Eine Übersicht über die Anforderungen an Gestaltung, Geometrie, Maße, die Klassifizierung der Bedienungskräfte sowie die erforderlichen visuellen Merkmale bei Glastüren finden Sie hier
Text: Knut Junge, Jürgen Benitz-Wildenburg
Schwellen, eine enge oder schwergängige Tür oder kaum erreichbare Griffe erschweren Menschen mit körperlichen Einschränkungen den Alltag. Mängel bei Türen sind deshalb besonders ärgerlich. Die Planungsgrundlagen regelt hierfür die DIN 18040, „Barrierefreiheit“, die drei Teile umfasst: Teil 1 behandelt öffentlich zugängliche Gebäude, Teil 2 Wohnungen und Teil 3 öffentliche Verkehrs- und Freiräume. Abschnitt 4.3.3 in Teil 2 enthält die Anforderungen an Türen. Vorgaben für Tore finden sich nur in Teil 3 in Bezug auf Pkw-Stellplätze und Garagen. Bei der praktischen Umsetzung des Regelwerkes liegt der Fokus bei Türen oft nur auf Maßnahmen für Menschen mit eingeschränkter Bewegungsfähigkeit. Sehstörungen werden dagegen häufig vernachlässigt, stellen aber Betroffene bei ausschlagenden Flügeln, mangelnden optischen Kontrasten oder schwer auffindbaren Bedienelementen vor große Probleme.
Alle Maßnahmen müssen mit den gestalterischen, konstruktiven und bauphysikalischen Anforderungen des Gebäudes harmonieren. Planung und Ausführung zählen deshalb zu den besonders anspruchsvollen Aufgaben des Architekten. Folgende Hinweise sollen helfen, die Ziele der Norm entsprechend umzusetzen:
Öffnungsart: Karussell- und Pendeltüren sind kein barrierefreier Zugang und damit als einziger Zugang ungeeignet. Bevorzugt werden automatische Schiebetüren, da die Flügel nicht in Bewegungsflächen oder in Richtung des Benutzers schlagen. Das ist vor allem für Blinde und Sehbehinderte wichtig.
Maße: Die Nutzbarkeit von Türen hängt maßgeblich von deren Abmessungen (Durchgangsmaß von mindestens 90 x 205 Zentimetern) und der Anordnung der Bedienelemente ab. Griffe müssen grundsätzlich bei 85 Zentimetern Höhe angeordnet sein, damit Rollstuhlfahrer sie erreichen können. Der Abstand zu Bauteilen, Ausrüstungs- und Ausstattungselementen sollte größer als 50 Zentimeter sein. So wird die seitliche Anfahrbarkeit mit dem Rollstuhl sowie eine ausreichende Bewegungsfläche vor und hinter der Tür gewährleistet.
Schwellen: Bei der Benutzung eines Rollstuhls/Rollators oder von Gehhilfen sind Vorsprünge im Schwellenbereich zu vermeiden oder so zu gestalten, dass eine leichte „Überrollbarkeit“ möglich ist. Dadurch wird gegebenenfalls die Schlagregendichtheit nicht mehr erreicht, so dass bauliche Maßnahmen wie Wassersammelrinnen oder Vordächer eingeplant werden müssen.
Antriebe: Türen mit schweren, großen Flügeln (Bedienkräfte über Norm) sind mit Antrieben auszustatten. Eingangstüren öffentlicher Gebäude sind vorzugsweise automatisch zu öffnen. Dabei ist die Nutzungssicherheit zu gewährleisten.
Kontrastreiche Gestaltung: Speziell für Personen mit Sehbehinderungen ist die Farbgebung der Bauelemente mit möglichst kontrastreichen Farben notwendig. Unterschiedliche Farben mit ähnlichen Helligkeitstönen reichen nicht aus. Erforderlich ist ein deutlicher Hell-Dunkel-Kontrast (Leuchtdichtekontrast). Die Bedienelemente sollen sich entsprechend vom Türblatt abheben. Ganzglastüren oder großflächig verglaste Türen sind über die gesamte Glasbreite mit Sicherheitsmarkierungen auszustatten.
Zwei-Sinne-Prinzip: Wichtige Informationen zur Nutzung von Griffen und Bedienelementen sollen mindestens über zwei Sinne wahrgenommen werden können, beispielsweise durch optische Kontraste und haptische Informationen (andere Oberflächen oder auch Nutzung der Brailleschrift).
Antriebe für Schwergewichte
Haustüren mit schweren, großen Flügeln, die die normativ vorgegebenen maximalen Bedienkräfte zum Öffnen des Türblatts übersteigen, sind mit Antrieben auszustatten. Typische Beispiele sind Haustüren mit hohen Anforderungen an den Schallschutz oder die Einbruchhemmung sowie Brandschutztüren im Zugang zu Kellern oder Tiefgaragen. Auch in öffentlichen Gebäuden, Pflegeeinrichtungen, beim betreuten Wohnen oder in Komfortwohnungen werden automatische Türen bevorzugt. Für Rollstuhlfahrer sind Türen kritisch, deren Griff sich in einer Höhe zwischen 85 und 105 Zentimetern befindet.
