Von Klaus Lambrecht und Uli Jungmann
Ein wesentliches Kriterium für die Auswahl und Dimensionierung der Anlagentechnik ist die Heizlast des Gebäudes. Die Heizlast hängt wiederum vom Wärmedämmstandard und dem notwendigen Außenluftwechsel sowie der Wärmespeicherfähigkeit des Gebäudes ab. Wesentlichen Anteil am Wärmedämmstandard heutiger Neubauten hat die Verglasung. Die Transmissionswärmeverluste von Zwei-Scheiben-Wärmeschutzfenstern sind etwa fünf Mal höher als von opaken Bauteilen, diejenigen von Drei-Scheiben-Wärmeschutzfenstern immerhin noch drei Mal höher. Schon bei einem Fensterflächenanteil von 15 Prozent sind Zwei-Scheiben-Wärmeschutzverglasungen für fast die Hälfte der Transmissionswärmeverluste verantwortlich. Die solaren Gewinne über die Fenster sind für die maximale Heizlast von untergeordneter Bedeutung, da sie nicht kontinuierlich zur Verfügung stehen.
Des Weiteren lässt sich die Heizlast durch Rückgewinnung der Lüftungswärmeverluste reduzieren. Bei heutigen Neubauten liegt ihr Anteil, bezogen auf die gesamten Wärmeverluste, teils deutlich über 50 Prozent. Sowohl die Höhe der Heizlast als auch die Heizzeiten im Jahres- und Tagesverlauf variieren in Abhängigkeit vom Energiestandard der Gebäudekonstruktion und der Lüftungstechnik.
Das zweite wesentliche Kriterium für die Auswahl und Dimensionierung der Anlage ist der Warmwasserbedarf. Seine energieeffiziente Deckung erfordert aufgrund höherer Temperaturniveaus andere Strategien als die effiziente Deckung der Heizwärme. Je niedriger der Heizwärmebedarf, desto höher wird der Anteil des Warmwasserbedarfs am gesamten Wärmebedarf des Gebäudes und desto mehr bestimmen die Strategien zu seiner Deckung das Energiekonzept des Gebäudes.
Wärmeverteilung
Entscheidenden Einfluss auf die Effizienz einer Wärmeerzeugung können auch Wärmeverteil- und -übergabesysteme haben. Hierbei kommt es vor allem auf die Temperaturniveaus in der Wärmeverteilung an. Ein unsanierter Altbau lässt sich nicht mit Vorlauftemperaturen von 30 Grad Celsius beheizen, heizlastoptimierte Gebäude schon. Niedrige Vorlauftemperaturen können mittels Flächenheizungen erreicht werden und verbessern die Effizienz von Brennwertkesseln, Solaranlagen und Wärmepumpen erheblich. Eine weitere Möglichkeit der Wärmeübergabe besteht über die Zuluft. Bei beschränktem Luftwechsel (nur notwendiger Außenluftwechsel, keine Umluft) sind der Heizleistung von Luftheizungen jedoch enge physikalische Grenzen gesetzt. Solche Anlagen funktionieren nur in Passivhäusern. Typische Temperaturniveaus der dazu benötigten Heizregister in der Zuluft liegen bei etwa 50 Grad Celsius.
