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Energieeffizienz durch Gebäudeautomation

Durch Gebäudeautomation (GA) lässt sich der Energieverbrauch von Gebäuden erheblich senken. Deshalb wurden GA-Effizienzklassen eingeführt. Allerdings bleibt die Realisierung unübersichtlich

30.09.20136 Min. Kommentar schreiben

Text: Achim Heidemann

Die grundlegende Entscheidung für die Energieverluste eines Gebäudes wird in der Planungs- und Bauphase durch die Auswahl und Verabreitung von Baumaterialien und Anlagentechnik getroffen. Wie viel Energie ein Gebäude während der Nutzung aber tatsächlich verbraucht, hängt ausschließlich vom Nutzerverhalten und der verfügbaren Automatisierungstechnik ab. Die Funktionen der Gebäudeautomation einschließlich der Raumautomation (RA) bieten neben dem Nutzerverhalten die einzige Möglichkeit, den tatsächlichen Energieverbrauch eines Gebäudes zu beeinflussen.

Damit kommt der Automatisierungstechnik die wichtigste Rolle für den Energieverbrauch von Gebäuden zu. Diese Wichtigkeit spiegelt sich auch in den normativen Vorgaben über den zulässigen Energieverbrauch von Gebäuden wieder. Mit der Einführung der Europannorm EN 15232 „Energy performance of buildings – Impact of Building Automation, Controls and Building Management“ durch das Europäische Komitee für Normung (CEN), Deutsche Fassung DIN EN 15232 „Energieeffizienz von Gebäuden – Einfluss von Gebäudeautomation und Gebäudemanagement“ im Juli 2007 gilt eine Einteilung von Gebäuden in Energieeffizienzklassen, die durch den Automationsgrad bestimmt werden.

Dabei werden, getrennt für Wohn- und Nichtwohngebäude, die für die Energieeffizienz maßgeblichen Gebäudeautomationsfunktionen (Raum- und Anlagenautomationsfunktionen, sowie deren Zusammenwirken) definiert und den vier GA-Effizienzklassen zugeordnet. Diese sind vergleichbar mit den Energieeffizienzlabeln, wie sie von Hausgeräten her bekannt sind.

Die vier GA-Effizienzklassen werden wie folgt unterschieden:
• GA-Effizienzklasse D: nicht energieeffiziente GA-Systeme
• GA-Effizienzklasse C: Standard – GA-Systeme
• GA-Effizienzklasse B: Weiterentwickelte GA-Systeme
• GA-Effizienzklasse A: Hoch energieeffiziente GA-Systeme

Die GA-Effizienzklasse D ist bereits für heutige Neubauten in der EU nicht mehr zulässig. GA-Effizienzklasse C entspricht dem heute in der Regel üblichen Neubaustandard. Im Vergleich mit den heute etablierten Standards bei Hausgeräten von A (eher sogar A+, A++ usw.) ergibt sich ein erhebliches Optimierungspotenzial bei Nachhaltigkeit und Nutzungskosten, dass durch energieeffiziente Gebäudeautomation erschlossen werden kann.

Eine von der Hochschule Biberach durchgeführte Studie aus dem Jahr 2007 zu Energieeinsparpotenzialen durch zeitgemäße Gebäudeautomation zeigte Energieeinsparpotenziale in Höhe von bis zu 60 Prozent durch Funktionen der Raumautomation auf. Die Investition in Automatisierungstechnik „rechnet“ sich damit innerhalb kurzer Zeit.

Stand der Entwicklung

Schaut man sich jedoch Bauprojekte an, so ist mit Erstaunen festzustellen, dass der Automation von Gebäuden kaum Beachtung geschenkt wird. Nur ein geringer Teil der durch Automation möglichen Einsparungen wird bei heutigen Bauprojekten realisiert. Dabei hat die Automatisierungstechnik in vielen anderen Branchen eine führende Position eingenommen. Maßgeblich dafür war die wirtschaftliche Verfügbarkeit entsprechender Systeme, die durch die Entwicklungen der Halbleitertechnik (Mikroprozessortechnologie, Speichertechnologie) möglich wurde. Auch ließe sich beispielsweise heute ohne ein automatisiertes Office mit PC, Servern und Internet keine Wertschöpfung mehr erzielen.

