Das Prinzip ist ebenso einfach wie genial: Tageslicht wird durch ein hochreflektierendes Rohr ins Gebäudeinnere geleitet und an der Zimmerdecke im Raum gestreut. Das klingt banal, doch erst 1986 meldete ein Australier nach jahrelanger Arbeit diese Erfindung zum Patent an. Von Australien aus traten die Lichtkamine dann ihren Siegeszug an. Neben dem einheimischen Markt eroberte das Produkt seit den 90er-Jahren vor allem Nord- und Südamerika. Dort sind die Lichtsammler besonders wegen der äußerst geringen Wärmeleitung ins Gebäudeinnere so beliebt, denn ihre Fläche auf dem Dach ist gegenüber Lichtkuppeln oder Dachfenstern um ein Vielfaches kleiner. Weitere Gründe sind der vergleichsweise günstige Preis und die einfache und sichere Montage. In Australien werden heute zum Beispiel im Verhältnis gesehen etwa so viele Lichtkamine eingebaut wie in Deutschland Dachfenster.
Wer sich hierzulande für einen „Lichtkamin“ interessiert und unter diesem Begriff im Internet recherchiert, wird allerdings kaum fündig. Jeder der fünf in Deutschland agierenden Anbieter hat neben der Produktbezeichnung noch eigenständige Namen eingeführt und diese zum Teil miteinander kombiniert. Unter anderem werden die verschiedenen Lösungen als Sonnenröhren, Tageslicht- und Solarspot oder Rohrdachfenster bezeichnet. Funktionsprinzip und Aufbau sind dagegen nahezu identisch. Alle Lichtkamine bestehen im Wesentlichen aus den folgenden drei Hauptkomponenten.
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Der Lichtsammler
Eine auf dem Dach installierte Acrylglaskuppel, deren Aufgabe im Einsammeln des Tageslichtes besteht. Die halbrunde Form stellt den größtmöglichen Tageslichteinfall sicher und sorgt dafür, dass Regenwasser schnell abläuft. In Verbindung mit der geschlossenporigen, äußerst glatten Acrylglasoberfläche entsteht ein selbstreinigender Effekt. Das Material wird auch durch Hagelkörner nicht zerstört. Nur ein Anbieter setzt statt der Acrylglaskuppel eine Scheibe aus Sicherheitsglas ein, die außen mit einer selbstreinigenden Beschichtung versehen ist. Vorteile bietet hier der ästhetische Aspekt. Die flache Scheibe lässt sich harmonisch in Steildachflächen integrieren.
Der Lichtleiter als Rohr
In einem hoch reflektierenden Rohr wird das Licht dann weitergeleitet. Diese Hohllichtleiter – auch optische Röhren genannt – bestehen standardmäßig aus Aluminium, dessen Innenseite metallisch verspiegelt ist. Treffen die Lichtstrahlen auf diese Fläche, werden sie durch die Reflexion auf die gegenüberliegende Fläche umgelenkt und weiter nach unten reflektiert, bis das Ende der Röhre erreicht ist. Allerdings verliert der Lichtstrom bei jeder Spiegelung an Intensität. Wie groß der Verlust insgesamt ist, hängt von der Qualität der Beschichtung und vom zurückzulegenden Weg ab. Die Qualität der lichtspiegelnden Beschichtung unterscheidet sich bei den einzelnen Anbietern nicht gravierend. Es werden Licht-Reflexionsgrade zwischen 95 und 99 Prozent angegeben, was den Lichtkaminen generell einen hohen Wirkungsgrad bescheinigt. Viel entscheidender für die Lichtausbeute sind die Länge des Rohres und sein Durchmesser. Bis zu vier Meter kann Tageslicht mit nur geringem Verlust in das Gebäudeinnere geleitet werden. Empfohlen wird eine maximale Einbaulänge von sechs Metern. Etwa 70 Prozent des oben einfallenden Lichtes kommen dann unter optimalen Bedingungen unten noch an. Das hängt zum Beispiel auch von der Rohrführung ab. Zwar können die Rohre bis 90 Grad abgewinkelt werden, in diesen Bereichen geht allerdings auch mehr Licht verloren.
Der Lichtleiter als Schlauch
Alternativ zu den starren Rohren haben einige Anbieter zusätzlich noch einen flexiblen Lichtlenkschlauch im Programm. Dafür wird eine metallisierte Kunststofffolie verwendet. Eine eingearbeitete Stahlspirale bringt das Material in Form und sorgt für Stabilität. Vorteil dieses Systems ist die hohe Einbauflexibilität, wenn beispielsweise Dachbalken im Wege stehen. Nachteil ist der wesentlich geringe Reflexionsgrad. Gehen bei den optischen Röhren nur etwa zwei Prozent vom einfallenden Licht pro Spiegelung verloren, sind es beim Lichtlenkschlauch etwa 22 Prozent. Aus der spürbar niedrigeren Beleuchtungsstärke resultieren entsprechend geringere Einbaulängen von 60 Zentimeter bis maximal zwei Meter.
Der Lichtverteiler
Am unteren Ende der Röhre wird das Licht mithilfe einer Streulinse im Raum verteilt. Streulinsen bestehen aus Acrylglas. Sie bewirken prinzipiell eine blendfreie und gleichmäßige Tageslichtausleuchtung des Raumes. Je nach Linsenart werden unterschiedliche Lichteffekte erreicht. Die prismierte, leicht gewölbte Streuscheibe sorgt zum Beispiel für eine breite Lichtverteilung. Große Linsen verhindern Schatten im Raum, flache Lichtverteiler ergeben eine punktuelle Beleuchtung.
