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Von wegen Kissen

Für Optimismus und Aufbruchsstimmung bei Innenarchitekten steht ihre Verbandschefin Vera Schmitz

28.02.20134 Min. Kommentar schreiben
Gute Zeit: Vera Schmitz freut sich über die wachsende Nachfrage nach Leistungen von Innenarchitekten. Foto: Charly K. Kanzen

Text: Roland Stimpel

Es gibt Verbandsvertreter, die ihre Lebensaufgabe im Klagen sehen. Vera Schmitz gehört nicht dazu; es entspräche weder ihrem Naturell noch der Stimmung, die sie als Präsidentin des Bundes Deutscher Innenarchitekten (BDIA) erfährt und vermittelt. „Innenarchitekten haben eine gute Zeit“, freut sie sich. In boomenden Regionen seien sie beim Bau und Ausbau von Wohnungen und Gewerberäumen stark gefragt, in weniger boomenden mit kreativen Lösungen für leer stehende Läden oder Büroräume. Breit diskutierte Themen wie Barrierefreiheit und Bestands-Umnutzung seien geradezu auf ihren Berufsstand zugeschnitten. „Das kommt den Kernkompetenzen der Innenarchitekten entgegen und spiegelt sich in der Auftragslage wider.“

Selbstbewusst teilt Vera Schmitz mit: „Wir finden Antworten auf die Bedürfnisse von Menschen und erkennen und prägen Zeittrends.“ Jetzt geht der BDIA recht spät, aber mit viel Schwung den Zeittrend in die Hauptstadt mit. Vom idyllischen, doch etwas abgelegenen Königswinter am Rhein vollzieht Schmitz’ Verband nun den Umzug nach Berlin. Der dort gewählte Sitz entspricht dem Selbstbewusstsein: das Deutsche Architekturzentrum, ein historischer Fabrikkomplex an der Spree mit Organisationen wie dem BDA und dem Förderverein der Bundesstiftung Baukultur, mit renommierten Architekturbüros, vielen Fachveranstaltungen und Ausstellungen.

Schmitz selbst wohnt und arbeitet in Oberhausen nahe Rhein und Ruhr. „Zum neuen Verbandssitz ist mein Weg fünfmal so weit wie zum bisherigen.“ Aber auch das ist keine Klage, sondern soll eher andeuten: Das Ziel ist die längere Strecke wert. In Berlin genießt sie die Pionierstimmung in neuen Räumen und mit frischem Personal. Der neue Geschäftsführer Constantin von Mirbach ist Jurist, kommt aber aus der Szene und ist mit Lobbying für Architekten vertraut.

Opfer eigener Erfolge

Ein zentrales politisches Thema ist auch für Schmitz die HOAI-Novelle, die die Bundesregierung für dieses Jahr versprochen hat. Besonders wichtig sind ihr angemessene Regeln und Honorarsätze für Umbauzuschläge und raumbildende Ausbauten. Der letztgenannte Begriff zeigt, wie sehr Standesvertreter in eigener Sache HOAI-prägend wirken können: Er ist eine Wortschöpfung Egon-Rudolf Haibles, des heute 80-jährigen Innenarchitekten und Honorarsachverständigen, der sich seit Jahrzehnten für die Belange seiner Kollegen einsetzt. „Ein besseres Vorbild für uns Jüngere kann ich mir nicht denken“, meint Vera Schmitz.

Ein Dauerthema für sie ist die Schärfung des Berufsprofils in der Öffentlichkeit. Da herrscht und entsteht immer wieder die Vorstellung von Innenarchitekten als rein ästhetischen Gestaltern und Verschönerern von Räumen. Sie sind da auch Opfer eigener Design-Erfolge: Schicke Wohnzimmer, Läden oder Praxen finden immer ihren Weg in einschlägige Blätter. Schmitz konstatiert: „Da hält sich hartnäckig das Doris-­Day-Image“ – und das ist von 1959, als die Schauspielerin eine Innenarchitektin in einem Film mimte, dessen ­Hollywood-Titel wörtlich übersetzt „Kissen-Gerede“ hieß.

Schmitz betont dagegen die dahinterstehende planerische und technische Leistung, die Stimmigkeit von Gestaltung, Nutzung, von Luft, Licht und Tönen. In Sachen Berufsprofil gibt sie den fröhlichen Sisyphus: „Da müssen wir ­immer und immer wieder die Komplexität unseres Tätigkeitsfeldes verdeutlichen. Das ist nun mal eine Daueraufgabe.“ Dass Kissen Nebensache sind, soll unter anderem die Reihe „Innenarchitektur offen“ vermitteln, die ihr Verband alle zwei Jahre kurz vor dem Tag der Architektur organisiert. Nicht als Konkurrenz-Ereignis, aber durchaus mit der Absicht, nicht zwischen lauter Hochbau-Projekten unterzugehen.

Großküchen, Kinos und Kraftwerke

Ein Dauerthema ist auch die Ausbildung. „Ein Sechs-Semester-Bachelor-Studium ist einfach zu kurz“, stellt Schmitz bündig fest. „Danach sind die Fähigkeiten noch allzu reduziert. Und die Büros, die Nachwuchskräfte einstellen, sollen dann nachholen, was die Hochschulen versäumt haben.“ Mindestens müsse ein Studium von acht Semestern absolviert werden – nicht zuletzt, damit Absolventen bundesweit in die Kammerlisten eingetragen werden können. Wünschenswert wären zehn Semester inklusive praktischer Erfahrungen. Wer sich heute mit einem Master derart qualifizieren kann, hat nach ihrer Erfahrung „beste Chancen auf dem Markt“.

Die habe man erst recht mit Spezialisierung. Schmitz kennt Kollegen, die gut von ihrem Spezial-Know-how in Sachen Großküchen, Kinos oder Kraftwerks-Leitstände leben. Oder die ihre Tätigkeit über die klassische Innenarchitektur hinaus erweitern – als Gutachter, Bewerter, Berater und Manager von Immobilien.

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