Verbunddecken aus Brettschichtholz und Beton sind leicht und ermöglichen es, große Spannweiten zu überbrücken. Damit ist die Konstruktion für das Bauen im Bestand prädestiniert.
Bei Aufstockungen und oft auch bei Umbauten erhöhen sich die statischen Belastungen auf das Bestandsgebäude. Sofern das Tragwerk und die Fundamente die zusätzlichen Lasten nicht aufnehmen können, muss die Konstruktion ertüchtigt werden. Besonders bei einem während der Bauarbeiten weiterhin genutzten Gebäude, ist das in Regel mit einem größeren Aufwand verbunden. Um die statische Ertüchtigung auf ein Minimum zu reduzieren, sollte die neu einzubauende Konstruktion leicht sein und es sollten nur die Bauteile einbezogen werden, die die Zusatzlasten auch aufnehmen können.
Um das Gewicht der Konstruktion zu reduzieren kann bekanntlich die Holzbauweise gewählt werden. Will man aber nur ausgewählte Bestandsbauteile belasten, kann das für neu einzubauende Decken zu erheblichen Spannweiten führen. Eine Möglichkeit hohe Spannweiten mit einer leichten und dennoch schlanken Deckenkonstruktion zu überbrücken, ist der Einsatz von Holzbeton-Verbunddecken (HBV-Decke).
Bei einer HBV-Decke wird auf einer Holzbalkenlage mit oberseitiger Schalung, oder auf einer Massivholzdecke (Kreuzlagenholz oder Brettschichtholz) eine Betonplatte aufgebracht und die beiden Baustoffe werden durch Verbindungsmittel derart verbunden, dass sie sich möglichst wenig gegeneinander verschieben können. Das führt dazu, dass beide Bauteile die Belastung gemeinsam – im Verbund – übernehmen. So können die Vorteile beider Baustoffe optimal genutzt werden:
Holz ist sehr leicht und elastisch, aber dennoch ebenso tragfähig wie Beton, und
der Beton ist tragfähig, schwer und steif.
Durch den Betonanteil in der Decke neigt diese also trotz hoher Spannweite nicht so schnell zu unangenehmen Schwingungen. Außerdem werden die Schallschutzeigenschaften optimiert und die Durchbiegung reduziert. Der Holzanteil hingegen sorgt dafür, dass die Decke bei hoher Tragfähigkeit leicht bleibt. Auch muss die Decke während des Betonierens nicht zusätzlich unterstützt werden, wenn der Holzquerschnitt durch den Tragwerksplaner entsprechend bemessen wurde.
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Kostenfaktor Verbindungsmittel
Entscheidend für das Zusammenwirken der Baustoffe sowie für die Kosten der Decke ist die Auswahl der Verbindungsmittel, die Holz und Beton zusammenfügen. Sie sollten steif und tragfähig sein, damit sich die beiden Baustoffe wenig gegeneinander verschieben und sich möglichst wie ein monolithischer Baukörper verhalten. Weiterhin sollten die Verbindungsmittel kostengünstig sein und mit wenig Arbeitsaufwand eingebaut werden können. Als Verbindungsmittel können unter anderem Schrauben oder in das Holz eingeklebte und in den Beton einbetonierte Streckmetallstreifen (sogenannte HBV-Schubverbinder) oder auch in das Holz eingefräste Kerven oder Nocken sein. Die Wahl der Verbindungsmittel ist ein wichtiger Faktor dafür, ob sich die HBV-Decke gegen alternative Konstruktionsarten durchsetzt und überhaupt zum Einsatz kommt. Eine Brettschichtholz-Massivdecke mit eingefrästen Kerven und oberseitiger Betonschicht ist bezüglich der Kosten, der Tragfähigkeit und der erforderlichen Konstruktionshöhe ein optimierter Deckenaufbau.
