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Anti-Graffiti: Schutz, Beschichtungen, Systeme für die Fassade

Der Vorsitzende der RAL Gütegemeinschaft Anti-Graffiti Michael Kupfer erklärt im Gespräch, was Schutzsysteme leisten, und weist auf Tücken bei Planung und Ausschreibung hin

Von: Marion Goldmann
Marion Goldmann wählt für das DAB die wichtigsten Produktneuheiten aus....

27.07.20217 Min. Kommentar schreiben
Hausfassade mit Graffiti
Manche lieben sie, andere wollen Graffiti möglichst rückstandsfrei entfernen und neuen vorbeugen.

Dieser Beitrag ist unter dem Titel „Ein Wundermittel gibt es nicht“ im Deutschen Architektenblatt 08.2021 erschienen.

Interview: Marion Goldmann

Herr Kupfer, Sie verfügen als Gründungsmitglied der RAL Gütegemeinschaft Anti-Graffiti über eine jahrzehntelange Erfahrung. Wovon hängt der Erfolg der Schutzmaßnahmen ab?

Der Erfolg hängt in erster Linie vom Untergrund ab. Das lässt sich anhand der Reinigung von Glas gut belegen. Von so einer glatten Fläche können Graffiti sogar ohne Vorbehandlung mit einem chemischen Reiniger entfernt werden. So hatte sich schon zu Beginn unserer Arbeit schnell herauskristallisiert, dass hauptsächlich mineralische Untergründe problematisch sind. Entweder konnte die Farbe nicht vollständig entfernt werden oder der Untergrund war beschädigt.

Die Gütegemeinschaft ist demnach auf mineralische Untergründe fokussiert?

Ja, mit Schwerpunkt auf Fassaden. Wir differenzieren noch zwischen rein mineralischen Untergründen und Untergründen mit Anstrichen, Putzen und WDVS. Die Produkttests werden unterteilt in eine Grundprüfung auf dem Untergrund Beton und Eignungsprüfungen, für die alle nur denkbaren Untergründe möglich sind. Zum Beispiel wurde damit die Entfernbarkeit von Graffiti von Pulverlack­beschichtungen untersucht. Die Produkttests erfolgen durch mein „Labor Dr. Kupfer“ auf der Grundlage der von uns entwickelten Methoden. Diese hat die Gütegemeinschaft anerkannt und als Vorgabe für die Vergabe des RAL-Gütezeichens übernommen.

Bisher wurde nach permanenten, semi-permanenten und temporären Anti-­Graffiti-Systemen unterschieden. Warum hat die Gütegemeinschaft eine neue Klassifizierung vorgenommen?

Das Problem sind die semi-permanenten Systeme, die mehrmals gereinigt werden können. „Mehrmals“ lässt sich aber nicht quantifizieren, was zu Unsicherheiten bei den Anwendern führte. Daraufhin haben wir neue Kategorien definiert. Wir unterscheiden nur noch zwischen dauerhaften und nicht dauerhaften Anti-Graffiti-Systemen. Grundsätzlich sind alle dauerhaften Systeme auch nicht für die Ewigkeit konzipiert, sondern wurden für eine mehrfache Graffitientfernung entwickelt.

Für die dauerhaften Systeme wurden auch Tests entwickelt?

Ja, um nachzuweisen, wie lange ein dauerhaftes System wirklich funktioniert. Dazu erhält jedes getestete Produkt eine Kennzahl. Sie gibt an, wie oft das System bei gleichbleibender Schutzwirkung gereinigt werden kann. Damit sind die ursprünglich semi-permanenten Systeme in die Gruppe der permanenten Systeme integriert.

Sind die Testergebnisse frei zugänglich?

Auf der Website der Gütegemeinschaft sind die getesteten Produkte gelistet – unterteilt nach dauerhaften und nicht dauerhaften Systemen. Die Bewertung, wie oft ein dauerhaftes System gereinigt werden kann, enthält der Testbericht. Da der Testbericht Eigentum des Herstellers ist, müssen Interessenten ihn dort direkt anfordern.

Welche neueren Entwicklungen gab es in den letzten Jahren?

Hier führten die EU-Auflagen für lösemittelarme und lösemittelfreie Produkte zur Entwicklung wasserbasierter Beschichtungen. Diese sind umwelt- und gesundheitsfreundlicher, deutlich wasserdampfdurchlässiger (sd-Wert der wasserbasierten Produkte 0,5 m, sd-Wert der lösemittelbasierten Produkte 2 m) und gut pigmentierbar. Graffitischutz lässt sich dadurch mit farblicher Gestaltung kombinieren. Während die lösemittelhaltigen Produkte in der Regel bis zu 15-mal gereinigt werden konnten, funktioniert das bei den wasserbasierten Produkten bis zu zehnmal.

Kann man Untergründe auch imprägnieren?

Die meisten Schutzsysteme sind Beschichtungen. Die Idee, Imprägnierungen zu benutzen, liegt nahe. Saugfähige Untergründe wie Naturstein und Beton werden schon lange durch Hydrophobierungen gegen das Eindringen von Feuchte geschützt. Durch die Modifizierung der Imprägniermittel gelang es, zusätzlich oleophobe Eigenschaften der behandelten Oberflächen zu erreichen. Die Graffitientfernung erfolgt in der Regel chemisch. Die Reinigungsfähigkeit bleibt bei der überwiegenden Anzahl der Schutzsysteme erhalten, weshalb eine Zuordnung zu den dauerhaften Systemen erfolgt. Als Faustregel sind etwa fünf Reinigungszyklen ohne Erneuerung möglich.

Lassen sich Graffiti auch einfach nur mit Wasser entfernen?

Tatsächlich wünschte man sich Schutzsysteme, die eine Reinigung allein mit Wasser möglich machen. Zuerst erfüllten dies nicht dauerhafte Systeme (Opfersysteme) auf der Basis von Polysachariden oder Wachsen. Der gegenwärtige Entwicklungsstand erlaubt auch dauerhafte Systeme, die allein mit Wasser zu reinigen sind. Dabei handelt es sich um silikonbasierte Produkte, über deren praktische Anwendung jedoch noch wenig bekannt ist.

Graffiti wird gesprayt
Katz-und-Maus-Spiel: Sprayer und Fassadenschützer reagieren mit ihren rezepturen aufeinander.

Wie innovativ sind die Produkte der ­Sprayer?

Die Sprayer sind erfinderisch und international gut vernetzt. So entstehen Farbrezepturen, die auch uns staunen lassen. Problematisch wird es, wenn beispielsweise Flusssäure beigemischt wird. Bei Hautkontakt können gefährliche Verletzungen entstehen. Aber ein geschulter Profi erkennt, was aufgesprüht wurde und wie und womit die Reinigung erfolgen kann. Wir empfehlen, deshalb stets eine RAL-zertifizierte Reinigungsfirma zu beauftragen. Übrigens sollte nicht damit geworben werben, welche Flächen mit welchem Mittel behandelt wurden. Die Sprayer kennen sich mit den Systemen gut aus und es gibt Beispiele, wo sie vor dem Sprayen das Schutzsystem entfernt haben.

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