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Gewölbter Boden

Bauen im Bestand, Teil XII: Durch einen zu früh verfliesten Schnellzementestrich entstand in einem kleinen Restaurant ein erheblicher Schaden

31.08.20135 Min. Kommentar schreiben

Text: Uwe Wild

Der Fußboden in einem lang gestreckten Raum eines Restaurants war durch vier Feldbegrenzungsfugen in fünf Estrichfelder unterteilt. Nach einiger Zeit hatten sich die Estrichfelder konvex verformt. Die Ecken und Ränder drückten sich nach unten in die Dämmung, der mittlere Bereich hob sich an. Sehr wahrscheinlich lag der Estrich in Feldmitte nicht mehr vollflächig auf der Dämmschicht auf. In den Ecken der Estrichfelder waren die Absenkungen so groß, dass sie bereits deutlich sichtbar waren. Sie erreichten teilweise 19 Millimeter. Es entstanden Risse in den Fliesen und die Anschlussfuge zwischen der keramischen Sockelleiste und dem Fußboden war an den Ecken der Estrichfelder bis zu 18 Millimeter breit.

Bestandsaufnahme

Die lastverteilende Estrichschicht besteht aus einem 50 Millimeter starken Schnellzement­estrich. Dafür wurde ein Werktrockenmörtel der Festigkeitsklasse CT C 25 F4 (Biegezugfestigkeit 4 N/mm²) verwendet. Es handelt sich dabei um die Bauart A nach DIN 18 560-2 „Estriche und Heizestriche auf Dämmschichten (schwimmende Estriche)“. Auf dem Estrich wurden achteckige helle Fliesen mit diagonal angeordneten dunklen Einlegern verlegt. Die Fliesen wurden bereits etwa zwei Tage nach dem Estricheinbau verlegt. Der Fliesenleger hatte nicht die Feuchtigkeit zur Überprüfung der Belegreife gemessen, da im technischen Merkblatt des Herstellers kein konkreter Grenzwert für die einzuhaltende Restfeuchte (CM-%) angegeben war. Es enthielt lediglich den Hinweis, dass der Estrich „circa einen Tag“ nach Einbau belegreif sei. Ebenso fand kein Funktions- und Belegreifheizen des Estrichs entsprechend der vom Bundesverband Flächenheizungen und Flächenkühlungen herausgegebenen Fachinformation „Schnittstellenkoordination bei Flächenheizungs- und Flächenkühlungssystemen in Neubauten“ statt.

Feuchtemessung versäumt

Eine konvexe Estrichverformung ist typisch für Schwinderscheinungen, die nach einer zu frühen Verlegung eines starren Bodenbelages auftreten. Die Unterseite des Estrichs kann sich beim Trocknen ungehindert verkürzen, das Schwinden wird an der Oberseite durch den Fliesenbelag behindert. Während bei konventionellem Zementestrich der zulässige Restfeuchtegehalt, die anzuwendende Messmethode, das Aufheizprozedere und mehr in DIN-Normen, Merkblättern und Richtlinien genau definiert sind, wurde hier ein Schnellzementestrich verwendet, der als nicht geregelter Sonderestrich eingestuft ist. Es standen also lediglich die Angaben der Hersteller zur Verfügung.

Im Vergleich zu einem konventionellen Zementestrich ermöglicht ein Schnellzement­estrich das Aufbringen des Bodenbelages nach einer deutlich kürzeren Trockenzeit. Einige Hersteller geben konkrete Feuchtegehalte (in CM-%) an. Der Hinweis „nach circa einem Tag“, wie in diesem Fall, ist nicht präzise und technisch nicht nachvollziehbar, denn die Belegreife hängt nicht allein vom Alter des Estrichs ab. Entscheidend sind vielmehr seine Dicke sowie das Raumklima. Bei ungünstigen raumklimatischen Bedingungen dauert die Trocknung bis zur Belegreife gegebenenfalls wesentlich länger. Deshalb ist eine Feuchtemessung, wie bei konventionellen Estrichen, zwingend durchzuführen.

