Text: Georg Staß
Die Brennstoffzellen-Technologie ist nach Angaben ihrer Hersteller die effizienteste, die der Markt derzeit zu bieten hat. Mit der Technik lassen sich dezentral Strom und Wärme nach dem Prinzip der Kraft-Wärme-Kopplung bei einem äußerst niedrigen Energieverbrauch erzeugen. Gleichzeitig ist der Wirkungsgrad sehr hoch und durch den geringen Ausstoß an Treibhausgasen wird die Umwelt deutlich geschont. Zwar ist die Technologie nicht völlig neu, doch ein Durchbruch ließ lange auf sich warten. Als Zielgruppe standen bislang eher private Bauherren im Fokus, von denen viele aufgrund der vergleichsweise hohen Kosten für eine Anlage im Ein- oder Zweifamilienhaus lieber verzichteten. Sie können jedoch für den Einsatz einer Brennstoffzellen-Heizung im niedrigen Leistungsbereich verschiedene Fördermöglichkeiten, wie den KWK-Bonus – oder seit August letzten Jahres – die KfW-Förderung nach Programm 433, in Anspruch nehmen.
Interessant ist der Brennstoffzellen-Einsatz aber auch vor allem für große Gebäude mit hohem Energiebedarf. So hat in London der landesweit größte Projektentwickler Land Securities mit 20 Fenchurch Street einen Hochhaus-Bürokomplex errichtet, der mit dieser Technologie ausgestattet ist. Der im Jahr 2015 mit dem „International Property Award“ ausgezeichnete Neubau liegt im Zentrum der Stadt; der Projektentwickler bezeichnet ihn aufgrund des charakteristischen Entwurfs des Architekten Rafael Viñoly sowie seines nachhaltigen Energieversorgungskonzepts als eines der „neuen Wahrzeichen“ der City of London. Mit dem Einbau einer Brennstoffzelle zur Strom- und Wärmeversorgung ist das Projekt ein wichtiger Bestandteil des vom Bürgermeister der britischen Hauptstadt formulierten Ziels, ein Viertel des in London benötigten Stroms aus dezentraler Erzeugung bereitzustellen und die CO2-Emissionen bis zum Jahr 2025 um 60 Prozent zu verringern.
Strom und Wärme zum Heizen und Kühlen
In dem 38-geschossigen Bürogebäude wurde eine „DFC 300 EU“-Brennstoffzelle der FuelCell Energy installiert, die mit Erdgas betrieben wird und rund 300 Kilowatt Strom erzeugt. Die Stromerzeugung in der Brennstoffzelle erfolgt verbrennungslos durch eine chemische Aufspaltung des zugeführten Gases. Bei diesem geräuschlosen Prozess entsteht zusätzlich Abwärme, die für die Beheizung beziehungsweise durch den Einsatz von Absorbern zum Kühlen der rund 64.000 Quadratmeter großen Gebäudefläche genutzt wird. Durch die hohe Energieeffizienz der Technologie erreichen die Betreiber einen Gesamtwirkungsgrad der eingesetzten Energie von rund 85 Prozent.
Bei der Suche nach einem Technologiepartner wurde Land Securities beim US-amerikanischen Anbieter FuelCell Energy fündig, der mit der in Dresden ansässigen FuelCell Energy Solutions (FCES) seit mehreren Jahren über ein Tochterunternehmen in Europa verfügt. Neil Pennell, Technikchef von Land Securities: „Durch die deutsche Tochter konnten wir sicherstellen, dass die Lösung alle technischen Anforderungen für den 50-Hertz-Betrieb sowie die europaweit geltenden Sicherheitsstandards erfüllen wird.“ Die Dresdener FCES stellt den Betrieb via Remote-Monitoring sowie den Service für alle europaweit im Einsatz befindlichen Anlagen sicher.
Aufgrund des geringen Platzbedarfs von sechs mal sechs Metern wurde die Brennstoffzelle gemeinsam mit weiterem technischen Equipment des Gebäudes innerhalb von sechs Wochen in einem rund 130 Quadratmeter großen Kellerraum installiert und arbeitet bereits seit Ende 2015 im Dauerbetrieb. Der Aufbau der Brennstoffzelle und der auf weitere Kellerräume verteilten Anlagenperipherie verlief nach Aussage des Betreibers problemlos. Nur der Aufwand für die unterstützenden Systeme zur Erhöhung des Gasdrucks oder zur Belüftung des Technikraums führte zu einem technischen Mehraufwand im Gebäude.
