Die einfachste und effektivste Form des zirkulären Bauens ist die Weiternutzung oder Umnutzung von Bestandsgebäuden. Insbesondere in der Tragstruktur steckt der Großteil der grauen Energie.
Einzelne Bauteile und Baumaterialien können in unterschiedlichen Formen in Kreisläufen gehalten werden. Im technisch-handwerklichen Kreislauf werden im Wesentlichen vier Formen unterschieden:

Unter dem Gesichtspunkt der Kreislaufwirtschaft ist eine Wiederverwendung mit der gleichen Funktion die beste Option.
Lina Peitsch
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Wiederverwendung / Re-Use
Die Wiederverwendung (auch Re-Use) ist die Verwendung eines Gebäudes, eines Bauteils oder eines Materials in seiner ursprünglichen Form und Funktion. Dies kann zu einer Verwendung ohne Verluste von energetischen oder handwerklichen Werten führen. Zusätzlich wird der Verbrauch neuer Ressourcen vermieden, um neue Materialien mit hohem energetischem Aufwand herzustellen. Gegebenenfalls können neue Normen die Wiederverwendung erschweren oder Ertüchtigungen verlangen. (Beispiel: instandgesetztes Fenster)

Wiederverwendung: Das Wohnhaus der Leipziger Baugruppe Klinge10 besitzt einen Sockel aus alten Ziegelsteinen. Sie stammen von einem maroden Vorgängerbau an gleicher Stelle. Architektur: ASUNA (Mehr zum Projekt durch Klicken auf das Bild)
Peter Eichler
Weiterverwendung / Re-Purpose
Bei der Weiterverwendung wird zwar die Form der Gegenstände beibehalten, oft werden sie dabei jedoch „downgecycelt“, indem sie einer „niedrigeren“ Funktion dienen. Es findet also in der Regel eine Wertminderung statt. (Beispiel: Stahlunterzug als Treppenwange)
Wiederverwertung / Recycling
Bei der Wiederverwertung wird die Form der Materialien verändert, während die stoffliche Zusammensetzung beibehalten wird. Oft kann dabei die Qualität und/oder Funktion beibehalten werden. (Beispiel: RC-Beton)
Weiterverwertung / Recycling
Die Weiterverwertung löst Form und Funktion des ursprünglichen Gegenstandes auf. In der Regel wird hierdurch der Wert beziehungsweise die Qualität verringert. (Beispiel: Schaumglasdämmung)

Weiterverwertung: Schaumglas wird durch das Aufschäumen von eingeschmolzenem Altglas mit bestimmten Zusatzstoffen gewonnen. Es kann als Dämmung, zum Beispiel von Bodenplatten gegen das Erdreich dienen.
blickwinkel2511 / stock.adobe.com
Als weitere Begriffe des zirkulären Bauens kursieren:
Downcycling / Upcycling
Verwertung oder Verwendung eines Baumaterials oder Bauteils in einer niedrigeren (Downcycling) oder höheren (Upcycling) Qualität, als der ursprünglichen Nutzungsqualität.

Upcycling: Die Fassade des Leipziger Wohnhauses Klinge10 beteht aus Schalhäuten und einfachen Holzlatten. Beides sind eigentlich Baustellenmaterialien, die nicht für den sichtbaren Einsatz am Gebäude gedacht waren. Architektur: ASUNA (Mehr zum Projekt durch Klicken auf das Bild)
Peter Eichler
Biologische Kreisläufe
Auch das Halten von Materialien in biologischen Kreisläufen ist eine sinnvolle Form kreislaufgerechte Bauweisen umzusetzen. Dabei werden aus der Natur stammende Stoffe so verwendet, dass sie wieder vollständig biologisch abbaubar sind. Dies gilt somit auch für die Verbindungsmittel und Behandlungen der Materialien, sofern diese nicht vollständig oder nur unwirtschaftlich entfernt werden können.
Materiallager
Generell sollte so gebaut werden, dass das Gebäude als Materiallager oder Bauteillager dient. Dabei werden Bauteile und Baumaterialien so eingebaut, dass sie nach ihrer ersten (und jeder weiteren) Nutzungszeit ohne Verluste entnommen und wiederverwendet werden können.
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Urban Mining
Urban Mining beschreibt die Wiedergewinnung von Bauteilen und Baumaterialien aus dem urbanen Kontext. Diese sind in der Regel nicht ohne Verluste wiederzugewinnen, beispielsweise aufgrund der eingesetzten Fügetechniken und Verbundwerkstoffe, die nicht sortenrein trennbar sind oder auch der Kontamination mit toxischen Stoffen. Diese Vorgehensweise kann momentan daher nur bedingt als kreislauffähig betrachtet werden.
Im Idealfall könnte durch neue Baukonstruktionen und Materialpässe Urban Mining vereinfacht werden beziehungsweise als Idealvorstellung betrachtet werden, in dem die gebaute Umwelt als leicht zugängliches Materiallager dient.
Lina Peitsch ist Architektin und forschte 2024 im Rahmen ihrer zweiten Masterarbeit zum Thema „Kreislaufwirtschaft im Bauwesen – Wie gelingt die Integration zirkulärer Prinzipien in Planungs- und Bauprozesse?“ an der Brandenburgischen Technischen Universität Cottbus-Senftenberg. Dieser und ein weiterer Artikel sind eine Zusammenfassung der Arbeit. Im Rahmen einer Promotion forscht die Autorin weiter zum Thema.
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