In Bauprozessen nimmt die Automatisierungstechnik jedoch immer noch eine Nebenrolle ein. Dabei begann die Automation von Gebäuden bereits Anfang der 1980er Jahre bei der Heizungs-, Lüftungs- und Klimatechnik (HLK). Da in den Reihen der HLK-Planer aber kaum Know-how über Automatisierungstechnik verfügbar war (und von der Ausbildung her auch nicht angelegt war), ließen sich die etablierten HLK-Planungsbüros von den Firmen der Automatisierungstechnik „beraten“ und konnten so Ihr Leistungsportfolio (und auch Ihr Honorar) um den Anteil der Automatisierungstechnik erweitern, ohne selbst Know-how aufbauen zu müssen. Diese Situation hat sich bis heute in vielen HLK-Planungsbüros nicht verändert. Aber aus dieser Situation heraus sind auch erste Planungsbüros entstanden, die sich auf die Automation von HLK-Systemen spezialisierten, allerdings in der Regel auf Basis selbst angeeigneten Wissens.

Mitte der 1990er Jahre wurden auch die Elektroplaner mit Automationslösungen konfrontiert. Unter dem Begriff Gebäudesystemtechnik (Bustechnik) wurden durch führende Hersteller Lösungen zur Marktreife gebracht, die über die Elektroinstallationsfirmen etabliert werden sollten. Auch dieses Projekt ist bis heute nicht abgeschlossen, da es auch bei den meisten Elektroplanern und –installationsfirmen an erforderlichem systemischen Know-how fehlt.

In der jüngsten Zeit kommen weitere Technologien dazu, bei denen die Schnittstellen der Planung der Automation weitgehend unklar sind. Beispiele sind automatisierte Doppelfassaden oder sonnenstandgeführte Verschattungssysteme.

In dieser Konstellation letztendlich entstehende Automationslösungen können immer nur eingeschränkte Teillösungen sein. Die Planung und Errichtung erfolgt jedoch systembedingt mit „vollständigen“ Automationssystemen, und zwar für jede Teillösung mit einem eigenen System. Dies führt zu erheblich teureren Herstellkosten, einer signifikanten Fehleranfälligkeit und vor allem zu nicht kalkulierbaren Nutzungskosten (Betreiben, Wartung, Instandhaltung, Optimierung).

Zur Verfügung stehende offene Technologien wie LON (Local Operating Network) ließen zwar eine Gewerke übergreifende Automationslösung zu. Eine übliche Aufteilung der Automationsaufgabe auf mehrere Gewerke erfordert jedoch erheblichen Koordinierungsaufwand für das gemeinsame Nutzen der Systemdatenbank und hat sich in der Praxis als nicht handhabbar erwiesen, vor allem aus Gründen der Fehlersicherheit und der Gewährleistungsabgrenzung. Eine Umsetzung wäre folglich nur möglich, wenn die Automationslösung quasi „aus einer Hand“ geplant wird. Wegen der vorher beschriebenen Planungskultur entstehen solche Automationslösungen jedoch nahezu nicht.

Zusammenfassend kann folgender Stand der Automatisierungstechnik im Bauprozess festgestellt werden:
1. Die Automatisierungstechnik ist auf viele „Fach“planer in unterschiedlichen Gewerken aufgeteilt
2. Bei den „Fach“-Planern ist kein ausreichendes Know-how über Automatisierungstechnik vorhanden
3. Die „Fach“-Planer sollen von der Architektur „integriert“ werden, dies gelingt jedoch in der Regel nur bei der Gestaltung und nicht bei der Funktionalität
4. Realisierte Automationslösungen sind daher unverhältnismäßig teuer, und zwar sowohl bei der Errichtung des Gebäudes als auch vor allem bei der späteren Nutzung
5. Energieeffiziente Automationslösungen sind nur eingeschränkt möglich

Orientierung für die Planung

Energie- und kostenoptimierende Automationslösungen lassen sich nur dann umsetzten, wenn alle Beteiligten auf Basis eines vor Beauftragung erstellten Gewerke übergreifenden Energiekonzepts beauftragt wurden und die Leistungsabgrenzung (Schnittstellen) im Ingenieur- oder Architektenvertrag genau festgelegt wurde. Aber selbst in diesem Fall bleibt die Lösung in Teilsystemen erhalten, mit den zuvor dargestellten Nachteilen.

Eine wirtschaftliche Lösung, bei der auch das kostengünstige spätere Betreiben Berücksichtigung findet, gelingt nur bei einer Reformation der Planungskultur. Hierbei muss – wie bereits in anderen Branchen erfolgreich praktiziert – die Automatisierungstechnik eine ihrer Bedeutung entsprechende Rolle einnehmen. Wird von einem Bauherrn eine angemessene Lösung aus Architektur und Funktionalität gewünscht, sollte diese im Dialog zwischen Architektur und Automation im Rahmen einer Integrationsplanung erarbeitet werden.

Achim Heidemann ist Professor für Technisches Facility Management an der Hochschule Albstadt-Sigmaringen.

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