Von Roland Appl
Gründächer auf Wohn- wie Gewerbebauten sind immer beliebter – doch nicht jedes Dach eignet sich für die Begrünung. Die Weichen hierfür sind, wenn möglich, schon bei der Planung des Gebäudes zu stellen. Gründach-Systeme differieren in der Bauhöhe je nach Art der Begrünung zum Teil stark. Entsprechend unterschiedlich ist ihr Eigengewicht, was auch bei der statischen Bemessung der Decke und der Festlegung der Anschlusshöhen zu berücksichtigen ist. Auch die Dachneigung sollte nicht zu groß gewählt werden, damit der Aufwand für die Maßnahmen zur Schubsicherung überschaubar bleibt und ein Begehen der Flächen möglich ist. Wichtig ist außerdem, dass die statische Auflast genau berechnet wird. Extensive Dachbegrünungen lassen sich bereits mit einem Gewicht realisieren, das geringer als das eines fünf Zentimeter dicken Kiesbelages ist. Nach oben gibt es kaum eine Grenze; eine Tiefgaragen-Überdeckung mit rund einem Meter Substrathöhe erreicht zum Beispiel ein Eigengewicht von rund 1,5 Tonnen pro Quadratmeter. Kenngrößen für die Lastannahmen der bei Dachbegrünungen eingesetzten Materialien und Produkte sind im Anhang der FLL-Dachbegrünungsrichtlinie (siehe auch Info-Kasten) aufgeführt.
Bei lose verlegten Dachabdichtungen oder auch bei Umkehrdächern muss darauf geachtet werden, dass das Eigengewicht der Dachbegrünung ausreichend hoch ist, um ein Abheben der Dichtungsmembran oder der Wärmedämmplatten aus extrudiertem Polystyrol wegen Windsogs zu verhindern. Maßgebend ist hier das Eigengewicht des Aufbaus im trockenen Zustand, während für die statische Bemessung der wassergesättigte Zustand ausschlaggebend ist. Wassergesättigt heißt, dass das Substrat Feuchtigkeit gegen die Schwerkraft hält und die Wasserspeichermulden der Dränelemente gefüllt sind, dass aber Überschusswasser über die Dränschicht den Entwässerungseinrichtungen zugeführt und über diese vom Dach abgeleitet wird. Etwa auf der Dachabdichtung angestautes Wasser ist statisch gesondert zu berücksichtigen.
Für ein Gründach ist auch eine Abdichtung wichtig, die den mechanischen Belastungen während der Bauausführung standhält. Sie sollte darüber hinaus wurzelfest sein. Das beste Kriterium hierfür ist der Nachweis einer bestandenen Wurzelschutzprüfung nach dem FLL-Verfahren. Und sie sollte so verlegt werden, dass kein Wasser darunterlaufen kann. Außerdem empfiehlt sich eine Dampfsperre mit einem hohen Sperrwert. Sogenannte „Klimamembranen“, wie sie im Holzbau eingesetzt werden, funktionieren unter Begrünungen nicht, weil sich Tauwasser in unzulässigen Mengen bilden kann. Die Druckfestigkeit der Wärmedämmung muss zudem der geplanten Nutzung entsprechen.
Entwässerung sicherstellen
Die Entwässerungseinrichtungen, zum Beispiel innen liegende Dachgullys oder seitlich angeordnete Wasserspeier, sollten kontrolliert und notfalls von Einwüchsen befreit werden können. Hierzu sind Kontrollschächte erforderlich, die es in unterschiedlichen Bauhöhen gibt. Damit das Wasser die Entwässerungspunkte erreicht, sind Dränschichten erforderlich. Deren Dimensionierung hängt unter anderem ab vom Dachgefälle, von der Entwässerungslänge, von der zu erwartenden Auflast sowie von der unter der Substratschicht anfallenden abzuführenden Wassermenge. Bei Dächern mit Pfützenbildung kommt es überdies darauf an, dass die Dränschicht so hoch ist, dass die Substratschicht an keiner Stelle mit dem stehenden Wasser in Berührung kommt. Dies würde sich schnell im Bewuchs abzeichnen oder sogar zu Pflanzenausfällen führen.
Schnittstelle der Gewerke
Bei der Dachbegrünung treffen im Regelfall zwei Gewerke aufeinander: Dachdecker für die Abdichtung und in der Regel Landschaftsgärtner für die Begrünung. Da zwischen der Abnahme der Dachabdichtung und dem Beginn der Begrünungsarbeiten oftmals ein beträchtlicher Zeitraum liegt, kommt es darauf an, das fertige Gewerk in der Zwischenzeit zu schützen und vor der Begrünung die Abdichtung nochmals sorgfältig zu prüfen. Erst wenn sich hier alles als einwandfrei herausgestellt hat, sollte mit den Begrünungsarbeiten begonnen werden.
Wartung und Pflege beachten
Gründächer, die nicht als Garten genutzt werden, sondern als extensive Begrünung ökologische Funktionen erfüllen, sollten ohne größere bauliche Maßnahmen für Pflege- und Wartungsarbeiten zugänglich sein. Für solch kurzfristige Pflegearbeiten müssen bei Dächern mit mehr als drei Metern Absturzhöhe zumindest Anschlagmöglichkeiten für persönliche Schutzausrüstungen vorgesehen werden; anderenfalls werden Geländer oder ausreichend hohe Attiken benötigt. Auch ein Wasseranschluss mit genügend Druck sollte in der Nähe der Dachfläche eingeplant werden.
Die schönste Begrünung nützt jedoch nichts, wenn sie später nicht entsprechend gepflegt wird. Deshalb sind die Art der geplanten Bepflanzung und der damit verbundene Aufwand mit dem Bauherrn im Vorfeld abzustimmen. Kann die notwendige Pflege nicht gewährleistet werden, empfiehlt sich eine extensive Begrünung mit robusten Pflanzen. Sie kommt in unserer Klimaregion meist ohne zusätzliche Bewässerung aus. Vorsicht geboten ist zudem bei Rasen, der auch auf einem Dach regelmäßig gemäht werden muss.
Dipl.-Ing.(FH) Bauphysik Roland Appl ist Technischer Leiter bei der ZinCo GmbH in Unterensingen.
Gründach-Regeln
Regeln für Dächer mit Abdichtungen – Flachdachrichtlinie
Zentralverband des Deutschen Dachdeckerhandwerks,
Rudolf Müller Verlag, Köln, 2008
Regeln für die Planung, Ausführung und Pflege von
Dachbegrünungen – Dachbegrünungsrichtlinie
Forschungsgesellschaft Landschaftsentwicklung Landschaftsbau e. V. (FLL), Bonn, 2008
DDV-Leitfaden Dachbegrünung „Sicherer Gewerkeübergang“
Deutscher Dachgärtner Verband e. V., Nürtingen, 2008