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AAL-Systeme und SmartHome

Was bedeutet AAL für den Wohnungsbau und welche baulichen Vorkehrungen sind dafür notwendig?

27.07.20157 Min. Kommentar schreiben

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Text: Günther Ohland

Damit alte Menschen länger in ihrem vertrauten Umfeld selbstbestimmt leben können, müssen Wohnungen bei Neubau und Sanierung zukünftig an die veränderten Lebensumstände angepasst werden. SmartHome bedient die drei Wünsche nach Sicherheit, Komfort und Energieeffizienz. Sicherheit bekommt im Alter einen höheren Stellenwert. Zum einen im Sinne von „Safety“ und zum anderen im Sinne von „Security“. Eine Wohnung, die „safe“ ist, vermeidet Unfallursachen. An allererster Stelle Stolperfallen. Es sind heute verschiedene Sturzerkennungssysteme auf dem Markt, einschließlich eines intelligenten Fußbodens (Sensfloor). Allerdings sind diese Systeme teuer und deshalb wohl nicht zum flächendeckenden Einsatz geeignet. Im Einzelfall leisten sie allerdings gute Dienste. Zudem sind sie nachrüstbar, wenn eine smarte Basisinfrastruktur und eine IT-Basisinfrastruktur in der Wohnung vorhanden sind. Viele Stürze ließen sich zudem vermeiden, wenn Wege in den Wohnungen ausreichend und automatisch beleuchtet wären. Beispielsweise die Wege vom Bett zur Toilette und zurück. Wichtig ist allerdings auch schnellstmöglich zu erkennen, dass eine Notsituation vorliegt. Auch hier helfen smarte Assistenten. Vernetzte Brandmelder sorgen in einer smarten Wohnung dafür, dass Rollläden und Jalousien im Alarmfall sofort hochgezogen werden, um Fluchtwege zu eröffnen und das Licht eingeschaltet wird, um auch nachts Orientierung zu bieten.

Lichtschalter als Lebenssensor

Woran erkennt man, dass eine Wohnung „in Betrieb“ ist? Der einfachste Indikator ist elektrisches Licht. Werden Schalter benutzt, um Licht einzuschalten, muss jemand aktiv in der Wohnung sein. Dies macht sich ein smarter Assistent zunutze. Steht beispielsweise ein Mensch nachts normalerweise mehrfach auf, ist es unnormal, wenn er dies nicht (mehr) tut. Ein smarter Assistent erkennt dies und setzt eine Meldung ab. Oder nachts wird das Licht im Bad eingeschaltet (normal) aber nicht wieder ausgeschaltet (Abweichung). Daraus kann abgeleitet werden, dass die entsprechende Person sich noch im Bad befindet. Eventuell wegen Sturz oder weil sie dort eingeschlafen ist. Die Information über eine Abweichung vom Normalen lässt sich nun sofort und automatisch an Familienangehörige, Nachbarn oder einen Pflegedienst leiten. Diese können sich zeitnah erkundigen oder intervenieren. Solche Funktionen lassen sich sehr einfach und preisgünstig realisieren, wenn die Basisinfrastruktur gegeben ist. Es ist jedoch in jedem Einzelfall sorgfältig von den Betroffenen und den Angehörigen zu prüfen, ob eine so tiefgreifende „Monitoring-Maßnahme“ notwendig und angemessen ist. Ohne smarte Assistenten wie den hier beschriebenen, würden allein lebende Menschen, die zu Stürzen oder Einschlafen neigen, zum eigenen Schutz automatisch in ein Pflegeheim überwiesen, da sie nicht mehr sicher zuhause leben können.

Funkendes Blutdruckmessgerät für Telemonitoring (Foto: HMM Holding)
Funkendes Blutdruckmessgerät für Telemonitoring (Foto: HMM Holding)

Über das beschriebene einfache Aktivitätsmonitoring hinaus besteht die Möglichkeit den gesundheitlichen Zustand mittels medizinischer Sensoren zu erfassen. Blutdruck- und Blutzucker-Messgeräte, Körperwaage, 1-Kanal-EKG und Schrittzähler mit Datenfunk-Schnittstelle sind mittlerweile erprobt und auf dem Markt verfügbar. Der Nutzen ist in vielen Projekten nachgewiesen. Leider hat das Gesundheitswesen bisher nicht flächendecken positiv reagiert. Der demografische Wandel wird allerdings die Einführung dieser Geräte beschleunigen. Voraussetzung für den Einsatz ist wieder die IT-Basisinfrastruktur.

Gegen die Vergesslichkeit

Jeder vergisst einmal etwas. Das tritt im Alter öfter auf, mit zum Teil schlimmen Folgen. Das eingeschaltete Bügeleisen oder das Essen auf dem Herd sind bekannte Gefahrenquellen. Es gibt mehrere Möglichkeiten, der potentiellen Brandgefahr zu begegnen. Eine Variante ist die zentrale Abschaltung aller „gefährlichen“ Elektrogeräte beim Verlassen der Wohnung. Hierzu sind „Alles-Aus“ Taster an der Wohnungstür oder besser noch Kartenschalter geeignet, wie in Hotels üblich. Hat man die Karte dabei, kann man sicher sein, dass alles Wesentliche ausgeschaltet ist. Voraussetzung dafür die SmartHome-Basisinfrastruktur. Das Optionspaket „Alles-Aus“ ist eine leicht zu installierende Erweiterung.