In Wohn- oder Büroräumen endet das Bauteil üblicherweise flächenbündig an der Unterkante der Decke – gestalterisch ist das oft ein Vorteil. Lediglich der Abdeckring bei runden Lichtverteilern bleibt dann noch sichtbar. Eine eckige Form ermöglicht sogar die vollständige Integration in herkömmliche Kassettendecken. Frei hängende Varianten sind ebenfalls verfügbar.
Extraausstattung
Neben der Lichtverteilung schließen Streulinsen den Lichtkamin nach unten hin luftdicht ab. Der luftdichte Abschluss oben ist bei den Systemen ebenfalls gewährleistet. Dadurch kann die lichtreflektierende Röhre praktisch nicht verschmutzen, eine dauerhaft hohe Lichtqualität ist so sichergestellt. Wer plant, den als Zubehör erhältlichen Lüfter mit einzubauen, sollte sich in diesem Zusammenhang die Funktionsweise von den Anbietern genauer erklären lassen. Gelangt dabei die mit Staub und anderen Partikeln verunreinigte Raumluft in den Lichtkamin, besteht die Gefahr einer vorzeitigen Verschmutzung. Grundsätzlich bietet der Lüfter dennoch Vorteile, zum Beispiel in innenliegenden Gäste-WCs. Gerade für derart kleine Räume ist außerdem die Zusatzausstattung des Lichtkamins mit einer Kunstlichteinheit mit Glühbirne oder Leuchtstofflampe interessant.
Vielseitig im Einsatz
Die Lichtkamine sind in unterschiedlichen Durchmessern erhältlich. Für Wohn- und kleinere Büroräume werden 25 oder 35 Zentimeter empfohlen; größere Durchmesser mit etwa 50 oder 65 Zentimetern sind ideal für die Beleuchtung von Gewerbebauten, Produktions- oder Lagerhallen. Von der Dachneigung und der Art des Eindeckmaterials sind die Systeme praktisch unabhängig. Für Flachdach oder Steildach, Dachziegel, Holzschindeln oder Wellplatten gibt es die unterschiedlichsten Dachanschlüsse. Sie sind in einem Stück gefertigt, um undichte Stellen am Dach zu vermeiden, und sichern die optimale Position des Rohres, um einen guten Lichteinfall zu erzielen. Es können auch Sonderaufsätze für ältere Dächer angefertigt werden. Eine Begrenzung der Dachneigung von 15 bis 60 Grad ist lediglich bei einem System vorgegeben. Ein anderes bietet dagegen sogar eine Variante zur Rohrdurchführung in Außenwände an.
Trotz des breiten Spektrums der Möglichkeiten, sollte man bei der Planung von Lichtkaminen realistisch bleiben. Ideal sind kurze und möglichst gerade Wege. Beim innerstädtischen Dachausbau oder Ein- und Zweifamilienhäusern spielen die Systeme ihre Stärke besonders aus. Nicht nur beim Preis für den Lichtkamin im Vergleich zu anderen Möglichkeiten, Räume mit Tageslicht zu versorgen. Zusatzkosten wie für aufwendige Öffnungen in der Dachfläche, die in der Regel noch das Aussteifen der Holzkonstruktion erfordern, bleiben erspart. Die geringen Durchmesser der Lichtröhren machen dies möglich.
Außerdem spricht für die Lichtkamine unmittelbar unter dem Dach ihr äußerst geringer Wärmeeintrag. Neben der kleinen Fläche, die sie beanspruchen, werden die für die Wärme zuständigen langen ultravioletten Strahlen des Sonnenlichts nicht reflektiert.
Darüber hinaus geht der Aufwand für Pflege und Wartung gegen null. Allenfalls sind nach Jahren Kuppel und Rohr zu reinigen. Diese Vorteile sind für Gewerbebauten gleichermaßen interessant, weil man problemlos bestehende Hallen mit Lichtkaminen nachrüsten kann. Tageslicht macht uns Menschen wesentlich leistungsfähiger, wir fühlen uns wohler und sind nachweislich weniger krank. Grund genug also, um bei der nächsten Planungsaufgabe auch einmal die in der Fachpresse nur selten erwähnten Lichtkamine mit in Betracht zu ziehen.
Soviel Tageslicht kommt an
Orientierungswerte:
Bei Sonnenschein werden im Freien durchschnittlich 60 000 Lux (Maßeinheit der Beleuchtungsstärke) gemessen. Eine Glühlampe mit 75 Watt bringt in 1,5 Meter Entfernung von der Lichtquelle 30 Lux. In 1,5 Meter Entfernung von der Streulinse werden bei einem optimal eingebauten Lichtkamin mindestens 300 Lux erreicht.
Rohrsystem:
• Röhre bis 1 Meter: Es ist hell bis sehr hell. Das Licht ist ausreichend zum Arbeiten, Lesen und Wohnen.
• Röhre 1 bis 2 Meter: Es ist hell, aber Lesen und Arbeiten ist nur direkt unter der Streulinse möglich.
• Röhre 2 bis 4 Meter: Diese Länge macht Sinn bei Räumen völlig ohne Tageslicht, wo es ansonsten stockdunkel ist.
Schlauchsystem:
Je nach Ausrichtung der Himmelsrichtung, von 60 Zentimeter bis 2 Meter.
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