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Zurück Serie Heiz- und Klimatechnik, Teil III

Coole Sache

Werden Büro– und Verwaltungsbauten gleich mit minimalen Kühllasten geplant, lässt sich der Restbedarf an Kühlung mit regenerativen Energien decken

31.05.201210 Min. Kommentar schreiben

Von Friedrich Sick, Alfred Kerschberger

Weitsichtiges Planen kann Klimatisierungs-Aufwand vermeiden: Denn werden die Kühllasten bereits im Zuge der Gebäudeplanung auf ein Minimum reduziert, lässt sich meist auf eine technische Gebäudekühlung gänzlich verzichten. Der Kühlbedarf wird maßgeblich durch interne Wärmequellen, wie Personen, Beleuchtung und Computer, sowie durch solare Strahlungsgewinne bestimmt. Die internen Quellen lassen sich durch effiziente Geräte und Leuchtmittel sowie durch intelligente Steuerungen reduzieren. Im Verwaltungsbau sind vor allem die Informations- und Kommunikations-Technologie sowie die künstliche Beleuchtung Hauptverursacher. Allein für diese Sektoren wurde 2010 ein Viertel allen Stroms in Deutschland verbraucht. Einsparpotenziale bieten hier unter anderem eine präsenz- und tageslichtabhängige Steuerung der künstlichen Beleuchtung oder besser noch eine blendfreie Lichtlenkung im Zusammenhang mit Sonnenschutz.

Der Kühlbedarf lässt sich auch senken, indem solare Wärmegewinne optimiert werden – und nicht maximiert. Die U-Werte auch der besten heute erhältlichen Fenster sind viermal höher als die der umgebenden Außenwand. Also sollten Verglasungsflächen nicht größer sein, als es für ihre Funktion als Lichtquelle erforderlich ist. Zwar bringt das weniger Wärmegewinn im Winter – aber dieser spart weniger Energie, als die zusätzliche Kühlung im Sommer erfordert. Denn es entstehen an heißen Tagen je nach Größe und Orientierung des Fensters leicht solare Leistungen bis zu einigen hundert Watt pro Quadratmeter Nutzfläche. Neben reduzierten Verglasungsflächen ist ein außen liegender beweglicher Sonnenschutz die wirkungsvollste Gegenmaßnahme. Um dennoch genügend Tageslicht hereinzulassen, empfiehlt sich ein System, das im oberen Fensterbereich eine Tageslichtumlenkung bis tief in den Raum hinein ermöglicht, während im unteren Bereich der Sonnenschutz aktiviert ist. Ein beweglicher, also steuerbarer und auch komplett aus der Fensteransicht wegfahrbarer Sonnenschutz hat zudem den großen Vorteil, dass er bei diffusem Licht den Raum nicht verschattet und das Tageslicht voll nutzt. Nur so werden in der kalten Jahreszeit Tageslichtnutzung und thermische Solargewinne optimiert.

Weiterhin lässt sich der Kühlbedarf durch eine große thermische Speichermasse senken, die dämpfend auf die Temperaturschwankungen zwischen Tag und Nacht wirkt. Der nach einer Bedarfsminimierung verbleibende Kühlbedarf kann mit nachhaltigen Konzepten und der Nutzung regenerativer Energien gedeckt werden.

