Text: Uwe Wild
Der Bodenbelag eines Badezimmers einschließlich der bodengleichen Dusche besteht aus ein Zentimeter dicken und 61 mal 30,5 Zentimeter großen polierten Natursteinfliesen mit der Handelsbezeichnung „Giallo California“. Sie wurden im Dünnbettverfahren nach DIN 18 157-1: 1979-07, „Ausführung keramischer Bekleidungen im Dünnbettverfahren – hydraulisch erhärtende Dünnbettmörtel“, verlegt. Vorhanden war eine Verbundabdichtung aus Kunststoffdispersion nach ZDB-Merkblatt „Verbundabdichtungen – Hinweise für die Ausführung von flüssig zu verarbeitenden Verbundabdichtungen mit Bekleidungen und Belägen aus Fliesen und Platten für den Innen- und Außenbereich“, herausgegeben vom Fachverband Fliesen und Naturstein, Ausgabe 2012-08. Die Dusche besitzt eine seitliche Glasabtrennung; nach vorn ist sie offen.
Die Auswahl des Natursteins erfolgte gemeinsam durch den Bauherrn und den Planer nach Bemusterung beim Fliesenhändler. Ein spezieller Bodenablauf war nicht ausgeschrieben. Der Installationsbetrieb machte hierzu Vorschläge. Der Bauherr wählte eine Duschrinne aus Edelstahl nach rein ästhetischen Kriterien. Sie wurde unmittelbar vor der Wand angeordnet. Das Gefälle innerhalb der Dusche zur Rinne betrug etwa ein Prozent. Die Duschrinne besaß einen umlaufenden Metalldichtflansch, auf dem eine Dichtmanschette aufgebracht und mit der Abdichtung verbunden war. Bereits nach kurzer Zeit traten vor der Duschrinne auf einer etwa 70 mal 80 Zentimeter großen Fläche sowie außerhalb der Glasabtrennung in einem circa 30 mal fünf Zentimeter großen Bereich Verfärbungen am Naturstein auf.
Feuchtigkeit im Kleberbett
Die Verfärbungen im Naturstein sind auf Feuchtigkeit zurückzuführen, die über die Fugen in das Kleberbett eindringt und in der Abdichtungsebene nicht in die Duschrinne abgeleitet wird. Das Wasser sammelt sich am tiefsten Punkt vor dem Bodenablauf, gelangt auf dem Kapillarweg allmählich an die Oberfläche des Natursteins und verdunstet dort. Der erhöhte Feuchtigkeitsgehalt im Fliesenkleber und im Naturstein bewirkt letztlich das dunklere Erscheinungsbild. Das Wasserdepot konnte sich jedoch nur aufgrund einer nicht geeigneten Duschrinne ohne Sickerwasseröffnungen bilden. Sie besaß eine rundum geschlossene Aufkantung, die bis zur Oberkante des Bodenbelags reichte. Diese Ausführungsart entspricht nicht den Empfehlungen des ZDB-Leitfadens „Hinweise für die Planung und Ausführung von Abläufen und Rinnen in Verbindung mit Abdichtungen im Verbund (AIV)“, herausgegeben vom Fachverband Fliesen und Naturstein, Ausgabe 2012-08. Danach ist „… eine Sickerwassereinleitung zur Vermeidung von Staunässe und Ausblühungen zu bevorzugen“.
Außerdem wurde der Metalldichtflansch der Rinne entfernt oder eingeschnitten, da der Einbau direkt vor den drei aufgehenden Wänden sonst gar nicht möglich gewesen wäre. Nach Angabe des Herstellers dieser Rinne ist ein Einbau unmittelbar vor der Wand nur dann möglich, wenn der hintere Längsflansch an der vorbereiteten Biegekante nach oben gebogen wird. Jedoch ist ein gleichzeitiges Hochbiegen der stirnseitigen Flanschseiten ohne Veränderungen des Edelstahlflansches gar nicht möglich. Auch deshalb war die gewählte Duschrinne für diese Einbausituation ungeeignet.
Die Duschrinne gehörte zwar nicht zum Leistungsbereich des Fliesenlegers. Er hätte aber vor Beginn der Abdichtungsarbeiten und der Natursteinverlegung ohne Weiteres erkennen können, dass aufgrund der fehlenden Sickerwasseröffnungen und des „angepassten“ Edelstahldichtflansches das Wasser auf der Verbundabdichtung nicht in die Duschrinne ablaufen kann. Der verwendete Naturstein hat ein ausgeprägtes Kapillarsystem, weshalb bei der Prüfung des Verlegeuntergrundes die Entwässerungsmöglichkeit der Verbundabdichtung unbedingt zu beachten ist. Nach ATV DIN 18352: 2012-09, „Fliesen und Plattenarbeiten“, hat der Fliesenleger deshalb eine Hinweispflicht gegenüber dem Bauherrn. Er meldete jedoch keine Bedenken schriftlich an.
Eine weitere Ursache für die Fleckenbildung war die natürliche Wasseraufnahme des Natursteins über das Kapillarsystem. „Giallo California“ muss an der Unterseite gespachtelt werden, um dies zu vermeiden.
