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Automatik nicht automatisch

Zur Planung und Ausschreibung automatisch betriebener Türen gehört mehr als nur ein Rahmen plus Antrieb. Die Bauteile sind als integrierte Systeme zu verstehen.

02.10.20175 Min. Kommentar schreiben

Text: Jürgen Benitz-Wildenburg, Andreas Schmidt

Die Digitalisierung hat mittlerweile nahezu jeden Lebensbereich erfasst. So sind auch automatisch betriebene Haustüren, Garagentore und Sonnenschutzsysteme längst etabliert. Schließlich bieten sie mehr Komfort und Sicherheit. Gerade große und schwere Türen lassen sich mit automatischen Antrieben leicht bewegen: Typisch sind Hauseingangs-, Terrassen- und Balkon- sowie Brandschutztüren im Zugangsbereich zu Keller oder Tiefgarage. Auch in öffentlichen Gebäuden, Pflegeeinrichtungen oder beim betreuten Wohnen werden automatische Türen gerne eingesetzt. Zudem ist ein zusätzlicher Nutzen einfach zu realisieren, zum Beispiel durch eine Zentralverriegelung, Alarmmeldung bei Einbruchversuchen oder eine Statusmeldung „offen/geschlossen“ für Fenster und Türen.

Was alles passieren kann: prinzipielle Sicherheitsrisiken bei automatischen Bauelementen.

Technische Vorreiter bei der Automatisierung sind Rollläden, Markisen und Tore. So wird ein Garagentor mit automatischem Antrieb und Steuerung geliefert; die Bedienung erfolgt per Funk, Transponder, Chipkarte oder über biometrische Daten. Einige Systeme sind auch durch Smartphone steuerbar. Durch einfache „Plug-and-Play“-Lösungen sowie funkbasierte Systeme ist die Installation einfacher geworden. Natürlich stellt sich auch hier die Frage, wie sich die elektronische Manipulation verhindern lässt. Die elektronische Verarbeitung der Signale muss innerhalb des Hauses erfolgen und ausreichend gesichert sein. Dabei ist das Zusammenspiel aller Systeme im Gebäude zu betrachten, da sie sich gegebenenfalls gegenseitig beein†ussen können. Ansonsten haben „Langfinger“ mit elektronischen Decodern leichtes Spiel.

Das gehört alles dazu: Merkmale und Funktionseinheiten für automatische Drehflügeltüren.

Die Produktentwicklungen bei Antrieben, Schlössern und Beschlägen zielen auf die Verkleinerung der Bauteile sowie die Integration der Sensor- und Transpondertechnik in die Antriebe, die in der Türkonstruktion versteckt sind. Da Antriebe zu höheren mechanischen Belastungen führen können, sind Art und Anzahl der Bänder, Profile und Eckverbindungen anzupassen. Kraftbetätigte Türen mit entsprechenden Antrieben müssen deshalb als „System“ konstruiert werden. Als Ergebnis entstehen Türen und Tore in vielfältigem Design mit mehr Sicherheit und Komfort.

Normen und CE-Kennzeichnung

Für Bauelemente mit elektrischem Antrieb als Maschinen im Sinne der Maschinenrichtlinie 2006/42/EG gelten gesonderte Anforderungen, die in den jeweils zugrunde liegenden Sicherheitsanforderungen beschrieben sind. Für den „Maschinenanteil“ ist der Nachweis der Nutzungssicherheit durch die Prüfung der elektrischen und funktionalen Sicherheit erforderlich. Alle anderen Eigenschaften, wie Wärme-, Schall-, Brand- und Rauchschutz, Dichtigkeit, Einbruchhemmung etc., müssen nach den Produktnormen für Fenster/Außentüren DIN EN 14351-1, Innentüren prEN 14351-2 und Tore DIN EN 13241-1 nachgewiesen werden. Die Anforderungen zum Brandschutz finden sich in DIN EN 16034. Die Prüfung der elektrischen Sicherheit erfolgt auf Basis der produktspezischen Normen mit den jeweils anwendbaren Abschnitten DIN EN 60335-2-95/DIN EN 60335-2-103 für kraftbetätigte Tore und für Fenster und Außentüren. Die Verfahren, die zu einer CE-Kennzeichnung führen, sind in den jeweiligen harmonisierten (gültigen) Produktnormen beschrieben.