Nachtauskühlung durch passive Lüftung

Das mitteleuropäische Klima bietet gute Voraussetzungen für die „passive“ Kühlung mit natürlicher oder mechanischer Lüftung, denn fast immer kühlen die Nächte auf unter 20 Grad Celsius ab. Wände, Decken und Böden, die Wärme tagsüber aufnehmen, geben sie nachts an die kühle, das Gebäude durchströmende Nachtluft wieder ab. Das erfordert neben massiven Bauteilen ein durchdachtes Lüftungskonzept mit einem mindestens drei- bis vierfachen Luftaustausch pro Stunde. Sehr gut geeignet ist die Querlüftung, bei der die Luft ohne nennenswerte Strömungswiderstände über Außen- und Innenöffnungen mit bis zu zehnfachen Luftwechseln durch das Gebäude strömt. Doch so reizvoll dieses „Nullenergie“-Kühlkonzept auf den ersten Blick erscheint, so hoch ist in der Praxis häufig der konstruktive Aufwand für sich automatisch öffnende, großformatige Außen- und Innenöffnungen, bei denen auch Anforderungen an Schallschutz, Brandschutz, Einbruchssicherheit und Witterungsschutz zu beachten sind. Aber gut funktionierende passive Nachtlüftungen sind sowohl hinsichtlich der Kühleffizienz als auch im Energieverbrauch einer aktiven, mechanischen Nachtlüftung überlegen.

Nachtauskühlung durch mechanische Lüftung

Die Nachtlüftungskühlung mit mechanischer Lüftung bietet im Gegensatz zur freien Lüftung konstante und planbare Luftwechsel. Weiterhin kann sie gut mit anderen Kühlanlagen wie einem Erdwärmetauscher kombiniert werden. Zusätzliche Fassaden- und Innenöffnungen sind nicht notwendig, falls ein Lüftungssystem sowieso vorhanden oder vorgesehen ist. Luftwechsel über 4 · 1/h sind meist nicht möglich, da der Ventilatorstromverbrauch sonst zu hoch wird. Aus diesem Grund sind auch möglichst geringe Druckverluste im Kanalnetz anzustreben. Also empfehlen sich bei Neuinstallation möglichst kurze Kanallängen mit großen Querschnitten; bei Bestandsanlagen empfiehlt sich zumindest die Beseitigung von Engstellen und vermeidbaren Strömungswiderständen. Eine wichtige Rolle spielt natürlich auch eine abgestimmte Regelung über den Tagesverlauf.

Feuchte Luft: schematische Darstellung der adiabaten Abluftkühlung

Adiabate Kühlung

Die adiabate Kühlung klimatisiert Räume durch Verdunstungskälte. Dadurch kann die Kühlwirkung einer Zu- und Abluftanlage mit Wärmerückgewinnung weiter erhöht werden: Es wird kontinuierlich Wasser in die Abluft gespritzt, das verdunstet und so der Abluft Wärme entzieht. Über den Wärmeübertrager kann diese Kühlung auf die Zuluft übertragen werden. Das Kühlpotenzial ist von der Luftfeuchte der Abluft abhängig, die sich aus der Zuluftfeuchtigkeit und der Feuchteproduktion im Innenraum ergibt. Abluft mit hohem Feuchtegehalt kann nur noch wenig Wasser aufnehmen, was die Kühlwirkung einschränkt. Eine gut ausgelegte Lüftungsanlage mit adiabater Kühlung kann bis zu 15 W/m² an Spitzenleistung erbringen. Ohne zusätzliche Kältemaschine sollte der Kühlbedarf jedoch nicht höher als 150 Wh/(m²*d) sein. Der Wasserverbrauch liegt, abhängig von der Auslegung und Effizienz der Anlage, bei 2,2 bis 2,6 l/kWh nutzbarer Kühlenergie. Die adiabate Kühlung für den zentralen Hörsaalbereich der Fachhochschule Bonn-Rhein-Sieg erbrachte eine durchschnittliche gemessene Leistungszahl von 5,1. Die Leistungszahl gibt an, wie viel Kilowatt Kälte pro Kilowatt eingesetzten Stroms erzeugt werden.