Biomasse
Biomasse-Heizungen mit Pellets, Stückholz oder Hackschnitzeln sind relativ unempfindlich gegenüber hohen Heizkreistemperaturen und eignen sich daher auch sehr gut für zu sanierende Altbauten. Zu beachten ist die Größe des Brennstofflagers, das für Pellets bei gleichem Energieinhalt etwa drei Mal mehr Raum erfordert als für Heizöl. Gelingt es, im Zuge einer Sanierung den Wärmebedarf auf ein Drittel zu senken, können Pellets in einem früheren Öllagerraum untergebracht werden. Um die relativ hohen Stillstandsverluste im Sommer und insbesondere häufige Zündvorgänge zu vermeiden, empfiehlt sich die Kombination mit einer Solaranlage, die den Warmwasserbedarf im Sommer komplett decken kann. Der Heizkessel kann in dieser Zeit ausgeschaltet bleiben. Damit die Heizung weniger oft gezündet werden muss und da sie sich bei der Verfeuerung von Festbrennstoffen schlechter regeln lässt, ist ein Heizkreispufferspeicher mit einer Größe von mindestens 50 Liter Puffer je Kilowatt Kesselnennleistung notwendig. Dieser lässt sich wiederum hervorragend als Kombispeicher bei einer solaren Heizungsunterstützung nutzen. Wird ein Biomassekessel im Wohnraum aufgestellt, verbreitet das Feuer eine wohlige Atmosphäre und die Wärmestrahlung kann direkt genutzt werden. Insbesondere bei Kombination von Lüftungsanlagen mit Feuerstätten im Wohnraum sollte der Ofen für den raumluftunabhängigen Betrieb zugelassen, also luftdicht verschließbar sein. Die Verbrennungsluftzufuhr sollte direkt von außen erfolgen. Bei Unterdruck im Gebäude können sonst Abgase in den Aufstellraum gelangen. In Gebäuden mit geringem Wärmebedarf kann die Abwärme eines Biomasseofens den Wohnraum aber auch überhitzen, insbesondere wenn der Ofen wegen einer fehlenden Solaranlage gleichzeitig im Sommer warmes Wasser bereiten soll.
Solaranlage
Solaranlagen zur Warmwasserbereitung haben sich inzwischen weitgehend durchgesetzt. Doch sie können auch zur Raumheizung einen wesentlichen Beitrag leisten. Allerdings sind für den winterlichen Betrieb Flächenheizungen (Wand- oder Fußbodenheizungen) mit möglichst niedrigen Vorlauftemperaturen unabdingbar. Eine Solaranlage kann auch an kalten Tagen ausreichend Warmwasser zur Raumheizung mit bis zu 40 Grad Celsius zur Verfügung stellen. Um diese solar gewonnene Energie auch nutzen zu können, muss das Gebäude jedoch mit dem gegebenen Temperaturniveau beheizbar sein. Solaranlagen zur Raumheizung sollten steiler aufgestellt werden als solche zur Warmwasserbereitung und auf die Wintersonne ausgerichtet werden. Fassadenintegrierte Solarkollektoren ersetzen gleichzeitig die Fassadenverkleidung; gestalterisch gibt es hier hervorragende Möglichkeiten. Ein KfW-Effizienzhaus 55 kann mit einer Kollektorfläche von 0,2 Quadratmetern je Quadratmeter Gebäudenutzfläche über 50 Prozent des gesamten Wärmebedarfs solar decken.
Wärmepumpe
Wärmepumpen dienen dazu, Wärmequellen nutzbar zu machen, deren Temperaturniveau zur direkten Beheizung von Gebäuden nicht ausreicht. Die Wärmepumpe „pumpt“ die Temperatur der Wärmequelle auf ein nutzbares Niveau. Je größer der notwendige Temperaturhub durch die Wärmepumpe ist, desto geringer wird deren Effizienz. Da die Temperatur der Wärmequelle nicht beeinflussbar ist, muss zur Effizienzsteigerung der Wärmepumpe die Heizkreistemperatur im Gebäude gesenkt werden. Wärmequellen können das Erdreich, Wasser oder Grundwasser sowie Außen- oder Abluft sein. Erdreich, Wasser und Grundwasser haben bei richtiger Dimensionierung der Anlage das ganze Jahr über ein fast konstantes Temperaturniveau und eignen sich damit das ganze Jahr hindurch als Wärmequelle sowie im Sommer zur passiven Kühlung. In der Übergangszeit bei noch relativ hohen Außenluft- und niedrigen Heizkreistemperaturen arbeiten Außenluft-Wärmepumpen effizienter als im Winter, wenn die meiste Heizwärme benötigt wird. Ihre Jahresarbeitszahlen sind deshalb vergleichsweise schlecht. Sie lassen sich jedoch durch die Nutzung der Abluft des Gebäudes verbessern. Ihre Temperatur ist höher als die der Außenluft, selbst wenn sie bereits den Zu-Abluft-Wärmetauscher durchströmt hat. Allerdings ist die verfügbare Abluftmenge begrenzt und reicht meist nicht als alleinige Wärmequelle aus. In der Regel wird sie daher mit Außenluft ergänzt. Auch Wärmepumpen lassen sich hervorragend mit Solaranlagen kombinieren. Den höchsten Temperaturhub muss die Wärmepumpe in der Regel zur Warmwasserbereitung leisten; hierbei arbeitet sie am schlechtesten. Wasser kann eine Solaranlage über einen großen Teil des Jahres deutlich effizienter erwärmen. Zur Pufferung von Lastspitzen beim Heizen empfiehlt sich auch bei Wärmepumpen der Einsatz eines Heizkreispufferspeichers.