Sicherheit und Bedienkomfort

Hersteller automatisch angetriebener Bauelemente müssen die Anforderungen der Bauproduktenverordnung (BauPVO) und der Maschinenrichtlinie (MRL) mit den jeweiligen harmonisierten Normen erfüllen. Hierfür sind entsprechende Prüfungen und Nachweise notwendig, um das Produkt mit einem CE-Zeichen versehen und in den Markt bringen zu können.

Bei allen kraftbetätigten Bauelementen unterscheidet man zwei Bereiche, die nachzuweisen sind. Es sind dies die elektrische Sicherheit (Sicherheit für Mensch und Tier; Vermeidung von elektrischem Schlag, Brand, Verbrennungen) sowie die funktionale Sicherheit (Sicherheit für Mensch und Tier; Vermeidung ungewollter Bewegung infolge von Software- und Bauteilfehlern). Natürlich will sich niemand die Finger quetschen oder unsanft vom Bauelement angestoßen werden. Insofern muss der Hersteller seine „Maschine“ sicher gestalten.

Zusätzlich sollten auch die Anforderungen für barrierefreie Gebäude (DIN 18040) beachtet werden, da automatische Bauelemente gerade hierbei Vorteile bieten. Neben maßlichen Aspekten (lichtes Durchgangsmaß mindestens 90 Zentimeter, Bedienhöhe für Griffe 85 Zentimeter, niveaugleiche Schwellen) ist auch eine kontrastreiche Gestaltung für Personen mit Sehbehinderung wichtig (Hell-dunkel-Kontrast von Rahmen, Türen und Bedienelementen). Generell ist die Gestaltung der Bedien- und Steuerelemente nach dem Zwei-Sinne-Prinzip zu empfehlen, bei dem wichtige Informationen für die Bedienelemente über mindestens zwei Sinne (visuell, haptisch, akustisch) vermittelt werden.

ift-Checkliste: Beispiele für mögliche Gefahrenstellen an automatischen Drehflügeltüren

Planungsaufgabe Gefahrenanalyse

Ein elektrischer Antrieb macht die Tür zu einer „Maschine“ im Sinne der Maschinen- Richtlinie 2006/42EG (EN 16005), bei der die Nutzungssicherheit zu gewährleisten ist. Vor Inbetriebnahme muss grundsätzlich eine Risikobeurteilung erstellt werden, die Maßnahmen zu Verhinderung beziehungsweise Beseitigung von Gefahren enthält. Gemeinsam mit dem Hersteller sollte der Architekt die notwendigen Schutzmaßnahmen festlegen. Als Planungsgrundlage können Informationen der Antriebshersteller und das Merkblatt KB 02 „Elektrische Bauteile im Fenster-, Türen- und Fassadenbau“ von VFF, ZVEI und ift Rosenheim genutzt werden.

In privaten und geschlossenen Bereichen kann für die Risikoanalyse von einer Nutzung durch eingewiesene Personen ausgegangen werden, was aber für öffentliche Gebäude mit wechselnden und „unbekannten“ Nutzergruppen nicht möglich ist. Die Nutzung durch besonders schutzbedürftige Personen (Kinder, ältere Personen oder Menschen mit Handicap) ist bei der Einstellung der Schließgeschwindigkeit und der Kraftbegrenzung zu beachten. Die Sicherheitseinrichtungen sollten bei der Bauabnahme kontrolliert, die Einweisung für Bauherren und Nutzer vorgenommen und die Informationen für die notwendige regelmäßige Wartung übergeben werden. Gegebenenfalls sind zusätzliche Maßnahmen erforderlich.

Automatische, kraftbetätigte Türen, Tore und Fenster bieten ein Plus an Sicherheit und Komfort und sind besonders für ältere Personen oder Menschen mit Handicap eine große Hilfe bei der selbstständigen Nutzung des eigenen Wohnbereichs. Diese Bauelemente sind aber mehr als nur ein Rahmen plus Antrieb und müssen als integrierte Systeme verstanden werden. Am Markt sind mittlerweile ausgereifte Systeme verfügbar. Deshalb sollten Architekten sich nicht scheuen, gemeinsam mit Herstellern und Montagebetrieben diese neuen technischen Möglichkeiten in geeigneten Projekten zu planen, auszuschreiben und einzusetzen.

Dipl.-Ing. (FH) Jürgen Benitz-Wildenburg ist Leiter des Bereichs PR & Kommunikation,
Andreas Schmidt ist Produktmanager im Bereich Türen und Tore beim ift Rosenheim.

„Mehr Informationen zum Thema Technik erhalten Sie hier.“

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