Jörg Pfäffinger
Die Architektur von Karl-Heinz Schommer ist für ein Hotel eher ungewöhnlich. Es sieht aus, als sei im Konversionsareal „Bonner Bogen“ ein Ufo gelandet. Die zur Rheinseite hin abfallende elliptische Form des Gebäudes mit der großen Glasfront in der Mitte lässt diese Assoziation entstehen. Rund 28 Meter breit ist die Verglasung und zieht sich über die Schrägfassade bis weit in das Dach hinein. Der darunterliegende, tageslichtdurchflutete Raum ist vollkommen stützenfrei. Wo das Glasdach im Inneren des Gebäudes endet, schließt sich ein nach oben offenes Atrium an.
Architekt Volker Hachenberger, Projektleiter des Kameha Grand im Büro Schommer: „Die Hotelarchitektur orientiert sich am städtebaulichen Entwurf. Hier im Bonner Bogen war maximale Transparenz auch von innen nach außen gefragt.“ Deshalb sei das Atrium mit Lobby, Bankett, Restaurant, Halle und Multimediasaal das Herzstück des Hauses geworden. In den angrenzenden Erdgeschossen der beiden Gebäudespangen sind Konferenzräume und Flächen für Events untergebracht.
Thomas Kasper vom für die Tragwerksplanung zuständigen Ingenieurbüro Vreden, Henneker + Partner: „Die flexible Nutzung im Erdgeschoss erforderte große Stützweiten. In den oberen Geschossen bestimmen dagegen die Raumgrößen der Hotelzimmer das Raster der Stützen. Diese Stützen durften aber nicht bis ins Erdgeschoss fortgeführt werden.“ Über zwei bis drei Geschosse reichende Wandscheiben statt Stützen hat man deshalb als statische Lösung für die oberen Etagen gewählt. Sogenannte Vierendeelträger steifen zusätzlich Teilbereiche der Fassade aus. Sie sind nach einem belgischen Ingenieur namens Vierendeel benannt und im Grunde biegesteife Fachwerkträger, nur ohne Druck- und Zugdiagonalen. Ihre Stützen und Riegel sind hier als biegesteifes System ausgeführt. Während sich die Tragfähigkeit eines Fachwerkträgers ausschließlich aus der Aufnahme von Zug- und Druckkräften ergibt, nimmt diese Konstruktion zusätzlich Biegekräfte auf.
Eine solche besondere Lösung war nicht nur wegen der Lastabtragung eines Schwimmbades in der dritten Etage erforderlich. Der Hotelstandort befindet sich in der Erdbebenzone II. Für die Aussteifung des Gebäudes waren nicht die Windlasten, sondern die stärkere Erdbebenbeanspruchung maßgebend. Aufgrund der leichten Tragstruktur in den Erdgeschossen mussten diese hohen Aussteifungslasten auf wenige tragende Elemente verteilt werden. Wulf Zillinger, Prüfingenieur für die Baustatik: „Diese Bemessung zu erstellen, war eine ganz besondere Herausforderung bei diesem Projekt.“
Transparente Lasten
Eine weitere statische Hürde stellte das große Glasdach dar. Diese Lasten sollten über Kragarme in die massive Gebäudekonstruktion eingeleitet werden. Am Anschlusspunkt des rund 28 Meter langen Stahldachbinders standen als Auflagerfläche lediglich 400 Millimeter zur Verfügung. Während sich nun die herstellungsbedingten Maßtoleranzen beim Stahl im Millimeterbereich bewegen, sind die Rohbautoleranzen wesentlich größer. Konkret waren an den Schnittstellen bis zu 30 Millimeter auszugleichen, was ein äußerst präzises Justieren beim Verbinden der Bauteile erforderte.
Rundumlösung mit Isokorb
Die Glasfassaden der beiden Längsseiten des Hotels treten etwa 1,30 Meter hinter die Außenkante der elliptisch geformten Betonbögen zurück. Man könnte ebenso sagen, das Gebäude besitze eine Rundumauskragung – oben und an den Seiten. Aufgrund der filigranen Fassade kam eine klassische Wärmedämmung nicht infrage. Zur Eliminierung der Wärmebrücke an der Schnittstelle zwischen innen und außen sind die Betonbauteile deshalb thermisch getrennt. Für solche Anwendungen hat sich der Isokorb von Schöck bewährt. Das Unternehmen stellt innovative Bauteile und -systeme für den Beton- und Mauerwerksbau her.
Für die architektonischen Anforderungen des Rundbogens in diesem Hotelbau konnten Standardprodukte nur bedingt eingesetzt werden. Normalerweise kragt ein Bauteil entweder nur senkrecht oder waagerecht aus, hier aber durch die elliptische Gebäudeform horizontal wie vertikal. Wie aber den Krümmungsradius gewährleisten? In gebogener Ausführung gibt es die Bauteile nicht. Die innovative Lösung bestand darin, den Bogen in viele Abschnitte aufzuteilen und je nach Kräften den passenden Isokorb einzusetzen. Aufgrund der zweiseitigen Beanspruchung im Rundbogen wurden Standardelemente Typ D zerschnitten und um 90 Grad wechselseitig gedreht eingebaut. Da unter dem gekrümmten Dachrand die Rettungswege verlaufen, wurde die Brandschutzklasse F90 verlangt. Diesen Schutz bieten Isokörbe mit den integrierten Brandschutzplatten automatisch. Darüber hinaus wurde vollständiger Brandschutz mit dem Einbringen von zusätzlichem Promat in den Keilen zwischen den Isokorbelementen erreicht.
Jörg Pfäffinger ist freiberuflicher Baufachjournalist in Tengen-Blumenfeld.