Die normative Vorgabe besagt hier, dass der Griff grundsätzlich in 85 Zentimeter Höhe angeordnet sein muss. Im begründeten Einzelfall darf die Höhe 85 bis 105 Zentimeter betragen. Problematisch sind auch Türelemente, die höher als 2,10 Meter sind und deren Griff sich einer Höhe zwischen 85 und 105 Zentimetern befindet. Hier wird der Flügel oberhalb des Griffes anteilig schwerer. Das führt zu ungünstigen Hebelverhältnissen, so dass die Bedienkräfte beim Öffnen und Schließen aus der Kippstellung überschritten werden. Einfache Verbesserungen ergeben sich durch leichtgängige Beschläge, eine regelmäßige Wartung, den Verzicht auf Türen über 2,10 Meter Höhe oder die Verwendung längerer Griffe.
Beim Einsatz elektrischer Antriebe ist zu beachten, dass aus der Tür eine „Maschine“ wird, die Nachweise gemäß EN 16005, „Nutzungssicherheit“ erfordert. Grundsätzlich ist für jede Anlage vor Inbetriebnahme eine Risikoanalyse zu erstellen, aus der Maßnahmen zur Verhinderung beziehungsweise zur Beseitigung von Risiken abgeleitet werden. Das gilt vor allem dann, wenn die Türen von schutzbedürftigen Personen (ältere Menschen, Personen mit Handicap und Kinder) genutzt werden. Vor nicht vermeidbaren Gefahren, wie Quetschen, Scheren und Anstoßen, kann bedingt per Beschilderung oder – im nicht öffentlichen Bereich – in der Bedienungsanleitung gewarnt werden.
Diese Restrisiken sollten jedoch möglichst konstruktiv durch Profile oder Abdeckungen reduziert werden. Zimmer- oder Wohnungseingangstüren lassen sich hierfür gut mit einem Low-Energy-(LE-)Antrieb ausstatten, der mit geringer Kraft und langsamer Schließgeschwindigkeit arbeitet. Trifft die Tür auf einen Widerstand, beispielsweise eine Hand, hält sie automatisch an. Sinnvoll ist hierbei eine Offenhaltezeit von mindestens fünf Sekunden. Die Bedienung kann durch Taster, Funksteuerung oder Transponder-Technik erfolgen, die ohne den Einsatz der Hände funktioniert. Mit den Antrieben lassen sich Türen auch nachträglich ausrüsten, zum Beispiel beim Bauen im Bestand.
Stolperfalle Schwelle
Eine barrierefreie Schwelle nach DIN 18040 muss es Personen mit radgebundenen Hilfsmitteln erlauben, die Tür zu passieren. Gefordert wird hier ein schwellenloser Übergang, die sogenannte Null-Millimeter-Schwelle. Maximal zulässig ist eine Höhe von zwei Zentimetern. Das gilt aber nur im Ausnahmefall, wenn an die Schlagregendichtheit, den Schall- und Brandschutz sowie die Einbruchhemmung erhöhte Anforderungen bestehen. Dazwischen sind aber auch abgestufte Lösungen möglich. Mit leicht überrollbaren Konstruktionen, wie Anlaufschrägen oder Halbrundschwellen, lässt sich auch mit geringer Schwellenhöhe die Barrierefreiheit herstellen.
Außerdem gewährleistet diese Lösung leichter die Schlagregendichtheit, die selbst bei den maximal erlaubten zwei Zentimetern ohnehin nur schwer zu erreichen ist. Denn bei der Prüfung entspricht eine Wassersäule von 20 Millimetern einem Staudruck von circa 200 Pascal. Steigt die Wassersäule höher, tritt unter realistischen Prüfbedingungen Wasser in den Raum ein. Damit wird lediglich die Beanspruchungsklasse 5A der Schlagregendichtheit erreicht. Durch zusätzliche konstruktive Maßnahmen kann auch die Klasse 7A für zweiflügelige Stulp-fenstertüren oder die Klasse 9A für einflügelige Fenstertüren erreicht werden. Möglich sind zum Beispiel ausreichend dimensionierte Wetterschenkel mit definierter Wasserabreißnut, Windstopper, eine ausreichende räumliche Trennung zwischen Wind- und Regensperre sowie der Einsatz von Schlauchdichtungen.
Darüber hinaus lässt sich der Zielkonflikt mit weiteren baulichen Maßnahmen entschärfen. Vordächer oder Nischen verhindern beispielsweise Spritzwasser an der Fassade. Schmutzgitter oder andere Vorkehrungen gegen Schnee- oder Eisbildung sorgen dafür, dass das Wasser im Bereich der Schwelle rückstaufrei und kontrolliert abgeführt wird.
Bei der Planung einer Türschwelle ist auch der Mindestwärmeschutz nach DIN 4108-2 und EnEV zu beachten. Wichtige Kennzahlen sind der raumseitige Temperaturfaktor fRSI und der Wärmedurchgangskoeffizient U. Der Nachweis muss hier an der wärmetechnisch ungünstigsten Stelle erfolgen. Barrierefreie Schwellensysteme bilden meist eine linienförmige Wärmebrücke, die zu Tauwasser- und Schimmelbildung führen kann.
Der Nachweis des Temperaturfaktors fRSI erfolgt an der Schnittstelle zwischen Fensterelement und Baukörperanschluss. Das eigentliche Bauelement ist von dieser Betrachtung ausgenommen. Eine Reduzierung des Wärmedurchgangskoeffizienten bei barrierefreien Bauelementen ist in der Energieeinsparverordnung nicht vorgesehen.
Dipl.-Ing. (FH) Knut Junge ist Leiter der Technischen Auskunft und Dipl.-Ing. (FH) Jürgen Benitz-Wildenburg ist Leiter Öffentlichkeitsarbeit beim ift Rosenheim.
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