Thermische Solarkollektoren sollen sich künftig in übliche Fassadenkonstruktionen integrieren lassen. Ein Fraunhofer-Institut entwickelt dafür Fertigteile aus Ultrahochleistungsbeton.
Es wäre doch ein Fortschritt, wenn die Fassaden eines Gebäudes nicht nur optisch überzeugen, sondern gleichzeitig noch thermische Energie für die Heizung und die Warmwassererzeugung bereitstellten. Doch bislang basieren solarthermische Produkte in der Regel auf durchströmten Bauteilen aus Metall, die einen hohen Anteil der Solarstrahlung aufnehmen und zur Vermeidung thermischer Verluste wenig Infrarotstrahlung abgeben. Allerdings wird dieser Stand der Technik der Gebäudeintegration und architektonischen Aspekten nicht gerecht. Im Projekt „Tabsolar II“ verfolgt nun das Fraunhofer- Institut für Solare Energiesysteme ISE gemeinsam mit Industriepartnern den neuartigen Ansatz, solarthermische Kollektoren als Fertigteile aus Ultrahochleistungsbeton (UHPC – Ultra High Performance Concrete) herzustellen, die sich hinsichtlich Material und Fertigung an der Baubranche orientieren. Geeignete Verfahren wurden bereits im Vorgängerprojekt „Tabsolar“ erprobt. Dabei konnte die Machbarkeit der Herstellung durchströmbarer Bauteile aus UHPC im Labormaßstab nachgewiesen werden. Es entstanden filigrane, wasserdurchströmte Bauteile im Format 340 mal 460 Millimeter. Daraus resultierten die drei auf dieser Seite gezeigten Produktfamilien, die im Januar auf der Messe BAU 2017 vorgestellt wurden.
Die Produktfamilie „Tabsolar Premium“ soll mit einer spektralselektiven Beschichtung und Antireflexverglasung ähnliche Erträge und Temperaturniveaus wie marktgängige Solarkollektoren erreichen. „Tabsolar Economy“ steht für lackierte oder durchgefärbte UHPC-Kollektoren mit Low-E-Verglasung und etwas geringeren Erträgen und Temperaturniveaus. Diese beiden Produktfamilien sind für direkte solare Anwendungen zur Warmwasserbereitung oder für die Nutzung in solaren Kombisystemen konzipiert. Bei der dritten Produktfamilie „Tabsolar Design“ sind die Kollektoren unverglast und können mit verschiedensten Strukturen und Farben versehen werden. Sie zeichnet sich durch vielfältige architektonische Gestaltungsmöglichkeiten aus; es werden aber deutlich geringere Temperaturniveaus und Wirkungsgrade erreicht. Daher eignen sich die Elemente beispielsweise als Niedertemperatur-Wärmequelle für Wärmepumpen, für das Vorwärmen von Trinkwasser oder für eine Schwimmbadbeheizung.
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Bionische Kanalstrukturen
Die Besonderheit der durchströmbaren Bauteile aus dem Ultrahochleistungsbeton besteht darin, dass die Kanalstrukturen direkt aus dem hochfesten Beton gestaltet sind. Sie werden mithilfe des vom Fraunhofer ISE entwickelten und patentierten Membran-Vakuum-Tiefziehverfahrens (MVT-Verfahren) hergestellt.
Dabei wird der Beton in der gewünschten späteren Wandstärke auf eine Membran aufgebracht, die über eine Formplatte gespannt ist. Anschließend wird unter der Membran ein Vakuum erzeugt, sodass sich Membran und Beton an die eingefräste Kanalstruktur anlegen. Danach wird die Formplatte gewendet und mit einer ebenfalls frisch gegossenen Beton-Platte zusammengefügt. Die so verbundenen Hälften härten gemeinsam aus und können später als komplettes Bauteil mit Hohlstrukturen ausgeschalt werden.
