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Die EnEv verlangt für den Ausbau von Dachgeschossen Neubaustandard. Doch das Nachweisverfahren ist einfach.

01.10.20088 Min. Kommentar schreiben
Die EnEV 2007 hält für den nachträglichen Ausbau von Dachgeschossen ein einfaches Nachweisverfahren bereit, das Architekten schnell Planungssicherheit bietet.

Stefan Horschler

Nachträgliche Dachgeschossausbauten erfolgen zwar in Bestandsgebäuden, an den Nachweis und die Gebrauchstauglichkeit nach EnEV 2007 werden aber dieselben Anforderungen wie an Neubauten gestellt. Im Ver-gleich zu ihnen ist aber die Planung aufgrund einer Reihe unbekannter Baustoffdaten im Altbau viel aufwendiger. Jedoch hält die EnEV 2007 für den nachträglichen Ausbau von Dachgeschossen ein einfaches Nachweisverfahren bereit, das Architekten schnell Planungssicherheit bietet.

Es wäre zu begrüßen, wenn im Zuge der EnEV 2009 nicht schon wieder die Nachweissystematik geändert würde. Im Folgenden werden für einen Dachgeschossausbau beispielhaft die wärmeschutztechnischen Anforderungen nach EnEV 2007 und die daraus resultierenden Nachweise im Hinblick auf die Festlegung des Dämmstandards gemäß EnEV 2007, die Anforderungen des Mindestwärmeschutzes und den sommerlichen Wärmeschutz dargestellt.

Festlegung des Dämmstandards

Nach EnEV 2007 § 9 „Änderung von Gebäuden“ wird in Absatz 5 und 6 ausgeführt, wie beim Ausbau von Dachgeschossen der öffentlich-rechtliche Nachweis zu führen ist. Welcher Dämmstandard nachzuweisen ist, richtet sich nach der Größe der ausgebauten Nutzfläche (siehe Abb.).

Zwischen 15 und 50 Quadratmetern sind lediglich die U-Werte der Bauteile entsprechend der Anlage 3 Tabelle 1 zu überprüfen und einzuhalten. Übersteigt die Nutzfläche 50 Quadratmeter, sind neben den rechnerischen Verlusten der wärmeübertragenden Bauteile zusätzlich die Wärmebrücken mitzu erfassen. Hierbei können die Dämmstandards der einzelnen Bauteile in der Nachweisgleichung von HT’ energetisch „miteinander verrechnet“ werden. Sollte aus konstruktiven Gründen in einem Bauteil die erforderliche Dämmwirkung nicht erbracht werden können, lässt sich dieser „Verlust“ in einem anderen Bauteil oder im Bereich der Wärmebrücke (HWB) energetisch ausgleichen.

Beispiel 1 zeigt an einem konkreten Objekt den Weg der Nachweisführung bei einem Ausbau mit einer Nutzfläche größer als 50 Quadratmeter.

Im ersten Schritt müssen die Bauteile, die den thermisch konditionierten Raum umschließen, definiert werden. Häufig werden dabei nur die Dachflächen an sich berücksichtigt und es wird übersehen, dass angrenzende, nicht beheizte Dachräume oder an die Außenluft grenzende Außenwände im Nachweis als Verlustflächen zu berücksichtigen sind.

Im zweiten Schritt werden die Geometriedaten erfasst, daraus der Kompaktheitsgrad (A/Ve) abgeleitet und der höchst zulässige HT’-Wert ermittelt (siehe Abb.). Schließlich werden im dritten Schritt die aus den baulichen Gegebenheiten sich ergebenden Dämmstandards (U-Werte) mit den Flächen der Bauteile multipliziert. Im Hinblick auf die energetische Berücksichtigung von Wärmebrücken bestehen für Neubauten drei Möglichkeiten. Für die thermische Ankopplung des Dachgeschossausbaus an ein Bestandsgebäude dürfte der pauschale Zuschlag von UWB = 0,10 W/(m2K) angemessen sein. Eine Konformitätsrechnung zur DIN 4108 Beiblatt 2 oder ein detaillierter Nachweis sollte wegen des rechnerischen Aufwands dem Einzelfall vorbehalten bleiben.

Energetisch optimierte Details würden sich dennoch auf das Nachweisergebnis günstiger auswirken.

Anforderungen an den Mindestwärmeschutz

Bei der Festlegung der Dämmstandards müssen wie beim Neubau die Anforderungen an den Mindestwärmeschutz gemäß DIN 4108-2 Tabelle 3 (Wärmedurchlasswiderstände der Bauteile) eingehalten werden. In diesem Zusammenhang ist auch für die Oberflächentemperaturen der Bauteile und Bauteilanschlüsse die Bedingung nach si ≥ 12,6° C zu überprüfen. Am Beispiel der Gebäudetrennwand an das geneigte Dach sollen Problemstellungen und mögliche Lösungen beispielhaft dargestellt werden (Beispiel 2: Isothermendarstellungen).