Insgesamt hätte der Schaden verhindert werden können, wenn die Festlegung des Abdichtungssystems und der Duschrinne untereinander sowie auf die örtlichen Gegebenheiten vom Planer abgestimmt worden wäre. Demnach handelt es sich hier um einen Planungsfehler. Da vom Fliesenleger keine Bedenken angemeldet wurden, liegt aus technischer Sicht auch ein Verstoß gegen die Hinweispflicht vor. Der Schaden ist nur durch kompletten Rückbau und Neuverlegung zu beheben – geschätzte Kosten: etwa 10.000 Euro brutto. Ein partieller Fliesenaustausch kommt nicht in Betracht, da die Verbundabdichtung beim Rückbau der Rinne zerstört wird und sich Farbunterschiede beim Naturstein nicht ausschließen lassen.
Zusammenspiel prüfen, Schnittstelle koordinieren
Ein zugelassenes Abdichtungssystem mit Verwendbarkeitsnachweis gemäß ETAG 022 T1 umfasst den Abdichtungsstoff, die Dichtbänder und -ecken sowie die Manschetten für die Rohrdurchführungen. Die Duschrinne gehört als separates Bauteil nicht dazu, ist jedoch ein wesentlicher Bestandteil der Dichtungsebene. Daher muss der Planer bei bodengleichen Duschen das Zusammenspiel von Abdichtungssystem, Einlaufrinne und örtlichen Gegebenheiten sorgfältig prüfen und ein detailliertes Abdichtungskonzept aufstellen. Des Weiteren muss er bei Planung und Bauüberwachung die Schnittstelle zwischen Installateur, Estrichleger und Fliesenleger koordinieren. Bei Abdichtungsarbeiten bestehen aus technischer Sicht erhöhte Sorgfaltspflichten.
Wichtig ist auch der Anschluss der Verbundabdichtung an die Duschrinne. Zur Minimierung von Risiken haben einige Hersteller Allianz-Partnerschaften gegründet und bieten Produkt- und Aufbauempfehlungen für Kombinationen von Rinnen und Abdichtungssystem an. Da bei Duschrinnen ohne werkseitig verklebte Dichtmanschette die Schenkel des Edelstahl-Dichtflansches nach ZDB-Leitfaden „… Abläufe und Rinnen …“ mindestens 30 Millimeter bei Klebeflanschen und 50 Millimeter bei Klemmflanschen breit sein müssen, ergibt sich zwangsläufig ein Abstand zur Wand.
Soll die Duschrinne dennoch möglichst nah an der Wand positioniert werden, empfehlen sich Rinnen mit werkseitig auf dem Metalldichtflansch aufgebrachter Dichtmanschette. Hier sind die Schenkel des Dichtflansches kleiner und flexibler, was die Anpassung an die geometrischen Gegebenheiten erleichtert. Dabei sind jedoch immer die Einbauvorschriften der Rinnenhersteller – und hier besonders die Mindestabstände zu den aufgehenden Wänden – zu beachten. Wasser, das auf die Verbundabdichtung gelangt, muss am Tiefpunkt der Abdichtung rückstaufrei in die Entwässerungsrinne abgeleitet werden. Um Staunässe vor der Einlaufrinne zu vermeiden, darf der Edelstahlflansch nicht stufenförmig über dem Estrich hochstehen und die Rinne muss über Sickerwasseröffnungen verfügen. Das Gefälle ist bereits unterhalb der Verbundabdichtung anzulegen und muss je nach Rauigkeit der Belagoberfläche mindestens ein bis zwei Prozent betragen. Außerdem ist nach DIN 18 175-1 in Nassbereichen eine weitestgehend vollflächige Fliesenverlegung durch Anwendung des kombinierten Verfahrens gemäß Punkt 7.3.3 anzustreben. Beim kombinierten Verfahren wird der Dünnbettmörtel sowohl auf die Fliesenrückseite als auch auf die Verlegefläche aufgetragen.
Der Planer sollte nur Natursteine mit einer geringen kapillaren Wasseraufnahme ausschreiben. Bei besonders kapillaraktiven Natursteinen kann der Kapillarweg durch Abspachteln der Fliesenrückseiten sowie der Seitenflächen mit Epoxidharz unterbrochen werden. Des Weiteren sollten möglichst große Formate mit geringem Fugenanteil gewählt werden.
Uwe Wild ist Sachverständiger für das Fliesen-, Platten- und Mosaiklegerhandwerk und Estrichlegerhandwerk in Brandis bei Leipzig.
Fachliteratur:
Weber, Jürgen / Hafkesbrink, Volker / Hecht, Clemens / Kühne, Ulrich / Wild, Uwe: „Bauwerksabdichtung in der Altbausanierung – Verfahren und juristische Betrachtungsweise“, 3. Auflage 2012, Verlag Springer Vieweg, Wiesbaden
Wild, Uwe (Fachaufsatz): „Feuchteschutz durch Abdichtungen im Verbund mit Fliesen und Platten (AIV)“ in: „Der Bausachverständige“, Februar 2012
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Ich würde zu gerne wissen, was die Gutachterkollegen und die Handwerksmeister zu diesem Artikel sagen.
Und ob die Schadensbehebung tatsächlich erfolgreich war…