Erdwärmetauscher zur Kühlung

Luft-Erdwärmetauscher und Sole-Erdwärmetauscher eignen sich sowohl zur selbstständigen Kühlung der Raumluft als auch zur Kombination mit anderen Kühlsystemen wie Kühldecken oder Nachtkühlkonzepten. Teilweise gibt es Konkurrenzeffekte, zum Beispiel bei Kombination mit Lüftungswärmerückgewinnung, durch die sich die Einzelkonzepte in ihrer Effizienz gegenseitig abschwächen. Sinnvolles Einsatzfeld ist die Verbesserung des thermischen Komforts in Bürogebäuden mit geringem Kühlbedarf oder auch in Wohngebäuden. Hierbei werden nur geringe Luftwechsel im Bereich von 0,5 bis 1,0 ·1/h notwendig. Erdwärmetauscher eignen sich gut, um auf ein heißes Außenklima zu reagieren, denn mit zunehmender Temperaturdifferenz zwischen Erdreich und Außenluft nimmt die Kühlleistung überproportional zu. Aber auch eine hocheffiziente und gut dimensionierte Anlage liefert nur selten über 1,5 W/(m³·h), dies jedoch bei fantastischen Leistungszahlen von über 300 kWth/kWel.

Sobald größere innere Wärmelasten anfallen, sind auch größere Luftvolumenströme erforderlich. Bei konstantem Betrieb kann sich dann die Kühlkapazität des Erdreichs erschöpfen. Man wird in diesem Fall den Erd- beziehungsweise Zuluftkanal mit dem zur hygienischen Lüftung benötigten Luftvolumenstrom betreiben und über dieser „Basiskühlung“ eine regelbare Spitzenlastkühlung installieren, zum Beispiel mit statischen Kühlflächen. Erdwärmetauscher zur Kühlung sind jedoch vor allem dann wirtschaftlich, wenn durch ihren Einsatz auf eine Kompressionskältemaschine verzichtet werden kann. Dies bedingt allerdings Temperaturtoleranzen in der Nutzung. Eine exakte, zu jedem Zeitpunkt abrufbare Nutzleistung kann nicht garantiert werden.

Erdsonden zur Kühlung

Erdsonden sind nichts anderes als vertikale Sole-Erdwärmetauscher. Meist werden sie als Wärmequelle von Wärmepumpen eingesetzt. Im Sommer ist jedoch auch eine direkte Nutzung von Erdsonden zur Kühlung möglich, was auch als „Free Cooling“ bezeichnet wird. Im Gegensatz zum Luft-Erdwärmetauscher können mit der kühlen Sole auch statische Kühlflächen beschickt werden. Mit Kapillarrohrmatten in Wänden und Deckenputzen ist sogar eine Bauteilaktivierung möglich. Vorteil des Prinzips: Als Betriebsenergie wird nur der Umwälzpumpenstrom benötigt; lediglich zu Spitzenlastzeiten schaltet sich fallweise eine reversible Wärmepumpe oder eine Kompressionskältemaschine zu. Sinnvoll ist es, die Erdsonden im Winter zum Heizen (über Wärmepumpen) und im Sommer zum Kühlen zu verwenden. Dann kann sich das Erdreich sehr gut saisonal regenerieren und ein höherer jährlicher Kälte- beziehungsweise Wärmeentzug wird möglich. Da die Sonden sich gegenseitig beeinflussen, sollte ihr Abstand mindestens zehn Prozent der Sondentiefe betragen. Insgesamt gilt für Erdsonden Ähnliches wie für die horizontalen Erdwärmetauscher. Im Neubau lässt sich diese Technik sehr viel leichter umsetzen, da Erdsonden dann auch direkt unter dem Gebäude platziert werden können und sowieso Erdarbeiten anfallen. Wirtschaftlich optimale Projekte für diese Technologie sind Neubauten, für die aus statischen Gründen Pfahlgründungen notwendig sind, in denen die soleführenden Rohrschlangen verlegt werden können. Aber auch bei Niedrigenergie-Sanierungen mit genügend Grundstücksfläche um das Gebäude können sich Erdsonden lohnen. Wegen des geringen Kälte- und Wärmebedarfs sind dann weniger Sonden nötig.