Da die Gebäudetrennwand zum nicht ausgebauten Dachraum oder eine Giebelwand gegen Außenluft und das geneigte Dach wärmegedämmt werden muss, ergibt sich eine Wärmebrücke im Bereich der Wandkrone. Der energetische und feuchteschutztechnische Einfluss der Wärmebrücke ist abhängig von:

  • der Dicke und Wärmeleitfähigkeit der Wand,
  • der Lage der Dämmschichten und
  • den Dämmstandards der wärme gedämmten Bauteile.

Unter der Voraussetzung, dass auf der Außenseite keine Wärmedämmschicht eingebaut werden kann, ist alternativ eine Innendämmung in Betracht zu ziehen. Hierbei verlagern sich die Isothermen nach innen, sodass die Oberfläche der Bestandsaußenwand nun eine deutlich niedrigere Oberflächentemperatur aufweist als vorher. Bei vorhandenen Durchdringungen (zum Beispiel Elektroinstallationen) oder sons tigen Fugen (Anschluss Estrich an Innendämmung) kann feuchtwarme Luft an die unterkühl ten Oberflächen gelangen und dies zu einer massiven Tauwasserbildung führen.

Für die außenseitig gedämmte Giebel- oder Gebäudetrennwand sowie für die einbindende Gebäudetrennwand sind abhängig von den baustofftechnischen Parametern Dämmmaßnahmen auf der Wandkrone vorzusehen. Die im Beispiel 2 dargestellten Oberflächentemperaturen können daher nicht verallgemeinert werden und gelten nur unter den genannten Randbedingungen.

Ein Lufteintrag in und hinter die Dämm ebene über Fugen und Durchdringungen ist aus feuchteschutztechnischer und energetischer Sicht unbedingt zu vermeiden. Im Hinblick auf die aus energetischen Gründen einzuhalten-den Dichtheitsgrade werden gemäß EnEV 2007 § 6 und Anlage 4 Absatz 2 Luftwechselraten definiert. Bei der Überprüfung der Gebäudedichtheit mittels Differenzdruckmessung darf der bei einer Druckdifferenz zwischen innen und außen von 50 Pa gemessene Volumenstrom – bezogen auf das beheizte oder gekühlte Luftvolumen – bei Gebäuden

  • ohne raumlufttechnische Anlagen 3 h-1
  • und mit raumlufttechnischen Anlagen 1,5 h-1nicht überschreiten.

Entsprechende Konzepte und Dichtheitssys teme sind zu planen und gewissenhaft umzusetzen. Besonderes Augenmerk sollte auf den Anschluss des geneigten Daches an Deckenbalken gelegt werden. Hier besteht bei Abseiten das hohe Risiko, dass kalte Luft in Hohlräume der Geschossdecke gelangt. Erhöhte Wärmeverluste und Zugluftzonen mit gerichteten Luftströmungen können die Folge sein. Ein „Altbaubonus“ für mangelhaftes Planen und Bauen darf seitens des Auftraggebers nicht vorausgesetzt werden.

Sommerlicher Wärmeschutz

Nach EnEV 2007 ist für zu errichtende Gebäude der sommerliche Wärmeschutz gemäß DIN 4108-2 für kritische Räume zu überprüfen. Welche Räume als kritisch einzustufen sind, wird in der Norm nicht festgelegt. Aus diesem Grund sollten klare Verabredungen mit dem Auftraggeber getroffen werden.

Schlaf- und Wohnräume können sicherlich dazugezählt werden. Die Nachweisnotwendigkeit ist in Abhängigkeit vom Flächenverhältnis Fensterfläche des Raums zur Grundfläche gegeben. Bei einem Dachgeschoss mit einer Neigung zwischen null und 60° darf dieser Verhältniswert sieben Prozent nicht überschreiten. Das dürfte in der Regel der Fall sein, da schon der zur Belichtung und Belüftung erforderliche Fens terflächenanteil in den Landesbauordnun-gen oft bei mindestens 12,5 Prozent liegt.

Der Nachweis wird geführt, indem über ein Kennwertverfahren der höchstzulässige mit dem vorhandenen Sonneneintragskennwert ver glichen wird. Es gilt Smax ≥ Svorh.. Über folgende Stellschrauben kann der Architekt im Verfahren gemäß DIN 4108-2 Einfluss nehmen:

  • Fensterflächenanteil im Raum
  • g-Wert der Verglasung
  • Verschattungsvorrichtungen
  • wirksame Lüftung in der zweiten Nachthälfte über raumlufttechnische Anlage (n > 1,5 h-1)

Fazit

Die Beispiele zeigen, dass beim Ausbau von Dachgeschossen vielfältige konstruktive wärme- und feuchteschutztechnische Planungsaufgaben zu erfüllen sind. Insbesondere durch das Integrieren der neuen Nutzung in bestehende geometrische und stoffliche Gegebenheiten ergeben sich im Einzelfall außer den hier dargestellten auch brandschutz- und schallschutztechnische Aufgaben.