Aus rein technischer Sicht hätte der Fliesenleger im Rahmen der erhöhten Sorgfaltspflichten bei Schnellzementestrichen den konkreten Wert für die zulässige Restfeuchte (CM-%) über seinen Vertragspartner beim Hersteller erfragen müssen und eine Feuchtemessung mit dem CM-Gerät durchführen beziehungsweise sich die Belegreife des Sonderestrichs vom Hersteller objektbezogen bestätigen lassen müssen.

Einbaurichtlinien missachtet

Nach DIN EN 1991-1 beträgt die anzunehmende lotrechte Nutzlast bei Restaurants, Cafés und ähnlich genutzten Räumlichkeiten 3,0 kN/m². Dementsprechend muss nach DIN 18 560-2, Tabelle 2 bei der zum Einsatz gelangten Festigkeitsklasse des Schnellzementestrichs (CT C 25 F4) die Nenndicke mindestens 65 Millimeter betragen. Bei Heizestrichen der Bauart A ist nach der zuletzt genannten Norm die Estrichnenndicke zusätzlich um den Außendurchmesser des Heizrohres zu erhöhen. Bei einem Rohrdurchmesser von 15 Millimetern wäre bei einem CT C 25 F4 (Biegezugfestigkeit von 4 N/mm²) ein 80 Millimeter starker Estrich erforderlich gewesen. Bei dem hier verwendeten Schnellzementestrich ist laut technischem Merkblatt des Herstellers die Estrichnenndicke allerdings auf 50 Millimeter begrenzt. Damit hätte man dieses Produkt für diesen Verwendungszweck gar nicht einsetzen dürfen. Die zu geringe Estrichdicke ist auch eine Ursache für die Risse in der Mitte des Fliesenbelags – neben der konvexen Verformung der Estrichfelder. Um den Schaden zu beheben, musste der Estrich einschließlich Fliesenbelag und Fußbodenheizung vollständig abgerissen und neu aufgebaut werden. Die Kosten dafür belaufen sich voraussichtlich auf etwa 34.000 Euro.

Uwe Wild ist Sachverständiger für das Estrich-, Fliesen-, Platten- und Mosaiklegerhandwerk in Brandis bei Leipzig.


Tipp: Fußboden von oben nach unten planen

Der Riss im Fliesenbelag, der in einem Abstand von etwa zehn Zentimetern parallel zur Bewegungsfuge zwischen zwei Estrichfeldern verläuft, entstand nicht durch den verwendeten Schnellzementestrich. Er ist auf eine nicht deckungsgleich übernommene Feldbegrenzungsfuge des Es-trichs zurückzuführen. Estrichfugen sind in den Fliesenbelag grundsätzlich deckungsgleich zu übernehmen, was bereits in der Planung zu berücksichtigen ist. In der Praxis gestaltet sich dies jedoch häufig anders. Meist wird das Verlegemuster erst vor Ort auf der Baustelle festgelegt und die Estrichfugen werden dabei einfach überfliest. So hätte auch das Verlegemuster mit den achteckigen und diagonal angeordneten Einlegern in dem Restaurant gar nicht so ausgeführt werden dürfen. Es entstehen zwangsläufig zickzackförmige Fugen, deren Geometrie es unmöglich macht, die Fugen aus dem Estrich deckungsgleich zu übernehmen.

Regelwerke

DIN EN 1991-1, Eurocode 1: „Einwirkungen auf Tragwerke, Teil 1-1: Allgemeine Einwirkungen auf Tragwerke – Wichten, Eigengewicht und Nutzlasten im Hochbau“, Stand 2010-12

DIN 18 560-2 „Estriche im Bauwesen – Teil 2: Estriche und Heizestriche auf Dämmschichten (schwimmende Estriche)“, Stand 2009-09

ZDB-Merkblatt „Beläge auf Zementestrich – Fliesen und Platten aus Keramik, Naturwerkstein und Betonwerkstein auf beheizten und unbeheizten zementgebundenen Fußbodenkonstruktionen“, herausgegeben vom Fachverband Fliesen und Naturstein im Zentralverband des Deutschen Baugewerbes, Stand 2007-06

„Schnittstellenkoordination bei Flächenheizungs- und Flächenkühlungssystemen in Neubauten“, herausgegeben vom Bundesverband Flächenheizungen e. V., Hagen, Stand 2011-05

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