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Neue Hybridabdichtungen vereinen die Vorteile bewährter Systeme der Bauwerksabdichtung

31.10.20126 Min. Kommentar schreiben
Foto: Remmers Baustofftechnik GmbH
Sockelsanierung: Der Höhenverlauf der Sockellinien und auch die Oberkante der Abdichtung der im Erdreich befindlichen Bauteile müssen rechtzeitig vor Beginn der Abdichtungsarbeiten geplant und allen Beteiligten bekannt sein. Foto: Remmers Baustofftechnik GmbH

Text: Uwe Wild

Zur vertikalen Abdichtung von Bauwerken haben sich in den letzten Jahren neben den traditionellen Bitumenschweißbahnen kunststoffmodifizierte Bitumendickbeschichtungen durchgesetzt und mittlerweile einen beachtlichen Marktanteil erlangt. Ihre Verwendung gilt als üblich und entspricht den allgemein anerkannten Regeln der Technik. Nachteil beider bituminöser Abdichtungsstoffe ist, dass sie nicht überputzt werden können. Da der mineralische Putz auf der Bitumenschicht nicht haftet, entstehen Risse mit der Folge späterer Bauwerksschäden (siehe Bild unten).

Fotos: Remmers Baustofftechnik GmbH, Uwe Wild
Typischer Schaden: Auf einer kunststoffmodifizierten Bitumendickbeschichtung haftete der mineralische Doppelputz nicht. Foto: Uwe Wild

Um dies zu vermeiden, muss normalerweise am Übergang von der erdberührten Kelleraußenwand zum Gebäudesockel ein Wechsel der Abdichtungsstoffe erfolgen. Dazu ist im ersten Schritt mindestens 30 Zentimeter oberhalb und mindestens zehn Zentimeter unterhalb der Oberkante des Erdreichs eine mineralische Dichtungsschlämme aufzutragen. Ist sie getrocknet, wird im zweiten Schritt die bituminöse Abdichtung vom Fundament bis Oberkante des Geländes heraufgeführt und mit der mineralischen Dichtungsschlämme verbunden. Beide Systeme müssen sich mindestens zehn Zentimeter überlappen. In der Praxis wird aber dieser Bereich oft nicht derart fachgerecht ausgeführt.
Ein weiterer Nachteil kunststoffmodifizierter Bitumendickbeschichtungen ist ihre Empfindlichkeit gegenüber mechanischen Beanspruchungen während der Bauarbeiten und dem Verfüllen der Baugrube. Unter permanentem Erddruck drücken sie sich außerdem in gewissem Maße zusammen, was im Lauf der Zeit zu einer Unterschreitung der geforderten Schichtdicken führen kann. Diese Unwägbarkeiten haben die bauchemische Industrie offenbar dazu bewogen, nach einer anderen Lösung zu suchen.

Kombinierte Eigenschaften

Seit einiger Zeit sind sogenannte Hybridabdichtungen auf dem Markt, die die Vorzüge der kunststoffmodifizierten Bitumendickbeschichtungen (hohe Rissüberbrückung) und die der mineralischen Dichtungsschlämme (hohe Druckfestigkeit, überarbeitbar mit Sockelputzsystemen) miteinander verbinden sollen. Im Grunde handelt es sich hierbei um eine Weiterentwicklung der sogenannten flexiblen Dichtungsschlämme. Angaben der Hersteller zufolge ist die Hybridabdichtung für folgende Anwendungen geeignet:

• Vertikalabdichtung im erdberührten Bereich und gleichzeitig in der Sockelzone,

• Horizontalabdichtung,

• Kleber für Perimeterdämmungen,

• Verbundabdichtung unter keramischen Fliesen und Platten sowie unter Naturstein.

Die Einsatzbereiche variieren zwischen den angebotenen Produkten der verschiedenen Hersteller, so dass zur Produktauswahl die technischen Angaben genau verglichen werden müssen. Voraussetzung für den Einsatz ist ein Verwendbarkeitsnachweis in Form eines allgemeinen bauaufsichtlichen Prüfzeugnisses (abP) für den jeweiligen Anwendungsbereich.

Mehr Sicherheit bei der Ausführung

Bei Verwendung als Vertikalabdichtung ist kein Materialwechsel im Sockelbereich mehr notwendig, da der Sockelputz auf die Hybridabdichtung mit einer Haftbrücke direkt aufgetragen werden kann. Dadurch wird ober- und unterhalb des Erdreichs eine durchgängige, homogene Abdichtungsschicht möglich. Gleichzeitig entfallen die Trocknungszeiten der mineralischen Dichtungsschlämme an der Geländeoberkante sowie das Vorhalten und die Handhabung von zwei verschiedenen Abdichtungsstoffen.

Da Hybridabdichtungen nach Angabe der Hersteller gegenüber kunststoffmodifizierten Bitumendickbeschichtungen eine höhere Druckfestigkeit und Belastbarkeit besitzen, ist deren Zusammendrückbarkeit deutlich geringer. Im Vergleich zu einer mineralischen Dichtungsschlämme ist zudem die Rissüberbrückung höher. Das wirkt sich besonders bei der Abdichtung der Hohlkehle beim Übergang von der Kelleraußenwand zum Fundament positiv aus. Gemäß den technischen Merkblättern sind Hybridabdichtungen schneller regenfest und sind auch bei ungünstigen klimatischen Bedingungen binnen kurzer Zeit trocken.

Die Verarbeitung von Hybridabdichtungen erfolgt, wie von den beiden anderen Systemen bekannt, durch zweimaliges Streichen, Spachteln oder Spritzen. Damit die ausführende Firma selbstständig kontrollieren kann, ob die Mindestschichtdicke eingehalten ist, sollte die zum System gehörende Verstärkungslage eingearbeitet werden. Für fachgerechte Anschlüsse sind zudem passende Dichtungs- beziehungsweise Fugenbänder verfügbar.