Kompaktgeräte
Kompaktgeräte kombinieren mehrere Funktionen in einem Bauteil: Lüftungswärmerückgewinnung, Wärmepumpe zur Warmwasserbereitung und Heizung, häufig noch eine eingebundene Solaranlage. Kompaktgeräte bieten insbesondere für Gebäude mit Heizleistungen von wenigen Kilowatt eine effiziente Wärmeversorgung. Seit einigen Jahren bietet der Markt auch Kompaktgeräte zum Anschluss von Fußbodenheizungen. Damit wurde das Einsatzspektrum deutlich erweitert und ist nun nicht mehr auf Passivhäuser mit Luftheizungen beschränkt. Integriert ist meist eine Luftwärmepumpe, die sich vorzugsweise der Abluft als Wärmequelle bedient. Reicht diese nicht aus, kann die Außenluft hinzugenommen werden.
Kraft-Wärme-Kopplung (KWK)
Die Kraft-Wärme-Kopplung bietet die Möglichkeit, einen Brennstoff durch gleichzeitige Wärme- und Stromproduktion effizienter auszunutzen. Aufgrund ihrer Unempfindlichkeit gegenüber hohen Heizkreistemperaturen eignet sie sich besonders für solche Altbauten, bei denen die Heizkreistemperaturen aus denkmalpflegerischen oder anderen Gründen nicht gesenkt werden können. Sinnvoll ist der Einsatz von KWK, wenn Strom- und Wärmebedarf zu gleicher Zeit besteht. Die jährlichen Volllaststunden sollten mindestens 4 000 bis 5 000 umfassen. Daraus ergibt sich ein bevorzugtes Einsatzgebiet, etwa bei Mehrfamilienhäusern, Hotels oder Fitness-Centern. Der Markt bietet hier zunehmend auch kleine Geräte mit wenigen Kilowatt thermischer Leistung an. Besonders ökologisch ist Kraft-Wärme-Kopplung mit regenerativen Brennstoffen wie Bioöl oder -gas.
Optimieren, nicht maximieren
Nicht nur auf regenerative Heiztechniken wirken sich niedrige Heizkreistemperaturen effizienzsteigernd aus. Diese werden durch eine heizlastoptimierte Gebäudekonstruktion erreicht. Die effizientesten Energiekonzepte kombinieren intelligent möglichst wenige haustechnische Komponenten mit einer passenden Gebäudekonstruktion. Dabei ist weniger meist mehr. Gute Konzepte nutzen nicht möglichst viele Techniken, sondern nur die für das jeweilige Gebäude am besten geeigneten. Zur Entwicklung energieeffizienter Gebäude ist daher das Zusammenspiel mehrerer Disziplinen erforderlich. Schon in der Entwurfsphase sollten die Fachplaner für Tragwerk, Anlagentechnik, Bauphysik und Energieplanung beratend hinzugezogen werden. Das Arbeiten in Netzwerken erleichtert diesen integralen Planungsansatz.t
Diplom-Physiker Klaus Lambrecht und Architekt Uli Jungmann sind Partner der ECONSULT Lambrecht Jungmann Partner in Stuttgart und Rottenburg und beraten die Bundesregierung zur EnEV 2012, die KfW sowie Planungsbüros, www.solaroffice.de.
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Schöner, ausführlicher Artikel, den ich so oder auch so ähnlich noch nirgendwoe gefunden habe. Dabei ist es so naheliegend die beiden Arten der Energiebschaffung praktisch miteinander zu kombinieren.