Hotel-Kartenschalter schalten alle bei Abwesenheit gefährlichen und unnötigen elektrischen Verbraucher aus (Foto: G.Ohland)
Hotel-Kartenschalter schalten alle bei Abwesenheit gefährlichen und unnötigen elektrischen Verbraucher aus (Foto: G.Ohland)

Für die Küche sind Aktoren verfügbar, die sich auch nachträglich noch zwischen Stromversorgung und Herd beziehungsweise Backofen schalten lassen. Ein Bewegungsmelder erkennt, ob sich jemand in der Küche befindet. Nach beispielsweise 15 Minuten Abwesenheit erinnert ein Signal den Bewohner an den eingeschalteten Herd und bei fehlender Reaktion wird dieser ausgeschaltet. Notwendig dafür sind ein Aktor in der Stromverteilung oder am Herd, Bewegungsmelder und die bereits zitierte smarte Basisinfrastruktur.

Sicherheit gegen Einbruch

Die „Security“ umfasst Sicherheitsmaßnahmen der Wohnung gegen Angriffe von außen. Hierzu haben das Landeskriminalamt NRW, der Verband der Sachversicherer (VdS) und das Institut für IT-Sicherheit der Hochschule Gelsenkirchen eine Bürgerbroschüre und einen Leitfaden für Handel, Handwerk, Hersteller und Architekten herausgegeben. Die Untersuchungen zur Broschüre zeigen, dass smarte Wohnungen und Gebäude sicherer sind als konventionelle. Schließlich verhält sich eine smarte Wohnung nach außen immer wie ein bewohntes Objekt. Einbrecher meiden solche Gebäude.

Je nach Ausstattung können smarte Wohnungen im Einbruchsfall alarmieren und Beweise in Form von Fotos und Videos sichern. Entscheidend ist allerdings, dass die Maßnahmen auch handwerklich richtig ausgeführt werden. Auch sollte man keinesfalls auf den Einbruch-Grundschutz (Pilzkopf-Beschläge) an Fenstern und Türen verzichten.

Für Senioren ist es wichtig zu sehen, wer vor der Tür steht. Eine Kamera mit Verbindung zum Smart-Tablet oder dem Smart-TV vermitteln hier Sicherheit. Wenn dann erwünschte Personen per Fingertipp auf Tablett oder TV-Fernbedienung hereingelassen werden können, ergibt sich die smarte Verbindung von Security und Komfort. Die Voraussetzung dafür ist die IT-Infrastruktur.

Kontakte an Fenstern und Balkontüren lassen sich einfach und bei Bedarf nachrüsten. Sie erkennen und informieren als Komfortfunktion, beispielsweise beim Verlassen der Wohnung, ob Fenster und Balkontüren geschlossen sind. Bei Abwesenheit bedeutet ein sich öffnendes Fenster allerdings nichts Gutes. Jetzt könnten Abschreckungsmaßnahmen wie Licht, Lärm oder eine Sprachansage helfen, den Einbrecher zu vertreiben. Es wäre allerdings übertrieben, nun alle Fenster eines Gebäudes entsprechend mit Sensoren zu versehen. Die kriminapolizeilichen Beratungsstellen erkennen schon am Grundriss, wo Sicherheitsmaßnahmen sinnvoll sind. Die Beratung ist kostenlos und Produkt-neutral.

Für konventionelle Schlösser Nachrüstbarer Funk-Türöffner/Schließer (Foto: ELV)
Für konventionelle Schlösser Nachrüstbarer Funk-Türöffner/Schließer (Foto: ELV)

Schlüssel oder Chip?

Elektronische Schließsysteme arbeiten mit Chips, statt Schlüsseln. Geht ein Chip einmal verloren, wird er aus der Liste der zulässigen Chips einfach „ausgetragen“ und das Gebäude ist wieder sicher. Es ist durchaus möglich, neben speziellen Chips auch Smartphones oder den Chip im Autoschlüssel als zulässigen Hausschlüssel anzulernen. Die Anschaffungskosten eines elektronischen Systems sind allerdings deutlich höher, als die eines mechanischen Systems. Bei Verlust nur eines einzigen mechanischen Schlüssels eines Mehrfamilienhauses wird es allerdings teuer und nicht immer zahlt die Versicherung

Einbrecher müssen draußen bleiben, Rettungsdienst soll reinkommen

Die Kriminalprävention und die Rettungsdienste haben entgegengesetzte Interessen, was den Zugang der Wohnung betrifft. Um Einbrecher auszusperren wünscht die Polizei am liebsten den „Panzerriegel“ an der Tür. Die Feuerwehr und andere Retter benötigen dagegen den schnellen und ungehinderten Zugang. Solange jemand die Tür per Schlüssel oder Chip öffnen kann, ist alles kein Problem. Ist aber der (einzige) Bewohner einer Wohnung gestürzt, kann er dem Rettungsdienst die Tür nicht öffnen. In den Großstädten sind dies alltägliche Probleme, die auf brachiale Weise gelöst werden. Leistet die Tür Widerstand, versucht man per Drehleiter über den Balkon oder ein Fenster einzudringen. Doch nicht immer ist eine Drehleiter überhaupt einsetzbar und es vergeht viel Zeit bis der Arzt beim Patienten ist. Die Polizei NRW, die Feuerwehr Köln, der VdS und die SmartHome Initiative Deutschland erarbeiten derzeit ein Hersteller-unabhängiges Verfahren, um elektronische Schlösser – auch Panzerriegel – zerstörungsfrei mit einem nur einmal verwendbaren Code zu öffnen. Voraussetzung für die Nutzung sind auch hier die IT- und die smarte Basisinfrastruktur.

Günther Ohland ist Fachjournalist und Initiator des Musterhauses SmartHome Paderborn sowie Gründungsmitglied der SmartHome Initiative Deutschland e.V.


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