Die Kerven werden dabei jeweils an den Enden der Massivholzelemente – also im Bereich der Auflager – durchgängig über die ganze Deckenbreite in das Holz eingefräst. Dies geschieht bereits im Herstellerwerk mit dem Roboter ohne zeitaufwendigen Arbeitseinsatz. Auf der Baustelle läuft dann der Ortbeton in die Kerven und verzahnt sich mit dem Holz, sodass eine formschlüssige sehr steife und tragfähige Verbindung entsteht. Aus statischen Gründen sind außer der Kerve keine weiteren Verbindungsmittel notwendig. Konstruktiv werden zur Sicherung gegen das Abheben der Betonplatte von den Holzelementen dennoch Schrauben eingebaut.
Brandschutz
Die Brettschichtholz-Massivdecke hat zudem ein vorteilhaftes Brandverhalten. Aufgrund der flächig ebenen Untersicht gibt es keine exponierten Querschnittsbereiche, wie etwa die Außenecken eines Holzbalkens, wo es unter anderem aufgrund mehrseitiger Brandbeanspruchung zu Temperaturspitzen kommen kann. Die Unterseite der Brettschichtholz-Massivdecke kann daher wohlmöglich ohne Querschnittserhöhung unbekleidet belassen werden, selbst wenn die HBV-Decke der Feuerwiderstandsklasse F60 genügen muss. Allerdings sollte dann ein Brandschutzsachverständiger hinzugezogen werden, da sich durch das unbekleidete Holz die Brandlast in der Nutzungseinheit erhöht.
Bauaufsichtliche Zulassungen
Decken aus Holz wie auch aus Beton lassen sich bekanntlich nach den entsprechenden DIN bemessen. Für einige Verbindungsmittel, wie für Schrauben und HBV-Schubverbinder liegen allgemein bauaufsichtliche Zulassungen vor. Für die Bemessung der Kerve als Verbindungsmittel liegt weder eine technische Baubestimmung noch eine technische Leitlinie vor, was zur Folge hat, dass für eine HBV-Decke mit Kerven als Verbindungsmittel von der Bauaufsichtsbehörde eine Zustimmung im Einzelfall erteilt werden muss.
Die Zustimmung im Einzelfall wird allerdings nicht notwendig, wenn die Tragfähigkeit der Decke bereits allein durch den Holzquerschnitt erbracht wird. Die gesamte HBV-Decke inklusive der Kerve ist dann nur noch für die Einhaltung der Gebrauchstauglichkeit – also für die Einhaltung der Anforderungen an die Schwingungs- und Verformungsbeschränkung – notwendig. Da die Einhaltung der Gebrauchstauglichkeit gerade bei Decken in Holzbauweise sowieso oftmals für die Bemessung relevant ist, kann also der erforderliche Holzquerschnitt, sofern er nur die Tragfähigkeit sicherstellen soll, stark reduziert werden.
BSH-Massivholzplatte mit eingefrästen Kerven vor der Betonage
Beispiel einer Sanierung
Im Zuge der Sanierung und dem Umbau eines denkmalgeschützten Unterrichtsgebäudes einer Privatschule wurde das Steildach sowie die Holzbalkendecke über den Klassenräumen abgebrochen und in Holzbauweise neu aufgebaut. Die Spannweite der Decke beträgt 7,80 Meter – ist also für Holzbaudecken sehr hoch. Die Decke liegt unter anderem auf bestehenden Fachwerkwänden auf, welche statisch nicht ertüchtigt werden sollten. Man entschied sich deshalb für eine HBV-Decke aus Brettschichtholzelementen mit eingefrästen Kerven und einer Betonschicht. Die Deckenstärke beträgt 28 Zentimeter. Eine Zulassung im Einzelfall wurde nicht notwendig, weil die Tragfähigkeit alleine durch den Holzquerschnitt sichergestellt werden konnte. Nach Auskunft des Architekten belaufen sich die Kosten für die Rohdecke auf 200 Euro pro Quadratmeter (netto).
Dipl.-Ing. Meinhard Dultz ist bei KFP Ingenieure – Kusserow, Frenzel und Partner in Buxtehude tätig.
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