Von Heiko Haberle
“Versteckt hinter einer Fassade aus Funktion und Form, verbirgt sich eine aggressive und feindliche Architektur”, kritisiert James Furzer. Obwohl allerorten von Barrierefreiheit und Zugänglichkeit die Rede ist, werden bestimmte Gruppen abgewehrt – und zwar mit gestalterischen Mitteln. Mit Stadtmöbeln kann sehr genau gesteuert werden, wo, wie und wie lange man sich erholen soll oder welche Freizeitaktivität an welchem Ort stattfinden soll. Schlafen soll man jedenfalls nicht! Zentrale Armlehnen erleichtern zwar Senioren das Aufstehen, verhindern aber auch das Hinlegen. Locker verteilte Einzelsitze statt breiter Bänke erschweren das Versammeln von Gruppen und deren Kommunikation. An Haltstellen findet man oft nur noch Sitzstangen oder im Stehen zu benutzende Rückenlehnen. Fenstersimse werden mit Metalldornen versehen.
Die „Camden Bench“ erfüllt sogar noch viel mehr Funktionen und wurde preisgekrönt als „Best practice street cleansing“ (Keep Britain Tidy) und „Best practice for reducing crime“ (Design Council) aber auch als „Best European practice for inclusive design“ (Centre for Accessible Environments). Ihre angeschrägte Sitzfläche ist zu unbequem zum Schlafen, ihre geschwungene Kontur zu unberechenbar für Skater. Durch den Verzicht auf Spalten und Öffnungen kann sich weder Müll ansammeln, noch ein verdächtiger Gegenstand deponiert werden. Dank versteckter Verankerungen ist sie mit einem Kran umsetzbar und kann zu Barrieren zusammengestellt werden. James Furzer findet, dass Designer mit solchen Objekten ihre gesellschaftlichen Pflichten verletzen und wünscht sich eine „freundlichere Gestaltung“, die insbesondere auch ganz gezielt Obdachlosen dienen sollte: „Architektur sollte zur Benutzung anregen, und das Leben derjenigen verbessern, die sie notgedrungen dringender benötigen als die üblichen Kunden eines Architekten.“
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James Furzer fotografiert nicht nur, sondern gestaltet auch selbst. So hat er etwa ein Raummodul für Obdachlose entwickelt, das an Bestandsgebäude angehängt werden kann.
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