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Wie – von selbst

Als Stadtfotograf konnte René Wildgrube ganz eigene urbane Erfahrungen in Paris, Mailand und Berlin sammeln. Hier beschreibt und zeigt er sie

19.03.20154 Min. Kommentar schreiben

Text: René Wildgrube

„Wie von selbst“ bannt der Bildauslöser ein Stadtraumfoto durch die Sensorik der Kamera zum digitalen Millionen-Pixelbild in einem winzigen Moment des szenischen Augenblicks: zahlreiche Komplementäre kommen in einem atmosphärischen Abbild zusammen. Dies ist das Gegenteil von Abstraktion – die symbiotische Fotografie der Stadt spürt Kompositionen auf und erfreut sich am beseelten Raumbild der städtischen Szenerie.

 

Die Architekturfotographie nimmt nur allzu oft das einzelne Objekt in den Fokus der bildgestalteten Reduktion, die der technischen Faszination und dem Design-Narzissmus mathematischer Baukörper huldigen. Bei einem Foto von Stadt ist der komplexe technische Vorgang der fotographischen Auslösung nur ein Werkzeug für das Einfangen eines Immersionsvorgangs: die Einfühlung in eine Raumsituation.

Zu dieser gehören neben den Architekturen und Installationen ebenso die Witterung mit Ihrem Lichtspiel und die Tageszeit wie sämtliches sympathisches Nutzergewusel. Der Stadtbewohner in seinem Bild repräsentiert den Maßstab, der von Menschenhand geschaffen – nun seine Präsenz untermalt im Wechselspiel der architektonischen Ausdrucksspuren und Ihrem Umfeld.

Die Belebung des Stadtraums ist omnipräsent und wahrhaftig wechselhaft. Wollte man ein objektives Bild der Stadt belichten, müsste jede Anwesenheit die wahrnimmt, schaut, erkennt und deutet – jeden Akteur aber insbesondere die vielschichtigen Nuancen von Licht und Farbe, wie die Bewegungen all dieser Beteiligten aus der Szene entfernen. Das ist unmöglich – und zeigt die Auflösung in Nichts was bliebe. Die Bestrebung eine wahrhafte Abbildung in der Architekturfotographie mit einer Abstraktionsidee auf die Spitze der Reinheit treiben zu wollen führt offensichtlich fort von der Idee der Stadt und seinem gemeinschaftlichen Lebensbild.

„Klargemachte“ Bilder sind nützlich! Sie dokumentieren in aufregender Weise die Geometrie des Raumes und offenbaren eine schöpferische Mathematik im Umgang mit der Welt. Die Reduktion des Bildinhaltes konzentriert sich dabei auf einzelne Entwurfsaspekte. Die Gemeinschaft ist in Ihrem Umgang mit dem städtischen Weltbild jedoch so vielschichtig, dass das szenische Foto einer Stadt nach bester Möglichkeit die volle Komplexität einzufangen versucht. In diesem Bestreben hatte die Architekturfotographie im ersten Drittel des 20. Jahrhundert mit ihren Postkarten in Bromsilber Drucktechnik eine wahre Hochzeit.

In ihrer Blüte der Detailwiedergabe so fantastischer Raumsituationen, wie europäische Städte sie auch heute noch zu bieten haben, hinterließ uns diese Zeit sprichwörtliche Filmszenen auf Karton. Vom guten Erhalt der Architekturen und der Raumpoesie der Stadtschöpfung kann sich glücklicherweise in unseren Metropolen nach wie vor ein positives Bild gemacht werden! Zu aller Formensprache der Zeiten des Errichtens und Veränderns kommt im Erleben auch zugesichert die eine oder andere Assoziation, Erinnerung, Romantik und Hoffnung.

Die Bilder, die ein Stadtfotograph machen kann, zeigen mehr oder weniger objektiv was sich in einem gesellschaftlichen Szenario zusammenfindet. Das Eine Foto ist im Wesen so gut wie das Andere – wahrhaftig. Weil jedoch auf zwei Bildern vom selben Raum verschiedenste Eindrücke wirken können und die Szenen-Interpretation des Fotographen so vielfältig ist wie die realen Bedingungen in ihrem Wechsel, ist ein Grundverständnis des Architekturfotos dem man objektiv Fürsprechen kann von großer Bedeutung. Das Thema der Fotographie ist eben (auch) die Stadt!

Das öffentliche Leben, seine Komplexität und vor Allem auch die Freude darin sollen in detaillierten Fotos wiedergegeben werden. Als Reaktion auf die Qualität der Stadtraumbilder historischer Postkarten mit ihrer Tiefenschärfe der Bromsilberdrucke lässt sich heute mittels moderner Fotographie HDR, Langzeitbelichtung und digitaler Korrektur auch in der Wiedergabe der Vielschichtigkeit des Stadtbildes anwenden. Eine hohe Qualität bei der Dokumentation des gesellschaftlichen Raumes entsteht dann schon mal „wie von selbst“.

Die Abstraktion faszinierend mathematischer Fotos hat mit dem Bild der Stadt heute wenig zu tun. Der Begriff architektonischer Foto-Symbiose im Stadtraum verbindet dagegen Sachlichkeit des Raumes und Empathie zur Szene. Die gewachsene Stadtarchitektur reflektiert im Foto ihren Formendialog. Die Ausformulierung der Fassaden reagiert eben auch auf das urbane Umfeld, die Nachbarschaft, wie auf Elemente der Natur und auf die Belebung durch das Stadtwesen. Dem Fotographen ist das Zusammenbringen möglichst vieler Wahrnehmungselemente in die Hand gelegt. Die Stadtraumfotos sind da. Sie wechseln zu jeder Minute ihr Bild und es ist die Würde eines Menschen hinter der Kamera, Den Moment einzufangen, wie er ist. Weil das Antlitz unserer Städte einstweilen zutiefst poetisch ist, darf das auch für die Fotos gelten, die wir von Ihnen machen.


Weitere Informationen und Eindrücke finden Sie hier

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