Martin Paal, Irmelin Ehrig
Obwohl die Regelungen zum Wärmeschutz durch die Energieeinsparverordnung 2009 verschärft worden sind, kann eine Instandsetzung der Fenster rentabler sein als ihr Austausch. Gerade bei hochwertigen Altbaufenstern lohnt aus Kosten- und gestalterischen Gründen oft ihre Sanierung. Hier ist zu prüfen, welche technischen Möglichkeiten sich zur Verbesserung der Wärmedämmung anbieten und welche U-Werte für die Fenster erreicht werden müssen. Ausnahme von der Regel Vorab ist festzustellen, ob das Sanierungsobjekt von den Regelungen der EnEV 2009 überhaupt betroffen ist. Grundsätzlich „kann“ davon abgewichen werden, wenn es sich um ein Baudenkmal handelt: Die Denkmalschutzämter sind meist am Erhalt der Bestandsfenster interessiert, sodass hier häufig eine Abweichung gewährt wird. Gemäß § 24 (1) kann von den Anforderungen aber auch unabhängig vom Denkmalschutz abgewichen werden, wenn eine „besonders erhaltenswerte Bausubstanz“ oder das „Erscheinungsbild“ durch Anwendung der EnEV beeinträchtigt werden.
In § 25 der EnEV 09 wird ferner geregelt, dass man von den Anforderungen zu befreien ist, wenn die Maßnahmen durch einen „unangemessenen Aufwand“ zu einer „unbilligen Härte“ führen. Dies gilt etwa, wenn sich die Baukosten nicht innerhalb einer angemessenen Frist durch die Einsparungen amortisieren – oder wenn ein Bauherr zum gleichen Zeitpunkt mehrere Pflichten gemäß EnEV 2009 zu erfüllen hat und ihm eine weitere finanzielle Belastung nicht zuzumuten ist. Im Unterschied zu diesen „Auslegungsparagrafen“ regelt die sogenannte „Bagatellgrenze“ in § 9 (3) für Bestandsgebäude recht eindeutig: Wenn weniger als zehn Prozent der Fensterfläche des gesamten Gebäudes erneuert werden sollen, müssen die Mindest-Uw-Werte für diese Bauteile nicht umgesetzt werden; die Werte dürfen allerdings nicht schlechter sein als die der Bestandsfenster. Sind mehr als zehn Prozent der Fensterfläche von Umbaumaßnahmen betroffen, werden für diesen Anteil die geforderten U-Werte wirksam.
Diese Bestimmung wird häufig missverstanden: Sie besagt nicht, dass bei mehr als zehn Prozent Flächenanteil alle Fenster des Gebäudes erneuert werden müssen. Möglichkeiten zum Fenstererhalt
Bestandsfenster, die wärmetechnisch angepasst oder ausgetauscht werden, entsprechen in der Regel den verbreiteten Standardtypen: Isolierglasfenster, Einfach- und Kastendoppelfenster. Ältere ISO-Fenster lassen sich relativ unproblematisch durch den Austausch der Verglasung anpassen. Allerdings sollte geprüft werden, ob Rahmenmaterial und Beschläge noch entsprechend langlebig sind. Bei Einfachfenstern ist die Aufbesserung meist zu aufwendig. Und da nur eine Flügelebene zur Verfügung steht, wirken sich die realisierbaren Verbesserungen wenig aus.
Kastendoppelfenster verfügen bauphysikalisch über bessere Voraussetzungen. In den letzten Jahren haben sich deshalb neue Verfahrensweisen und Materialien etabliert, die eine energetische Sanierung in vielen Fällen sinnvoll machen. Hauptproblem der Kastenfenster ist ihr geringer Uw-Wert von circa 2,6 W/m2K. Beim Austausch gegen ISO-Fenster wird jedoch oft übersehen, dass die Bauteiltiefe eines Kastendoppelfensters für einen unproblematischen Temperaturverlauf im Bereich der Außenwandanschlüsse sorgt. Das heißt: Die Oberflächentemperaturen sind beim Kastendoppelfenster im Laibungsbereich günstiger und liegen daher eher über dem schimmelpilzkritischen Bereich von ca. 12,6 Grad. Allein aus diesem Grund ist hier die energetische Anpassung bauphysikalisch oft besser und nachhaltiger als die Erneuerung. Durch den Umbau eines Kastendoppelfensters lassen sich heute Uw-Werte von <1,7 W/m2K oder besser realisieren. In diesen Fällen kann die Instandsetzung – auch unter EnEV 09 – kostensparender sein als der Austausch.