Langfristig rentabel und kaum Emissionen
Die neue Technologie ist zwar in der Anschaffung teurer als herkömmliche Blockheizkraftwerke, rentiert sich aber durch die lange Laufzeit, die niedrigen Energiekos-ten für den Betrieb und die gute Umweltbilanz. Wegen ihrer geringen Emissionen wären Brennstoffzellen auch hierzulande für zahlreiche Städte eine Lösung. Denn die laut der europäischen Richtlinie (EU) 2008/50/EG über Luftqualität und saubere Luft für Europa einzuhaltenden Grenzwerte sind für Städte oft problematisch. Allein durch die verbrennungsfreie Strom- und Wärmeerzeugung in 20 Fenchurch Street sinkt beispielsweise der Ausstoß an Stickoxiden um über 98 Prozent im Vergleich zum Grenzwert für neue Gasmotoren/-turbinen gemäß der europäischen Richtlinie (EU) 2015/2193 zur Begrenzung der Emissionen bestimmter Schadstoffe aus mittelgroßen Feuerungsanlagen. Die Schadstoffbelastung durch Feinstaub und andere Emissionen verringert sich ebenfalls signifikant.
Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) plant zurzeit ein Technologieeinführungs-Programm für große stationäre Brennstoffzellen, ähnlich wie dies für kleine Brennstoffzellen bereits existiert. Auch die EU fördert im Rahmen des „Fuel Cells and Hydrogen Joint Undertaking“ (FCH-JU) Projekte im Bereich der sauberen und dezentralen Energieversorgung. Um die Investitionskosten für Projektentwickler und Betreiber niedrig zu halten, können die FCES-Kraftwerke sowohl als Leasing- oder Contracting-Lösungen als auch unter einem Power Purchase Agreement (PPA) betrieben werden, das dem Kunden die Energielieferung in einer vertraglich festgeschriebenen Höhe garantiert. Andreas Frömmel, bei FuelCell Energy Solutions für die Geschäftsfeldentwicklung in Europa verantwortlich: „Unsere Brennstoffzellen-Kraftwerke können bereits heute je nach Region Strom zu Kosten unter den Marktpreisen produzieren.“
Brennstoffzellen eignen sich für alle größeren Gebäudekomplexe, die einen kontinuierlich hohen Strom- und Wärmebedarf haben. Neben Krankenhäusern werden inzwischen in Amerika auch Hochschulen auf diesem Weg versorgt. Während im Hochbau im Moment noch kleinere Brennstoffzellen zum Einsatz kommen, werden in Fabriken sehr leistungsstarke Anlagen verbaut. So wurde im Sommer 2016 beim baden-württembergischen Werkstoffhersteller Friatec die erste europäische Brennstoffzelle im Megawatt-Leistungsbereich in Betrieb genommen. In Südkorea, das aufgrund einer vorbildlichen Förderpolitik weltweit eine Vorreiterrolle beim Einsatz der neuen Technologie einnimmt, ist man schon einen Schritt weiter. Hier wird in der Stadt Daegu ein Brennstoffzellen-Park mit einer Nennleistung von 60 Megawatt betrieben, der einen ganzen Stadtteil mit Energie versorgt. Insofern sind auch im Wohnungsbau große Quartierslösungen denkbar, die netzunabhängig die Strom- und Wärmeversorgung von Siedlungen sicherstellen.
Georg Staß betreibt ein Redaktionsbüro mit Schwerpunkt IT, Energie und Technologie in Berlin. Das im Text genannte Unternehmen FCES gehört zu seinen Kunden.
Einsatzbeispiel in Berlin
Auch in Deutschland sind bereits leistungsfähige Brennstoffzellen im Einsatz. Der nach Entwürfen des Architekten Christian Pelzeter neu errichtete Dienstsitz des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) in Berlin verfügt über ein innovatives Energiekonzept und wird durch eine gasbetriebene Brennstoffzelle mit Strom und Wärme versorgt. Im Vergleich zu einer herkömmlichen Erzeugung werden durch die elektrochemische Energieumwandlung mittels Brennstoffzelle Gaseinsparungen von rund 30 Prozent realisiert. Aufgrund der Nachhaltigkeit und Energieeffizienz erhielt der BMBF-Neubau die höchste Auszeichnungsstufe „Gold“ nach dem Bewertungssystem „Nachhaltiges Bauen für Bundesgebäude“. Die FuelCell Energy Solutions gibt Architekten und Fachplanern im Rahmen regelmäßig stattfindender Führungen durch das BMBF einen Einblick in die Technologie und die konkrete bauliche Umsetzung vor Ort.
Anmeldung unter: info@fces.de
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