Susanne Ehrlinger
Hell- oder Dunkelgrau – lange Zeit unterschied sich der Farbton bei Sichtbeton lediglich durch die Wahl der Zementsorte oder der Zuschlagstoffe. Jetzt aber setzen Architekten bei Betonfassaden und Sichtbetonflächen in Innenräumen wie Treppen oder Säulen mehr und mehr auf Farbe. Dafür können die Oberflächen nicht nur lasiert oder beschichtet, sondern der Beton selbst kann durch Zugabe von Pigmenten durchgefärbt werden.
Deren präzise Beimischung während der Frischbetonherstellung und die Wahl spezifischer Zemente bringt farbige Betons von tiefem Schwarz über Anthrazit, Gelb-, Rot-, Braun- und Grüntöne bis zum strahlenden Weiß hervor, ohne den spezifischen Charakter der Betonbauweise aufzugeben. Der endgültige Farbton wird von verschiedenen Faktoren bestimmt. Das ist neben der Zementsorte und dem Zuschlagstoff unter anderem die Porigkeit des Betons und der Grad der Oberflächenglätte. Maßgebend ist außerdem, ob mit Transportbeton oder Betonfertigteilen gebaut werden soll und wie hoch die Saugfähigkeit der zum Betonieren verwendeten Schalung ist.
Variantenreiche Optik
Für die Farbgebung setzt man im Wesentlichen verschiedenfarbige Eisenoxide ein. Damit lassen sich rote oder gelbe sowie anthrazitfarbene bis schwarze Kolorite erzeugen. Mischungen diverser Pigmente ergeben Zwischentöne, etwa zartes bis dunkles Braun. Chromoxid wird für grüne, Kobaltblau für blaue Fassaden verwendet. Für sehr helle bis weiße Fassadenansichten erhalten Weißzementsorten durch Zugabe von Titandioxid ihre strahlend weiße Brillanz. Sie werden auch eingesetzt, wenn die Farbe nicht durch einen Grauton gedämpft werden soll. Für ein sattes Tiefschwarz wird vielfach Ruß als Pigment beigefügt, der allerdings unter Lichteinstrahlung tendenziell verblasst.
Die Hersteller geben in ihren Betonlaboren Auskunft, welche Farbtöne sich realisieren lassen. Ob der Wunsch realisiert werden kann, hängt nicht zuletzt auch von den Preisen ab. Während ein Kilogramm Eisenoxid drei bis vier Euro kostet, liegt Chromoxid bei 20 bis 25 Euro pro Kilogramm. Je nach Tagespreis muss man für Kobaltblau bis zu 50 Euro pro Kilogramm bezahlen. Um die gewünschte Farbsättigung und eine hohe Farbkonstanz zu erreichen, ist mit einem Pigmentanteil von etwa fünf Prozent des Zementanteils zu kalkulieren.
Durchgefärbter Sichtbeton unterliegt wie alle der Witterung ausgesetzten Bauteile der natürlichen Alterung. Auch das gilt es bei der Planung zu berücksichtigen. So entsteht auf unbehandeltem Beton im Lauf der Zeit eine Patina, die die Oberfläche lebendiger erscheinen lässt. Einige Architekten unterstützen diesen Effekt noch, indem sie auf jegliche betontechnologische oder konstruktive Maßnahmen verzichten. So werden zum Beispiel natürliche Ablagerungen gewünscht, die sich aber auch durch die Hydrophobierung der Oberfläche stark minimieren ließen. Für ein gleichbleibendes Erscheinungsbild eignen sich weiterhin unsichtbare Antigraffitisysteme. Farbintensität und Anmutung der Oberflächen lassen sich ferner durch Techniken wie das Polieren noch verstärken.