U-Wert-Ermittlung nach EnEV
Bei „Änderung, Erweiterung und Ausbau“ von Bestandsgebäuden dürfen gemäß EnEV 2009 bestimmte Wärmedurchgangskoeffizienten (U-Werte) der betroffenen Außenbauteile nicht überschritten werden. Zwei Methoden zur U-WertErmittlung stehen zur Wahl: das „Bauteilverfahren“ und seit der EnEV 09 auch bei Wohngebäuden das „Referenzgebäudeverfahren“. Der Architekt sollte wissen, wann welches Verfahren für den Bauherrn von Vorteil ist.
Das Bauteilverfahren: In Anlage 3 der EnEV 2009 sind tabellarisch die maximalen U-Werte für alle Außenbauteile eines Bestandsgebäudes aufgeführt. Der geforderte U-Wert kann anhand dieser Tabelle ohne weitere Berechnungen abgelesen werden – eine schnelle und einfache Methode. Für Fenster in Wohngebäuden lässt sich hier beispielsweise der Wert 1,30 W/(m2K) ablesen. Dieser wurde jedoch vom Auslegungsausschuss des DIBT auf 1,3 W/(m2K) nachkorrigiert. Daher bleiben die verbreiteten Holzfensterprofile IV 86 noch bis zur nächsten Novellierung 2012 einsetzbar.
Das Gebäudereferenzverfahren: Hier richten sich die Anforderungen nicht nach einer tabellarisch festgelegten Größe, sondern nach der Summe der Referenz-U-Werte des gesamten Gebäudes.
Bezugspunkt der Berechnungen ist das sogenannte „Referenzgebäude“, ein virtueller Neubau, über den der maximale Gesamt-U-Wert für das Bestandsgebäude ermittelt wird. Jahresprimärenergiebedarf und Transmissionswärmeverlust des Bestandsgebäudes dürfen die Werte dieses Referenzgebäudes um bis zu 40 Prozent übersteigen. Das heißt: Liegen die übrigen Parameter des Bestandsgebäudes verhältnismäßig gut, kann sich rechnerisch für die Altbaufenster ein günstigerer Uw–Wert ergeben als beim Bauteilverfahren.
So kann ggf. auf eine Erneuerung der Fenster verzichtet werden, da eine Aufbesserung der Uw-Werte ausreicht. Ein Bauherr wird die Kosten für das Referenzgebäudeverfahren gern in Kauf nehmen, wenn er zum Beispiel statt einer Dreifachverglasung mit einer Zweifachverglasung der ISO-Fenster auskommt. Zudem profitiert er, weil er die Schwerpunkte der Sanierung selbst wählen kann. Der beratende Architekt sollte daher vorab die Außenbauteile und die Heizungsanlage des Gebäudes mit den geforderten Richtwerten grob abgleichen. So lässt sich schnell einschätzen, ob das Referenzgebäudeverfahren lohnt.
Technische Standards und Innovationen
Verglasung: Der Uw-Wert eines Fensters setzt sich aus den einzelnen Werten der Verglasung, des Rahmens und dem Randverbund der Verglasung zusammen. Wegen ihres hohen Flächenanteils hat die Verglasung den größten Einfluss auf den Uw-Wert des Fensters. Vor dem Hintergrund steigender Anforderungen an den Wärmeschutz hat die Glasindustrie in den letzten Jahren neue Isolierverglasungen mit deutlich verbesserten Ug-Werten auf den Markt gebracht.
Die mit den Edelgasen Argon oder Krypton angefüllten Scheiben reduzieren die Energieübertragung durch ihre geringe physikalische Dichte erheblich. Zusätzlich sind einzelne Glasoberflächen mit einer Metalloxidschicht überzogen. Mit dieser Technologie können die Uw-Werte von Bestandsfenstern wesentlich verbessert werden. Bei Dreifachverglasungen sind Ug-Werte bis 0,5 W/m²K erreichbar. Ein nachträglicher Einbau ist auch bei Altbaufenstern möglich, hier aber sehr aufwändig und teuer. Das Verfahren wird daher überwiegend im Denkmalschutz abgewendet.
