedliche Varianten als Entscheidungshilfe für die Käufer. Braun-Feldweg wie Lembert haben die Erfahrung gemacht, dass die Kunden ein Besuch herkömmlicher Küchenstudios überfordert. Sie sehen sich unendlich vielen Designvarianten und Fragen ausgesetzt, für die sie keine Entscheidungskriterien finden, und schätzen deshalb vorstrukturierte Lösungen.
Langlebige Ästhetik
Der Käufer beurteilt die Küche nicht isoliert, sondern im Kontext mit der gesamten Wohnung. Weiße Küchenfronten wirken zurückhaltend. Hinsichtlich der übrigen Einrichtung bieten sie den größten Spielraum und sind daher noch immer sehr beliebt. Bei Lembert beträgt ihr Anteil knapp 90 Prozent. Die Entscheidung über das Aussehen einer Küche wird zudem durch ihre Nutzungsdauer von rund 25 Jahren mitbestimmt. Modetrends, wie etwa hochglanzpolierten Fronten, folgt Lembert daher nicht. Sein Konzept orientiert sich an langlebigen Materialien wie Edelstahl, Aluminium und Holz sowie an neutralen Farben. Diese klassischen und nachhaltigen Werkstoffe müssen sich dabei gegen die mittlerweile nahezu perfekten Oberflächenimitate behaupten. Damit Echtholz zum Beispiel als solches erkennbar bleibt, geht der Trend zu sägerauen Oberflächen. Neben dem Design sind vor allem die Anordnung und die gerätetechnische Ausstattung wichtig. Lembert setzt sich dazu intensiv mit den Lebensgewohnheiten der späteren Nutzer auseinander und entwickelt ein maßgeschneidertes Konzept. Technische Bedingungen wie die Anschlusspläne für Elektroinstallation, Wasser, Abflüsse sowie die Be- und Entlüftung fließen unmittelbar in die Bauausführung ein und sind eine wichtige Schnittstelle zur Arbeit des Architekten. Braun-Feldweg sieht sich hier als Generalistin, die die einzelnen Gewerke koordiniert und zusammenführt.
Wenn der Bau beginnt, dürfen in den Plänen keine Zuleitung, kein Abfluss und auch nicht eine Steckdose fehlen. Jedes Detail wird im Zuge der Kaufverhandlungen mit den Käufern abgestimmt. Nachträgliche Änderungen werden somit praktisch ausgeschlossen, zu sehr würden sie den Bauablauf stören und das Projekt unnötig verteuern. Bei der Zusammenarbeit mit dem Küchenplaner hält sich Braun-Feldweg stets auf dem Laufenden: „Über die neuen Entwicklungen lassen wir uns gern von Branchenprofis informieren.“ Dabei geht es um Design- und Nutzungswünsche der Kunden, aber auch um Neues über Hausgeräte und den technischen Standard einer hochwertigen Küche. Zunächst weniger wichtig ist für Architekten, ob gerade Kochen mit Induktion oder Gas im Trend liegt, ob ein Kühlschrank automatisch Eiswürfel spenden muss oder ob inzwischen Dampfgarer üblich sind. Für die Bauplanung zählen aber die dafür notwendigen Anschlüsse. Und hier gibt es je nach Gerät durchaus auch unterschiedliche Möglichkeiten. Knackpunkt ist häufig zudem die Be- und Entlüftung. Trotz leistungsfähiger Umluft-Dunstabzugshauben ist es wirkungsvoller, die Gerüche über einen Abluftkanal nach draußen zu befördern. Braun-Feldweg: „Das ist aber in der Regel nur in den oberen zwei bis drei Etagen problemlos realisierbar. Weiter unten im Gebäude erreichen die Kanäle sonst Abmessungen, die räumlich und energetisch nicht zu vertreten sind.“