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Zurück Glas im Innenraum

Dünn und Schlau

Für Glas bieten sich in Innenräumen neue Möglichkeiten. Was technisch schon lange möglich ist, wird nun bezahlbar – und damit reif für den Alltag.

01.10.20184 Min. Kommentar schreiben

Von Lars Klaaßen

Im Oktober werden auf der „Glasstec“ in Düsseldorf zwei Themen eine wichtige Rolle spielen, die sich als Pendant zu „Laurel und Hardy“ titulieren lassen: „Dünn und Schlau“ stehen auf dem Programm. Als Produkte sind weder das Dünn- noch das Smart-Glas neu. Bei beiden zeichnen sich allerdings breitere Einsatzmöglichkeiten ab, vor allem für Innenräume. Die bislang am weitesten verbreitete Anwendung von sogenanntem intelligenten Glas, ist der Wechsel von Transparenz und Transluzenz. Besonders in Besprechungsräumen mit gläserner Abtrennung zu den benachbarten Bürozonen, aber zunehmend auch zwischen Schlaf- und Badebereichen in Hotelzimmern, lassen sich durchsichtige Wände  bei Bedarf blickdicht schalten – und umgekehrt. „Insbesondere in Verbindung mit LED und OLED gehen die Möglichkeiten aber weit über solche Einsätze hinaus“, sagt Peter Platz, Geschäftsführer des gleichnamigen Spezialglas-Herstellers in Wiehl-Bomig bei Köln. LED sind sehr dünn, in der Regel 0,7 bis 1,8 Millimeter. Da sie nur gut 30 Grad warm werden, ist eine Kühlung nicht nötig. Damit ermöglichen LED auch Anwendungen mit Materialien, die bislang in Verbindung mit Licht nicht genutzt werden konnten. „In den vergangenen Jahren ist der Aufwand, einzelne Pixel separat anzusteuern, dank technischer Innovationen Schritt für Schritt überschaubarer geworden“, berichtet Platz. Dadurch seien Kosten gesunken und Lieferzeiten kürzer geworden.

Was man aus Science-Fiction-Filmen schon seit längerem kennt, könnte in den kommenden Jahren also auch in Büros, Wohnungen und Hotelzimmern Einzug halten: Transparente Wände oder Spiegel, auf denen wir Nachrichten empfangen oder den Wetterbericht gucken können. Eine solche Wand hat Peter Platz Spezialglas in Südkorea gebaut: Die Medienbalustrade zeigt die aktuelle Uhrzeit an, Wetterinformationen sowie graphische Kunstwerke. „Das Highlight bildet ein aus LED dargestellter realistischer Wasserfall“, erläutert Platz. Die Wand besteht aus 30 gehärteten, 18 Millimeter dicken „powerglass“-Scheiben und 34.720 einzeln ansteuerbaren, weißen LED. Integrierte Bewegungsmelder ermöglichen Interaktionen mit den Nutzern. „Es ist absehbar, dass sich im Bereich Smart Glas Industriestandards durchsetzen, die Produktion und Einbau noch kostengünstiger machen und somit auch unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten größere Stückzahlen ermöglichen“, sagt Platz. Er prognostiziert: „In Einkaufszentren und auf Flughäfen werden wir diese Art von Medienwänden künftig häufiger sehen – und neue Einsatzmöglichkeiten dafür entdecken.“

Technologie seit Jahrzehnten bekannt

In der Elbphilharmonie hat Schott das Zusammenspiel von Glas und Medien auf eine ganz eigene Art gelöst. Erik Richter, Global Product Manager des Unternehmens, berichtet: „Unsere Aufgabe bestand darin, eine kreative Gestaltung und Platzierung von TV-Displays im ganzen Haus zu entwickeln, die sowohl als Informationsdisplays als auch als dekoratives, extravagantes Gestaltungselement dienen sollten.“ Die Lösung heißt: „Mirona“. Und sie sieht so aus: Herrscht hinter der Spezialglasscheibe Dunkelheit, fungiert sie als Spiegel. Herrscht Licht, wandelt die Oberfläche sich zum transparenten Fenster. Anders als bei schaltbaren Gläsern liegt der Effekt einzig in der Charakteristik der Beschichtung. Ausschlaggebend ist dabei die Helligkeit hinter der Scheibe. Eine ähnliche Breite von neuen Einsatzmöglichkeiten wie bei Smart-Glas sieht Richter im Bereich Dünn-Glas: „Die grundsätzliche Technologie ist zwar schon seit mehreren Jahrzehnten bekannt, aber durch verstärkten Einsatz in der Unterhaltungselektronik und zunehmend im Automobilbau hat die Entwicklung in den vergangenen Jahren große Fortschritte gemacht.“

Inzwischen ermöglichen spezielle Produktionsverfahren „Glasfolien“, die mit 0,025 Millimeter dünner sind als ein menschliches Haar. „Mit unserer firmeneigenen Down-Draw-Technologie können wir aus einem zuverlässigen Massenherstellungsprozess heraus ultradünnes Glas mit engsten geometrischen Toleranzen an unterschiedliche Industrien liefern“, betont Richter. „Wie der Name schon andeutet, sind bei Dünn-Glas klare statische Grenzen gesetzt, was das Material vor allem für den Einsatz im Innenbereich prädestiniert.“ Seine Vorteile: Es ist kratz- und feuerfest, chemisch äußerst resistent und lässt sich leicht reinigen. Seine kühle Haptik übt  einen besonderen ästhetischen Charme aus. „Insbesondere in Verbindung mit Metall und Holz kann Dün-Glas spannende Effekte erzielen“, sagt Richter. Die größere Verfügbarkeit bietet mittlerweile die Möglichkeit, das Material in größerer Vielfalt einzusetzen. „Ich bin auf die kreativen Ideen der Designer und Architekten gespannt“, freut sich Richter.

Lars Klaaßen ist freiberuflicher Journalist in Berlin.


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