Durch die weitere Verschärfung der EnEV im Jahr 2012 ist der Blick auch auf aktuelle Forschungen zur U-Wertoptimierung zu richten. Im Vergleich zur Dreifachverglasung eröffnet Vakuumglas durch sein geringeres Gewicht und eine Aufbaustärke von nur neun Millimetern neue Chancen. Vor allem bei Altbaufenstern könnte es dazu beitragen, mehr Originalflügel zu erhalten. Mehr noch als bei teilchenarmen Edelgasen wird die Wärmeübertragung durch das zwischen den Scheiben befindliche Vakuum unterbunden. Winzige, nicht sichtbare Abstandhalter verhindern, dass sich die beiden Scheiben durch den Unterdruck zueinander verwölben. Mit dieser neuen Technologie können ebenfalls Ug-Werte von circa 0,5 W/m²K erzielt werden. Die Gläser befinden sich noch im Entwicklungsstadium und vor 2012 ist mit einer industriellen Großproduktion wahrscheinlich nicht zu rechnen.
Abstandhalter: Bei Isolierglas ist grundsätzlich auf die Abstandhalter beim Randverbund der Verglasung zu achten. Sie beeinflussen den Gesamt-Uw-Wert des Fensters je nach Material unterschiedlich. In letzter Zeit haben sich die „wärmetechnisch verbesserten Abstandhalter“ aus glasfaserverstärktem Kunststoff – auch „warme Kante“ genannt – mit sehr guten ψ -Werten immer mehr durchgesetzt. Ist dieser Standard gewünscht, empfiehlt es sich, in der Ausschreibung darauf hinzuweisen.
Rahmen: Der Rahmen bietet wegen des unveränderbaren Wärmedurchgangskoeffizienten (λ-Wert) der Profile wenig Potenzial, den Us-Wert zu verbessern. Die einfachste Lösung ist, das Profil zu verstärken. Doch im Altbaubereich ist die breite Dimensionierung meist optisch nicht gewollt. Daher bieten einzelne Hersteller inzwischen Holzfenster mit in die Profile integrierten Luftkanälen an oder Konstruktionen mit PUR-Schichten in Sandwichbauweise. Bei Kunststofffenstern konnten ebenfalls leichte U-Wert-Verbesserungen durch einen Mehrkammeraufbau erreicht werden. Vollkommen neu ist TopTherm 90 – ein stark wärmedämmendes Profil aus einem PU-Schaum-Kern, der mit einem dünnen, stabilisierenden, zugleich aber recht unansehnlichen Kunststoff ummantelt ist. Für die Freunde von Holzfenstern sicher keine Alternative.
U-Wert-Berechnung: Der Uw-Wert des Gesamtfensters setzt sich zusammen aus dem U-Wert des Rahmens (U f -Wert), der Verglasung (Ug-Wert) sowie dem Faktor ψ (psi) betreffend die Wärmeleitfähigkeit des Randverbundes der Isolierverglasung (ψ -Wert) – in Verbindung mit den Flächen (Af, Ag) und der Länge (Lg). Die Berechnungsformel gemäß DIN ISO 10077-1 lautet:
Uw = Ar · Ur + Ag · Ug + lg · ψg / Ar+ Ag
Damit nicht für jedes Fensterformat eine eigene Uw-Wertberechnung durchgeführt werden muss, wurde gemäß DIN EN 14351 die Standardabmessung 1,23 x 1,48 Meter eingeführt. Diese gilt bei Ug-Werten bis 1,9 W/m²K für alle Abmessungen. Eine ausführliche Beispielberechnung nach Formel ist auf www.viktoria-bausanierung.de hinterlegt.
Martin Paal ist Architekt und Inhaber der Firma „Viktoria Bausanierung“ in Berlin. Irmelin Ehrig ist Journalistin und Kommunikationsberaterin für Architekten.
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