Farben festlegen
Der Architekt muss deshalb bereits bei der Ausschreibung festlegen, wie der farbige Sichtbeton aussehen soll. Ist ein gleichmäßiges Erscheinungsbild gewünscht oder ein Spektrum von Farbtönen? Je nach Wunsch kann die Oberfläche durch Stocken, Schleifen oder Feinwaschen bearbeitet werden. Brett- oder Strukturschalungen lassen später Licht- und Schattenspiele wirken und erzeugen den Eindruck hoher optischer Gleichmäßigkeit. Dagegen treten bei glatten Oberflächen und dunklen Betons eher Farbunterschiede auf. Dem kann durch eine genau abgestimmte sättigende Pigmentmenge entgegengewirkt werden.
Wie alle Zuschlagstoffe beeinflussen auch Pigmente die Festigkeit des Betons. Ihre Zugabe verlangt die Erhöhung des Wasserzementwerts, was wiederum die Betondichte beeinflusst. Generell sind die richtige Reihenfolge beim Mischen sowie die Durchmischung des Frischbetons wichtig. Um am Ende ein einheitliches Aussehen zu gewährleisten, ist im Vorfeld beim Hersteller sicherzustellen, dass die gewählten Zuschlagstoffkörnungen in ausreichender Menge vorrätig sind. Wird all dies berücksichtigt, kann man bei computergesteuerten Mischanlagen damit rechnen, dass jede Charge den gleichen Farbton besitzt.
Grundsätzlich wird bei Betonflächen, die normalen gestalterischen Anforderungen genügen sollen, also ab Sichtbetonklasse 2, die Herstellung von Musterflächen empfohlen. Sie lassen bereits im Vorfeld der Baumaßnahme erkennen, ob das reale Ergebnis der theoretisch im Leistungsverzeichnis beschriebenen Betonfläche entspricht. Jedes farbige Betonbauteil, für das die Planer bestimmte ästhetische Vorstellungen haben, sollte vorher mit einer Referenzfläche ausgeführt werden, die der Ausschreibung zugrunde liegt. Neben der Farbe müssen Architekten, wie bei allen anderen Sichtbetonflächen auch, den Schalungsmusterplan, das Raster der Schalungsanker und den Fugenverlauf festlegen.
Vor Überraschungen schützen
Trotz Bemusterung kann das Ergebnis aber von der Referenzfläche abweichen. Das liegt hauptsächlich an den unterschiedlichen Herstellungsbedingungen zwischen Musterfläche und Transportbeton. Zum Beispiel sind die Witterungsverhältnisse beim Bau unterschiedlich. Selbst bei gleicher Schalungsart sollten nicht neue und alte Tafeln zusammen für eine Fläche verwendet werden. Bei der Herstellung von Musterflächen wird das respektiert, auf der Baustelle dagegen oft nicht. Auch das Trennmittel ist zuvor zu prüfen. Es könnte ebenfalls Farbgebung und Porenbildung beeinflussen. Auf diese Feinheiten sollten neben dem ausführenden Unternehmen auch der Betontechnologe und der Architekt achten, damit es bei der Bauabnahme keine Überraschungen gibt. Gerade bei einem hohen gestalterischen Anspruch ist die enge Zusammenarbeit der am Bau Beteiligten unerlässlich.
Farbe auch bei vorgefertigten Elementen
Es gibt eine Reihe von Fertigteilwerken, die über eine weit entwickelte Betontechnologie verfügen und sich Know-how im Umgang mit Pigmenten angeeignet haben. Sie bieten eine überraschend große Vielfalt an einfarbigen oder auch marmorierten Fassaden- und Bauelementen an. Dennoch ist es auch bei Fertigteilen üblich, Musterflächen herzustellen. Ein Vorteil von Fertigteilen ist die witterungsunabhängige Produktion unter jeweils gleichen, trockenen Lagerbedingungen. Außerdem führt die liegende Herstellung – in der Regel mit selbstverdichtenden Betons – zu nahezu porenfreien und äußerst glatten Oberflächen. Homogene Farben, exakte Kanten und Rundungen sowie differenzierte Oberflächen sind durch die kontinuierliche Produktion in der Vorfertigung stets in gleichbleibender Qualität möglich.
Weitere Informationen: www.beton.org
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