Solare Kühlung

Solarbetriebene Kühlungen befinden sich noch im Experimentier-Stadium. In Europa waren bis Ende 2010 erst 400 Anlagen installiert. Ihr Prinzip: Wenn im Sommer der Kühlbedarf am höchsten ist, ist auch die Sonnenstrahlung am effektivsten nutzbar. Thermisch betriebene Kältekreisläufe beruhen auf der Sorption: Ein flüssiger oder gasförmiger Stoff wird entweder an einer festen, porösen Oberfläche angelagert (Adsorption) oder von einem Feststoff aufgenommen (Absorption). Die thermische Antriebsenergie wird bei der „solaren Kühlung“ von Kollektoren bereitgestellt. Damit lässt sich die Kühlung zu über 95 Prozent mit Sonnenenergie betreiben.

Da Adsorptionskältemaschinen bisher kaum eingesetzt werden, werden hier nur die gängigeren Absorptionskältemaschinen angesprochen. Bis vor wenigen Jahren wurden nur Großanlagen angeboten, in jüngster Zeit aber auch Kleinanlagen im Bereich von 5 bis 100 Kilowatt Kälteleistung. Schüco bietet zum Beispiel ein Komplettset eines solaren Kühlsystems im Leistungsbereich von unter 50 Kilowatt an, das sich für kleinere und mittlere Gebäude eignet. Nach Aussage von Experten kostet eine Kilowattstunde solare Kälte derzeit 24 bis 30 Cent, also rund doppelt so viel wie die konventionell erzeugte. Die Investitionskosten liegen im Allgemeinen beim Doppelten bis Dreifachen von üblichen Kompressionskälteanlagen.

Im Gegensatz zu den obigen geschlossenen Verfahren, die letztlich kaltes Wasser erzeugen, werden sorptionsgestützte Klimaanlagen (SGK) zur Luftkühlung und gegebenenfalls -entfeuchtung eingesetzt. Das Verfahren ist auch unter seiner englischen Bezeichnung Desiccant Evaporative Cooling (DEC) bekannt. Zu unterscheiden sind Anlagen mit festen und flüssigen Sorbenzien. Feste Sorbenzien sind die Standardlösung; sie werden von unterschiedlichen Herstellern angeboten. Mit flüssigen Sorbenzien ist ein Produkt von Menerga seit 2007 auf dem Markt. Ein Kühlturm wie bei den „geschlossenen“ Absorptions- und Adsorptionsanlagen ist bei DEC-Anlagen nicht erforderlich.

Sondernutzungen mit hohem Kühlbedarf

Büro- und Verwaltungsgebäude verfügen oft über Bereiche mit ungewöhnlich hohen Kühllasten und zum Teil engen Temperaturtoleranz-Bereichen, zum Beispiel Serverräume. Auf das Gesamtgebäude umgerechnet, sind ihre Kühllasten jedoch relativ klein. Sie lassen sich am effektivsten mit dezentralen Kompressionskältemaschinen decken. Verwendet man für den Antrieb Eigenstrom, wie aus einer gebäudeintegrierten PV-Anlage, oder „grünen“ Strom aus dem Netz, können auch diese zur (indirekten) Nutzung regenerativer Energien gezählt werden.

 

Friedrich Sick ist Professor für regenerative Energiesysteme an der HTW Berlin. Alfred Kerschberger ist Geschäftsführer von RK-Stuttgart Architektur und Energy Design.


Buch-Tipp

Alfred Kerschberger (Hg.)

Energieeffizientes Bauen im Bestand


Das Buch „Energieeffizientes Bauen im Bestand“ beschreibt neben den bau- und anlagentechnischen Bereichen den gesamten Planungsprozess: von Planungswerkzeugen zur Simulation über Wirtschaftlichkeitsbetrachtungen bis hin zur Bewertung energetischer Standards und Zertifizierungsmethoden. Der obige Text enthält einzelne, stark verkürzte Aspekte aus dem Buchkapitel „Bausteine für energieeffiziente Sanierungskonzepte“. VDE Verlag, gebundene Ausgabe, 288 Seiten, 59 Euro

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