Text: Andreas Rabold, Ulrich Schanda
Holzbalkendecken in Wohngebäuden erfordern bei Umbauten eine besonders sorgfältige Planung. Häufig ist ihre Luft- und Trittschalldämmung unzureichend; die Ertüchtigung ist jedoch problematisch. Als Planungsgrundlagen für den Schallschutznachweis sind in der DIN 4109 nur zwei Ausführungsbeispiele dargestellt. In der Praxis sind allerdings wesentlich mehr Konstruktionsvarianten vorhanden. Belastbare Messwerte von Altbaudecken liegen auch nur vereinzelt vor. Dies allein reicht für eine gesicherte Prognose des Ist-Zustandes nicht aus, weshalb dann nur eine aufwendige Baumessung vor Ort als Möglichkeit bleibt. Damit die am Bau Beteiligten auf gesicherte Planungsgrundlagen zurückgreifen können, haben das ift Rosenheim und die Hochschule Rosenheim in einem Forschungsprojekt zahlreiche Bestandsdecken untersucht und Sanierungsmaßnahmen für die Unterdecke, die tragende Konstruktion sowie den Fußbodenaufbau geprüft (siehe Übersicht in Bild 1 unten).
Gegenstand der Untersuchung
Die Bestandsdecken waren als Holzbalkendecken mit Blindboden und Schüttung sowie einer Lehmputz-Unterdecke ausgeführt. Die Balken waren auf verschiedene Weise in oder an den Wänden aufgelagert. Durch die früher übliche Verjüngung der Wandstärke von Geschoss zu Geschoss wurden die Deckenbalken oft auf dem so entstandenen Rücksprung aufgelagert. Die Schüttungen im Balkenzwischenraum waren auf Einschubbrettern zur Beschwerung der Decke eingebracht. Sie bestanden meist aus Abfallprodukten, wie Bauschutt oder Schlacke. Bei den Unterdecken handelte es sich meist um direkt montierte Putzdecken mit Schilfrohrmatten als Armierung. Die Schilfrohrmatten waren an einer auf der Balkenunterseite angebrachten Sparschalung befestigt. Die flankierenden Wände bestanden vorwiegend aus Vollziegeln in dem zum Bauzeitpunkt üblichen Reichsformat. Die tragenden Wände waren zwischen 30 und 75 Zentimeter dick und 500 bis 1.200 Kilogramm pro Quadratmeter schwer. Die nicht tragenden Wände wiesen Dicken von neun bis 45 Zentimeter mit Massen von 130 bis 740 Kilogramm pro Quadratmeter auf. Als Putzsysteme waren übliche Kalkmörtel- beziehungsweise Gips- und Gipskalkputze aufgebracht.
<Sanierungs-Maßnahmen für die Unterdecke
Bei der Sanierung der Unterdecke wird die Rohrputz-Unterdecke häufig durch Gipskarton- oder Gipsfaserplatten ersetzt. Die Platten werden entweder starr über eine Lattung oder federnd über geeignete Unterkonstruktionen, wie Federschienen oder Abhänger, an den Holzbalken befestigt. Neben der federnden Befestigung ist eine schalltechnische Entkopplung auch durch eine frei tragende Unterdecke möglich. Der Austausch des eher biegeweichen Rohrputzes gegen eine an Latten montierte Gipsbauplatte ergibt deutlich ungünstigere Schalldämm-Werte und ist deshalb nicht zu empfehlen. Eine Verbesserung der Trittschalldämmung gegenüber der ursprünglichen Situation wird erst durch eine entkoppelte Montage der Unterdecke erreicht. Die Entkopplung der Unterdecke durch Federschienen bei gleichzeitiger Erhöhung ihrer flächenbezogenen Masse ergibt bereits eine deutliche Verbesserung des bewerteten Norm-Trittschallpegels (Bild 2, links). Eine weitere Verbesserung der Trittschalldämmung, auch bei tiefen Frequenzen, kann durch eine entkoppelt abgehängte Unterdecke mit zusätzlicher Hohlraumdämmung erfolgen. Bild 2, unten, zeigt die Verbesserung der Trittschalldämmung durch eine Systemlösung (Abhänger entkoppelt über ein PUR-Elastomer).
Sanierungs-Maßnahmen für die tragende Holzdecke
Das Bauen im Bestand erfordert oft auch einen Eingriff in das Tragsystem der Decke. Für die Sanierung mit gleichzeitiger statischer Verbesserung bieten sich unterschiedliche Maßnahmen an. Eine Verstärkung der Deckenbalken durch seitlich aufgedoppelte Laschen erhöht die Tragfähigkeit und gleicht Unebenheiten aus, zum Beispiel bei durchhängenden Balken. Solange eine Deckenschalung auf den Laschen aufgebracht wird, ergibt sich für die Luft- und Trittschalldämmung der Rohdecke keine nennenswerte Verbesserung. Wesentlich wirksamer ist es, wenn der Hohlraum bis zur Oberkante der Verstärkungen mit einer mineralisch gebundenen Schüttung aufgefüllt und direkt darüber der Trockenestrich verlegt wird. Hierfür ist es erforderlich, den Blindboden statisch zu optimieren. Auf die Deckenschalung wird in diesem Fall verzichtet. Die statische Ertüchtigung kann auch mit Holz-Beton-Verbund-Systemen (HBV-Systeme) erfolgen, wobei die Trittschalldämmung hier im Wesentlichen durch die eingebrachte Zusatzmasse der Betonschicht verbessert wird. Eine weitere Variante sind zusätzliche Deckenträger, die die vorhandene Balkenlage ergänzen, um diese zu entlasten und eine schalltechnische Entkopplung in der Bestandsdecke zu ermöglichen (siehe Bild 3 unten).