Einordnung in Regelwerke

Die Hybridabdichtung basiert auf den langjährig gesammelten Erkenntnissen mit flexiblen Dichtungsschlämmen. Alle bisherigen Erfahrungen mit Hybridabdichtungen sind durchaus positiv zu bewerten. Doch erst wenn ausreichend gute Langzeiterfahrungen vorliegen, ist eine Aufnahme in die Normen und Regelwerke sowie eine Zuordnung zu den allgemein anerkannten Regeln der Technik möglich. Da es sich bei Hybridabdichtungen um ein neues Produkt handelt, sind sie auch im Stoff- und im Anwendungsteil der DIN 18195 „Bauwerksabdichtungen“ noch nicht beschrieben und gelten als nicht geregeltes Bauprodukt. Sie können also nur unter bestimmten Voraussetzungen und unter Einhaltung besonderer Sorgfaltspflichten seitens der Planer, Ausführenden und Bauüberwacher angewendet werden. Dazu gehört, bereits während der Planung für den jeweiligen Verwendungszweck vom Hersteller unbedingt das allgemeine bauaufsichtliche Prüfzeugnis (abP) anzufordern. Grundlage für die Erteilung eines abP bilden die Prüfgrundsätze für mineralische Dichtungsschlämmen (PG-MDS) sowie die Prüfgrundsätze für kunststoffmodifizierte Bitumendickbeschichtungen (PG-KMB). Für die vorgesehene Anwendung sind auch die örtlichen Gegebenheiten vorab gründlich zu prüfen. Außerdem muss der Bauherr umfassend beraten und auf die Abweichung von der DIN 18195 „Bauwerksabdichtungen“ sowie von den allgemein anerkannten Regeln der Technik hingewiesen werden. Dies muss zum besseren Nachweis grundsätzlich schriftlich erfolgen.

Planung und Ausführung

Aufgrund der Einordnung als nicht geregeltes Bauprodukt erfordern Hybridabdichtungen eine besonders genaue und detaillierte Beschreibung des Abdichtungsverfahrens im Leistungsverzeichnis. Deshalb können aktuell die folgenden Normen, Merkblätter und Richtlinien auch nur anlehnungsweise als Grundlage für die Planung und Ausführung herangezogen werden:

• die DIN 18195 „Bauwerksabdichtungen“ Teile 1 bis 10, Stand 12/2011,
• die „Richtlinie für die Planung und Ausführung von Abdichtungen mit kunststoffmodifizierten Bitumendickbeschichtungen (KMB-Richtlinie)“, 3. Ausgabe, Deutsche Bauchemie e.V., Stand 05/2010,
• die „Richtlinie für die Planung und Ausführung von Abdichtungen erdberührter Bauteile mit flexiblen Dichtungsschlämmen“, Stand April 2006, herausgegeben vom Deutschen Bauchemie e.V.,
• das WTA-Merkblatt 4-6-05/D „Nachträgliches Abdichten erdberührter Bauteile“, Fassung 2005.

Für die Zukunft bleibt abzuwarten, inwieweit sich die von den Herstellern zugesicherten Eigenschaften des neuen Abdichtungssystems auch langfristig in der Baupraxis bewähren. Es wird zudem interessant sein, weiter zu beobachten, welche Bezeichnung sich letztendlich durchsetzen wird. Neben dem Begriff Hybridabdichtung wird das System je nach Anbieter unter anderem als Reaktiv-, als bitumenfreie Dickbeschichtung oder als Elastomerabdichtung bezeichnet. Dieses Problem könnte die Festlegung einer neuen Stoffgruppe lösen. Hilfreich wäre zudem ein darauf aufbauendes Merkblatt vonseiten der Deutschen Bauchemie für die Planung und Ausführung von Hybridabdichtungen.

Uwe Wild ist Sachverständiger, unter anderem für Holz- und Bautenschutz sowie Bautrocknung, in Brandis bei Leipzig.


Weiterführende Literatur:

Bauwerksabdichtung in der Altbausanierung, Verfahren und juristische Betrachtungsweise, von Jürgen Weber und Volker Hafkesbrink (Hrsg.), Springer Vieweg Verlag, gebundene Ausgabe, 714 Seiten, 64,95 Euro

Cover: Springer Vieweg

Das Buch stellt die wichtigsten Technologien und verwendbaren Materialien nachträglicher Abdichtungen im erdberührten Bereich vor. In diese dritte, aktualisierte und erweiterte Auflage wurden folgende Themen neu aufgenommen: Denkmalpflege, Geotechnische Grundlagen, Baudiagnose und Geräte, Sanierungskonzept und Bauteiltrocknung, Injektionen, WU-Beton sowie Innen- und Verbundabdichtungen. Ergänzt werden die Fachinformationen durch einen umfassenden juristischen Teil, der unter anderem die Neuregelungen im Werkvertragsrecht des BGB zum 01.01.2009 im Zusammenhang mit dem Forderungssicherungsgesetz berücksichtigt.

Was ist eigentlich eine Hybridabdichtung? von Rainer Spirgatis, in „Schützen & Erhalten“, Fachzeitschrift des Deutschen Holz- und Bautenschutz­verbandes e.V., Ausgabe Juni 2011

Richtlinie Fassadensockelputz/Außenanlage vom Berufsverband der Stuckateure, Ausbau und Fassade sowie des Verbandes Garten-, Landschafts- und Sportplatzbau e.V. (Hrsg.), 2. Auflage, Stand 03/2004

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