Von Marion Goldmann
Bindemittel für Dämmstoffe aus Mineralwolle basieren auf Erdöl und enthalten Stoffe wie Phenolharze und Aldehyde, etwa Formaldehyd. Der Dämmstoffhersteller Knauf Insulation bietet jetzt unter der Bezeichnung „Ecose“ Dämmstoffe mit einer Bindemitteltechnologie auf der Basis pflanzlicher Stärke an – und das zum gleichen Preis. Ein Jahr nach der Markteinführung vermeldet das Unternehmen aus dem verarbeitenden Handwerk eine positive Resonanz. Das sei wohl auch dem angenehmeren Handling zu verdanken: Der neue Dämmstoff ist weicher, kratzt und staubt deshalb weniger und lässt sich einfacher zuschneiden. Denn durch das neue Bindemittel wurde die Elastizität verbessert, wodurch sich beim Zusammenrollen deutlich weniger Faserstaub bildet. Alle anderen materialtechnischen Eigenschaften blieben dagegen unverändert erhalten. Nur die Farbe, die auf natürliche Weise im Produktionsprozess nach dem Austrocknen des Bindemittels entsteht, ist jetzt anders: braun statt gelb. Der Effekt ist ähnlich wie beim Hühnerei, wo die braune Schale eher als die weiße mit artgerechter Haltung assoziiert wird. Armin Weissmüller, Leiter Zentrale Technik bei Knauf Insulation: „Bei Freunden des ökologischen Bauens ist die braune Farbe längst eingeführt.“ Auch das Argument „formaldehydfrei“ verfehle seine Wirkung nicht. Zwar ist die herkömmliche Mineralwolle aufgrund der geringen Konzentration gesundheitlich unbedenklich. Viele Menschen bewerten formaldehydhaltige Produkte trotz vorgeschriebener Grenzwerte dennoch kritisch. Der von Knauf Insulation verwendete pflanzliche Rohstoff ist Stärke, gewonnen aus Mais, Reis oder Zuckerrüben. Sie wandelt sich während der Herstellung in ein Polymer um. Zudem erfordert die Produktion bis zu 70 Prozent weniger Energie. Inzwischen sind die Dämmstoffe mit Ecose-Technologie mehrfach ausgezeichnet; die Glaswolleproduktion ist weltweit umgestellt. Die Umstellung der Steinwolle folgt.
Premiumsegment im Visier
Auch andere Hersteller von Mineralwolle bieten neue Entwicklungen. Mit „Pure One“ stellt die Ursa Deutschland GmbH ebenfalls eine formaldehydfreie und schneeweiße Glaswolle vor. Ursa verwendet ein Acrylbindemittels auf Wasserbasis. Es härtet farblos aus, sodass das ursprüngliche Weiß der Glaswollefasern erhalten bleibt. Auch hier wird der Dämmstoff elastischer, und ist damit zur Verarbeitung weicher, hautfreundlicher und staubärmer. Acrylate werden zwar aus Erdöl hergestellt, das Bindemittel enthält aber weder Formaldehyd noch Lösungsmittel oder andere flüchtige Bestandteile (VOC). Der Dämmstoff ist also auch gesundheitlich rein. Das hat bei Ursa seinen Preis, denn das Unternehmen hat diese Produkte im Premiumsegment angesiedelt. Verfügbar sind derzeit in der Wärmeleitfähigkeitsgruppe 035 der unkaschierte Spannfilz (N), der weiß kaschierte Untersparrenspannfilz (W) und der Dämmfilz für die Dämmung von Dachschrägen sowie in der WLG 040 die Trennwandplatte. Demnächst wird es außerdem den Dämmfilz für das Innendämmsystem in PureOne-Qualität geben.
Ziel: Wärmeleitfähigkeit senken
Mineralwolle wird standardmäßig in den Wärmeleitfähigkeitsgruppen (WLG) 035 und 040 angeboten. Damit sind dem Material bei hohen Anforderungen an den baulichen Wärmeschutz und bei beengten Platzverhältnissen gelegentlich Grenzen gesetzt. Deshalb geht die Mineralwolleindustrie zunehmend mit der Generation 032 in die Offensive. Produktionstechnisch lässt sich dieser Wert durch die Erhöhung der Rohdichte vergleichsweise einfach erzielen. Knackpunkt sei der fast doppelt so hohe Preis, meint Weissmüller. Werden für einen Dämmstoff der WLG 035 etwa 18 Kilogramm Fasermaterial pro Kubikmeter benötigt, steigt das Gewicht bei einer WLG 032 auf etwa 30 Kilogramm pro Kubikmeter an. Dafür werden mit geringeren Dämmstoffdicken schlankere Konstruktionen erzielt. Knauf Insulation und andere bieten Dach- und Fassadendämmstoffe jetzt auch in WLG 032. Der Deutschen Rockwool ist dieser Wert noch viel zu hoch. Ihre neue „Aerowolle“ hat eine Wärmeleitfähigkeit von 019; das Unternehmen spricht von einem Durchbruch bei der Leistungsfähigkeit von Mineralwolledämmstoffen. Das neue Produkt kombiniert durch ein neuartiges Produktionsverfahren Aerogel und Steinwolle. Aerogel wird aus Kieselsäure gewonnen und besteht zu 95 Prozent aus Luft. Entsprechend gut sind Wärmedämmung und Schallabsorption. Die Formstabilität ist ebenfalls hoch, sodass der neue Dämmstoff wie die bewährten Steinwolleplatten verarbeitet werden kann. Wolfgang Schreiber, Produktmanager Hochbau: „Die erste Anwendung wird im klassischen Hochbau gestartet.“ Da Aerogel nicht preiswert ist, stehe zudem die Einordnung ins Premiumsegment nahezu fest. Die formaldehydfreien Technologien ihrer Wettbewerber seien für Rockwool kein Entwicklungsziel, da es ja keine Formaldehydbelastung gebe.