Text: Franz Lubinski
Das Prinzip der vorgehängten hinterlüfteten Fassade (VHF) ist eine seit Jahrzehnten bewährte Konstruktion. Sie besteht aus einer in der massiven Außenwand verankerten Metall-Unterkonstruktion aus Aluminium oder verzinktem Stahl, der Wärmedämmung und der hinterlüfteten Bekleidung. Insbesondere bei Letzterer sind die Vielfalt und damit die gestalterischen Möglichkeiten in Form und Farbe nahezu unbegrenzt. Es sind unterschiedlichste Materialien wie Metall, Keramik, Glas, HPL-Platten, Faserzement oder Holz in zahlreichen Formaten verfügbar. Zu beachten ist auch hier, dass jeder Werkstoff andere Eigenschaften besitzt, deren Auswirkungen auf die Konstruktion bei der Planung zu berücksichtigen sind. Nicht zuletzt aber ist zu bedenken, dass die verschiedenen Komponenten miteinander verbunden werden müssen, um ihre Funktion als Gesamtkonstruktion erfüllen zu können. Damit wird deutlich, welche Fülle von Aufgaben der Planer zu lösen hat. Ihm sollte auch bekannt sein, dass es keine geräuschlosen VHF gibt, ja gar nicht geben kann, auch wenn bis heute diese Forderung gelegentlich in Leistungsverzeichnissen noch auftaucht.
Zulässige Verformungen
Eine vorgehängte hinterlüftete Konstruktion knistert oder knackt gelegentlich. Das ist normal. Allerdings ist die Intensität der Geräusche unterschiedlich. Sie hängt vom Temperatur- und Feuchtigkeitsverhalten, den Formaten der Bekleidung sowie den Materialverbindungen der jeweiligen Werkstoffe ab. Unter allen Fassadenbekleidungen reagieren hier die Metalle aufgrund ihres relativ hohen Längenausdehnungskoeffizienten auf Temperaturschwankungen am empfindlichsten. Die außenliegenden Fassadenelemente erwärmen sich unter Sonneneinwirkung mehr als die dahinter angeordnete Unterkonstruktion. Daraus ergibt sich ein Temperaturgefälle, das zu Zwängungen führen kann. Diese Zwängungen ziehen in der Regel keine konstruktiven Schäden nach sich, erzeugen aber ein unterschiedliches Schiebeverhalten der Bauteile. Das Ergebnis sind dann Langlöcher, die bis zu drei Millimeter zulässig und unschädlich sind und im Rahmen der harmonisierten Prüfbestimmungen (CUAP) und der DIBt-Zulassungen für Verbindungselemente liegen. Da die Langlochbildung ein Schervorgang ist, können dabei Geräusche entstehen. Zunächst bauen sich Spannungen auf, die sich schlagartig abbauen können. Dies ist in unterschiedlicher Ausprägung hörbar. Nach einigen Zyklen der Längenzu- und -abnahme „beruhigt“ sich die Gesamtkonstruktion weitgehend auf ein hinnehmbares Maß, da sich die Werkstoffverbindungen untereinander angepasst haben.
Planung und Ausschreibung
Zwängungen aufgrund der Materialausdehnung lassen sich durch folgende Maßnahmen weitestgehend vermeiden: Bei horizontaler Anordnung von schlanken Paneelen, Trapez-oder Wellprofiltafeln wird empfohlen, sich auf eine maximale Tafellänge von sechs Metern zu beschränken. Für die Ausbildung der vertikalen Stoßfugen hat sich die Anordnung von Lisenen bewährt. Sie bilden nicht nur einen Puffer, sondern bieten zudem die gestalterische Möglichkeit, durch akzentuierte Farbwahl die Fugengeometrie zu betonen und damit das Gesamtbild der Fassade zu beleben. Bei vertikaler Verlegung und Bauelementlängen über sechs Meter sind Fest- und Gleitpunkte unter Beachtung der 3-Millimeter-Grenze vorzugeben. Gleitpunktverbindungen können lediglich Horizontallasten aufnehmen, Festpunkte hingegen Horizontal- und Vertikallasten. Da es viele Ausführungsvarianten mit unterschiedlichen statischen Anforderungen gibt, ist es in diesem Rahmen nicht möglich, sie alle zu beschreiben. Es genügt allerdings nicht, nur im Leistungsverzeichnis zu vermerken: „größere Löcher bohren“. Darüber hinaus sollten Planer bei der Wahl der Unterkonstruktion nachgiebige Bauweisen starren Varianten vorziehen.
In Bezug auf die Temperatureinwirkungen auf die Fassade sind vorzugsweise die Temperaturgrenzwerte gemäß DIN 1055 „Einwirkungen auf Tragwerke – Teil 7: Temperatureinwirkungen“ anzusetzen. Gemäß Abschnitt 6.2 der Norm beträgt der für die Berechnung anzusetzende Temperaturbereich ΔT = 61 Kelvin, resultierend aus minimaler Außenlufttemperatur von minus 24 Grad Celsius und maximaler Außenlufttemperatur von 37 Grad Celsius. Der sonst pauschale Temperaturbereich minus 20 bis plus 80 Grad Celsius (ΔT = 100 Kelvin) ist nicht praxisgerecht, weil er eine zu ungünstige Annahme darstellt. Außerdem sind in diesem Zusammenhang die objektspezifischen Eigenheiten, wie beispielsweise dunkle Farbtöne, zu berücksichtigen.
Da es keine vollkommen geräuschfreien VHF geben kann, ist eine solche Forderung auch nicht in die Ausschreibung aufzunehmen. Sogenannte „Gleitfolien“ auszuschreiben, zeugt ebenfalls nicht von ausgeprägter Fachkompetenz, da solche Folien in der Fassadenbaupraxis unbekannt sind.
Eine normgerecht erstellte VHF bedingt auch einen maßhaltigen massiven Untergrund, wie Mauerwerk, Porenbeton oder Stahlbeton. Deshalb ist dem VHF-Gewerk die Maßhaltigkeit gemäß den Toleranzvorgaben in DIN 18202 „Toleranzen im Hochbau – Bauwerke in der Ausschreibung“ vorzugeben und die Abnahme des Rohbaus durch ein Messprotokoll zu vereinbaren.
Fachgerechte Ausführung
Über die Qualität einer vorgehängten hinterlüfteten Fassade entscheidet neben der detailgenauen Planung maßgeblich auch die fachgerechte Ausführung. Deshalb empfiehlt sich die Vergabe der Arbeiten für eine Metallfassade nur an vom Industrieverband für Bausysteme im Metallleichtbau (IFBS, Düsseldorf) zertifizierte Fachunternehmen. Hilfreich sind zudem eine bauüberwachende Qualitätskontrolle sowie eine abschnittsweise Abnahme.
Dipl.-Ing. Franz Lubinski ist Sachverständiger für Dach- und Wandkonstruktionen aus Stahl und Aluminium in Ehrwald/Österreichz.