Um diesen Prozess realisieren zu können, ist es notwendig, geeignete UHPCRezepturen zu entwickeln. Dies war Aufgabe des Projektpartners G.tecz. Im Hinblick auf spätere Produkte wird nun das MVT-Verfahren auf praxistaugliche Größen skaliert und auf produktionsnahen Anlagen bei der Firma Spürgin realisiert werden. Darüber hinaus arbeiten die Partner an Lösungen für die hydraulische Verbindung zwischen den einzelnen Kollektoren, geeigneten Fassadensystemen sowie Beschichtungen.
Die Kanalstrukturen der Kollektoren folgen dem vom Fraunhofer ISE patentierten bionischen FracTherm-Verfahren (mehrfach verzweigte, fraktale Strukturen wie bei Blutbahnen oder in Blättern), das auch schon mit anderen Fertigungsverfahren und Materialien erfolgreich umgesetzt wurde. Dieses Verfahren ermöglicht nahezu beliebige Formen mit einem gleichmäßig durchströmten Kanalnetzwerk. Das Fraunhofer ISE hat FracTherm-Kanalstrukturen für die Tabsolar-Anwendung mit Simulationsprogrammen berechnet. Die Auslegung berücksichtigt die im Vergleich zu Metallen deutlich geringere Wärmeleitfähigkeit von UHPC. Außerdem wurden Untersuchungen zur Ökobilanz der Kollektoren durchgeführt. Das Karlsruher Institut für Technologie KIT kümmert sich im Projekt um strukturmechanische Fragestellungen, die beispielsweise zur Sicherstellung der notwendigen Innendruckstabilität erforderlich sind.
Ziel Komplettlösung
Spektralselektive Beschichtungen sind bei metallischen Solarabsorbern inzwischen Stand der Technik. Sie steigern bei Solarkollektoren den Wirkungsgrad erheblich, weil sie einerseits die Absorption der Solarstrahlung maximieren, gleichzeitig aber die Verluste durch Infrarotabstrahlung minimieren. Im Rahmen des Vorgängerprojektes ist es gelungen, spektralselektive Beschichtungen mit relativ guten Werten für Absorptions- und Emissionsgrade durch Sputtern direkt auf die Elemente aus UHPC aufzubringen. Im aktuellen Projekt konzentrieren sich die Arbeiten jetzt darauf, produktionstechnisch realistische, dauerbeständige Lösungen zu finden. Hierzu werden beispielsweise Vorbeschichtungen, aber auch die Beschichtung von Halbzeugen, die mit den Elementen verbunden werden, untersucht.
Im Rahmen von Tabsolar II hat der Projektpartner Facade-Lab verschiedene Gebäudetypologien mit ihren jeweiligen Anwendungen und Fassadensystemen analysiert. Als vielversprechende Lösungen kristallisierten sich dabei das Wärmedämmverbundsystem (WDVS), die vorgehängte hinterlüftete Fassade (VHF) sowie eine Sandwichwand heraus. Diese werden nun in verschiedenen Kombinationen mit den drei Tabsolar-Produktfamilien weiterverfolgt. Damit können zukünftig je nach Gebäude und Bedarf unterschiedliche Gesamtlösungen angeboten werden, zum Beispiel ein WDVS mit integrierten Tabsolar-Elementen.
Vielversprechende Fassadensysteme:
Die Tabsolar-Elemente werden jetzt für die Integration in Wärmedämmverbundsysteme, vorgehängte hinterlüftete Fassaden und in eine Sandwichwand weiterentwickelt.
Dr.-Ing. Michael Hermann ist beim Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE der Koordinator für Innovationsprozesse der Wärme- und Kältetechnik.
Das Forschungsteam
>Am Projekt „Tabsolar II“ beteiligte Partner:
Leitung: Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE, Freiburg
G.tecz Engineering GmbH, Kassel
Betonfertigteile Spürgin GmbH & Co. KG, Teningen (Baden-Württemberg)
Facade-Lab GmbH, Großbeeren ( Brandenburg)
Priedemann Fassadenberatung GmbH, Großbeeren (Brandenburg)
Karlsruher Institut für Technologie (KIT), Karlsruhe
Das Projekt wird vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) gefördert.
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