Berechnungsgrundlage für die Prognose
Zur Ermittlung verlässlicher Planungsdaten wurden alle Sanierungsvarianten der untersuchten Decken sowie mögliche Verbesserungen durch Nass- und Trockenestriche geprüft. Die Messungen der Luft- und Trittschalldämmung erfolgten im Deckenprüfstand ohne Nebenwege. Zur Berechnung der Schalldämm-Werte der jeweiligen Altbaudecke wurde das vereinfachte Berechnungsverfahren nach EN 12354 mit Einzahlwerten verwendet, das auch Eingang in die Neufassung der DIN 4109 finden wird. Das Verfahren berücksichtigt zusätzlich zur direkten Schallübertragung der Decke die Übertragung über flankierende Wände. Die vereinfachte Berechnung des bewerteten Bau-Schalldämm-Maßes und des bewerteten Norm-Trittschallpegels n,w am Bau erfolgte nach diesen beiden Gleichungen:Das Beispiel zeigt den starken Einfluss der Flankenübertragung bei der Berechnung des Schalldämm-Maßes R‘w (R‘w = 57 dB gegenüber Rw = 78 dB). Den größten Einfluss hat hier die flankierende Innenwand mit m‘ = 300 kg/m². Wird eine höhere Schalldämmung angestrebt, ist es notwendig, diese Wand mit einer schalltechnisch wirksamen Vorsatzschale zu versehen. Für die Berechnung des Norm-Trittschallpegels am Bau L‘n,w spielte die Flankenübertragung bei diesem Beispiel eine geringere Rolle (L‘n,w = 40 dB gegenüber Ln,w = 39 dB).
Fachinformation zur praktischen Anwendung
Die Ergebnisse des Forschungsvorhabens sind jetzt in der Fachinformation FI SC 09/1 „Holzdecken in der Altbausanierung – Schalltechnische Planung und Optimierung“ für die praktische Anwendung aufbereitet. Anhand von Matrizen und Tabellen können für unterschiedliche Deckenaufbauten die Werte für Luft- und Trittschalldämmung bestimmt werden. Die Eingangsdaten für die Prognose können sowohl für die direkte Übertragung der Decke als auch für die Flankenübertragung der Wände aus den erarbeiteten Planungsunterlagen entnommen werden. Damit steht nunmehr ein einfaches Verfahren zur schalltechnischen Verbesserung bestehender Holzbalkendecken zur Verfügung.
Professor Dr.-Ing. Andreas Rabold ist beim ift Rosenheim in der Forschung und Entwicklung tätig, Professor Ulrich Schanda lehrt und forscht als Schallexperte an der Hochschule Rosenheim.
Hier finden Sie noch ein Prognosebeispiel.
Zum Projektteam des Forschungsvorhabens gehörten außerdem: Dipl.-Ing. (FH) Stefan Bacher vom ift Rosenheim sowie Andreas Mayr und Fabian Schöpfer von der Hochschule Rosenheim. Das Projekt wurde durch die AiF im Rahmen des Programms zur Förderung der industriellen Gemeinschaftsforschung und -entwicklung (IGF) vom Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie und durch die in der Arbeitsgruppe beteiligten Industriefirmen unterstützt.
Linksammlung mit Konzepten, Holzbau-Initiativen und mehr:
- ift Fachinformation FI SC 09/1 „Holzdecken in der Altbausanierung – Schalltechnische Planung und Optimierung“, ift Rosenheim, Juli 2016
- Mayr, A.; Schöpfer, F.; Schanda, U.; Rabold, A.; Hessinger, J.; Bacher, S.; Schramm, M.:Holzbalkendecken in der Altbausanierung – Teil2: Flankenschalldämmung.
Forschungsbericht Hochschule Rosenheim, ift Rosenheim, 2012 - Rabold, A.; Bacher, S.; Hessinger, J.:
Holzbalkendecken in der Altbausanierung – Teil1: Direktschalldämmung.
Forschungsbericht ift Rosenheim, 2008 - Fischer, H. M.; Schneider, M.; Blessing, S.:Einheitliches Konzept zur Berücksichtigung des Verlustfaktors bei Messung und Berechnung der Schalldämmung massiver Wände. Tagungsband DAGA 2001
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