Dipl.-Ing. Architekt Stefan Horschler, Büro für Bauphysik, Hannover.


Walter Holzapfel

Typische Schäden am Dach

Anhand von 140 Schadensfällen werden Schwachstellen behandelt, die, angefangen beim Steil- und Flachdach über den Dachgeschoss ausbau, die Entwässerung und die Dachbegrünung bis hin zu den Metallarbeiten, am häufigsten auftreten. Außerdem sind die Themenbereiche Dachrinnen, Dachränder, Traufen, Holzschutz und Klebe bänder enthalten.

59 Euro, 284 Seiten, Verlagsgesellschaft Rudolf Müller

Beispiel 1

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In einem Mehrfamilienhaus (Baujahr 1958) mit beheiztem Treppenhaus soll der Trockenboden im Dachgeschoss zu zwei Wohnungen umgenutzt werden.

Geometriedaten (gerundete Werte)

  • Nutzfläche nach DIN 277 ANF = 187 m2
  • wärmeübertragende Umfassungsfläche A = 285 m2 mit:     Gebäudetrennwand zum Nachbargebäude: 23 m2
    geneigtem Dach gegen Außenluft: 125 m2
  • Kehlbalkendach gegen nicht ausgebauten Spitzboden: 113 m2
  • Dachflächenfenster: 24 m2
  • Ve: 428 m3
  • A/Ve: 0,67 m-1

Da das Dachgeschoss über eine Nutzfläche von 187 m2 verfügt, ist gemäß Abb. 1 der HT’-Wert nachzuweisen.Geforderter HT’-Wert

HT’ 76 % =    0,76 × HT’ in W/(m2K)
HT’ 76 % =    0,76 × (0,3 + 0,15/(A/Ve) )
HT’ 76 % =    0,76 × (0,3 + 0,15/0,67)
HT’ 76 % =    0,76 × 0,52
HT’ 76 % =    0,40 W/(m2K)

Vorhandener HT’-Wert
HT’ =    [ (Ui × Ai × Fxi) +  HWB] / A in W/(m2K)
HT’ =    [(23 × 0,34 × 0,8 + 125 × 0,22 + 113 × 0,15 × 0,8 + 24 × 1,4) + 0,10 × 285] / 285
HT’ =    (6,26 + 27,5 + 13,56 + 33,6 + 28,5) / 285
HT’ =    0,384 W/(m2K)
0,38 W/(m2K) < 0,40 W/(m2K) Anforderung erfüllt!

Aus diesem Nachweis ergeben sich die erforderlichen Dämmstandards zur Einhaltung der EnEV-Anforderungen:

Gebäudetrennwand zum Nachbargebäude: U = 0,34 W/(m2K),     WD = 0,08 m, BW = 0,035 W/(mK)

Geneigtes Dach gegen Außenluft (Holzanteil 12,5 %): U = 0,22 W/(m2K), WD = 0,20 m, BW = 0,035 W/(mK)

Kehlbalkendach gegen nicht ausgebauten Spitzboden (Holzanteil 12,5 %): U = 0,15 W/(m2K), WD = 0,30 m, BW = 0,035 W/(mK)

Dachflächenfenster: U = 1,4 W/(m2K), g = 0,59

Sofern der geforderte HT’-Wert nicht überschritten wird, können auch andere Standards realisiert werden. Anzumerken ist, dass der Wärmebrückenzuschlag von UWB = 0,10 W/(m2K) einen großen Verlustanteil aufweist. Eine Konformität zu Beiblatt 2 ist von der Möglichkeit des Dämmstoffeinbaus im Bereich der Mauerkronen und von den „Nahtstellen“ zum Bestandsgebäude abhängig.

Beispiel 2

Stoff- und Geometriedaten der nachfolgenden Wärmebrückenberechnungen:
Material:

Innenputz: d: 0,015 Meter; 0,700 W/(mK)
Ringbalken aus Beton: d: 0,240 Meter; 2,300 W/(mK)
Dämmstoff geneigtes Dach: d: 0,200 Meter; 0,035 W/(mK)
Mauerwerk: d: 0,240 Meter; 0,580 W/(mK)
Dämmstoff Innendämmung: d: 0,080 Meter; 0,035 W/(mK)
Sparren: d: 0,10/0,20 Meter; 0,130 W/(mK)
Gipskarton: d: 0,0125 Meter; 0,210 W/(mK)

Sonstige Randbedingungen:
Luft außen: R: 0,040 m²K/W; -5 °C
Luft innen: R: 0,250  m²K/W; 20 °C
Ruhende Luft (aufw): R: 0,160 m²K/W

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