Die Simulation natürlicher und künstlicher Beleuchtung vereint Design mit Technik, gibt mehr Planungssicherheit und ermöglicht schlüssigere, wirtschaftlichere Lichtkonzepte
Bisher stand die Einhaltung physikalischer Messgrößen und Normvorgaben im Fokus der konventionellen Beleuchtungsplanung. Die Lichtsimulation am PC berücksichtigt außerdem auch gestalterische und emotionale Gesichtspunkte. Das spielt insbesondere dort eine wichtige Rolle, wo es um Präsentation, Repräsentation und Selbstinszenierung geht. Mit Lichtsimulations-Programmen lassen sich nicht nur technische Kenngrößen ermitteln, sondern auch essenzielle Fragen beantworten: Sorgt die geplante Leuchtenverteilung für eine ausreichende Ausleuchtung? Welche gestalterische Wirkung hat ein Downlight oder ein Deckenfluter? Wie wirkt eine bestimmte Lichtfarbe? Wo entstehen störende Reflexionen? Welches Lichtkonzept ist wirtschaftlicher? Darüber hinaus helfen Lichtsimulations-Programme auch bei der Überprüfung des Tageslichteinfalls, der Lokalisierung von Verschattungszonen oder der Planung von Tageslichtkonzepten.
Die Lichtsimulation war über viele Jahre aufgrund der erforderlichen Rechnerkapazität aufwendig und kostspielig. Das hat sich mit der Steigerung der Prozessorleistung geändert, so dass heute an jedem aktuellen PC, an dem die CAD-Planung stattfindet, auch problemlos Lichtsimulationen durchgeführt und Beleuchtungsvarianten rechnerisch erprobt werden können. Praktisch jede CAD-Software verfügt inzwischen über eine Visualisierungs-Funktion. Doch Visualisierung ist nicht gleich Lichtsimulation. Bei der CAD-Visualisierung steht die Architekturpräsentation im Vordergrund und weniger die exakte Berechnung und Ausgabe lichttechnischer Daten. Die der Berechnung zugrunde liegenden Beleuchtungsmodelle und Algorithmen sind in der Regel einfacher, und auch in der Bedienung gibt es Unterschiede: So sind Definition, Bearbeitung und Variantenbildung von Leuchten und der Lichtsituation weniger komfortabel und detailliert als bei Lichtsimulations-Programmen. Innerhalb dieser Software-Kategorie wird zwischen Programmen für die Tages- oder Kunstlicht-Simulation unterschieden, wobei die meisten beides können und auch Mischlichtsituationen berücksichtigen. Bei Tageslichtberechnungen werden Ort, Datum, Uhrzeit und der Bedeckungsgrad des Himmels definiert, so dass der Licht- und Schattenverlauf zu jeder beliebigen Tages- und Jahreszeit überprüft werden kann. Norm-Mindestanforderungen lassen sich ebenso nachweisen wie die Lichtverhältnisse an einem bestimmten Arbeitsplatz im Raum, so dass der Lichteinfall optimiert werden kann. Programme, die gleichzeitig Kunst- und Tageslicht simulieren, unterstützen Planer auch bei der Entwicklung energie-optimierter Beleuchtungskonzepte.
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Leuchten aus dem Online-Katalog
Bei Kunstlicht-Simulationen stehen die detaillierte Definition und der Import von Leuchten und Lampen im Vordergrund. Über das Internet abrufbare Lichtdatenbanken der Hersteller ermöglichen einen komfortablen Zugriff auf nahezu jedes aktuelle Leuchten-Modell, inklusive der wichtigsten lichttechnischen Daten. Damit sind die Programme in der Lage, die Lichtausbreitung im Raum binnen weniger Minuten oder Stunden zu berechnen. Dabei werden die Materialeigenschaften von Oberflächen mit ihren jeweiligen Reflexions- und Absorptionswerten ebenso berücksichtigt wie Tageslichteinflüsse, Verschattungseinrichtungen oder die Reflexion umgebender Flächen. Von der Ermittlung und grafischen Darstellung der Beleuchtungsstärke über die Berechnung der Leuchtdichte und Abbildung der Leuchtenanordnung sind alle Varianten der Lichtplanung möglich – bis hin zur Simulation der Lichtwirkung und der virtuellen Begehung des Raum- oder Gebäudemodells. Die Planungsergebnisse werden in Form von Projektbeschreibungen, Punktbeleuchtungsstärken, Leuchtdichteverteilungen, Graustufendiagrammen, Falschfarbdarstellungen, Isolux-Linien und Visualisierungen präsentiert. Damit lassen sich Alternativen anschaulich darstellen, exakte Investitions- oder Betriebskostenanalysen durchführen sowie Mengen und Stücklisten ausgeben.
Lichtsimulation spart Kosten
Licht trägt nicht nur wesentlich zur Raumwirkung bei, sondern kann als „vierte Dimension“ selbst zum raumbildenden Element werden. Insbesondere in Fabrikhallen, Büro-, Ausstellungs- oder Verkaufsräumen ist gutes Licht essenziell, da nur unter guten Lichtbedingungen die geforderte Arbeits- oder Präsentationsqualität gewährleistet werden kann. Deshalb werden wichtige Parameter und Vorgaben in zahlreichen Normen etwa zur Tages- und Kunstlichtbeleuchtung von Innenräumen sowie Arbeits- und Sportstätten definiert und von Lichtsimulations-Programmen teilweise berücksichtigt. Auch aus wirtschaftlicher Sicht spielt Licht eine bedeutende Rolle – schließlich verursacht die künstliche Beleuchtung, je nach Nutzung des Gebäudes, etwa zehn bis 40 Prozent der Stromkosten. Einsparungen werden durch die optimale Leuchtenverteilung und Raumausleuchtung ebenso ermöglicht wie durch die LED-Technik mit ihrem geringeren Stromverbrauch. Lichtsimulations-Programme können im Vorfeld zeigen, ob die energiesparenden Leuchten auch die erforderliche Lichtstärke liefern und die gewünschte Atmosphäre schaffen – sowohl für die Grundausleuchtung als auch für die Gestaltung und Akzentuierung von Innenräumen.
Software setzt Grundwissen voraus
Lichtsimulations-Programme gibt es von verschiedenen Anbietern. Den deutschsprachigen Markt dominieren die kostenfrei erhältlichen Programme DIALux und RELUX. Sie lassen sich inzwischen recht intuitiv bedienen, setzen gleichwohl lichttechnisches Grundwissen und die Bereitschaft zur Einarbeitung voraus. Daneben gibt es auch englischsprachige Open-Source-Anwendungen wie Radiance oder speziell für Lampen-/Leuchtenhersteller entwickelte Anwendungen, etwa LITESTAR 4D oder TracePro. So unterschiedlich die Programme im Detail auch sind, die Arbeitsabläufe sind ähnlich: Vor der eigentlichen Berechnung muss die Raumgeometrie von einem CAD-Programm per DXF- oder DWG-Schnittstelle importiert, dreidimensional konstruiert oder über die Eingabe von Raumparametern (Abmessungen, Nutzung etc.) definiert werden. Die meisten Programme bieten mehr oder weniger einfach bedienbare Werkzeuge, um Boden, Wände und Decke des jeweiligen Raumes „nachzubauen“. Um den Berechnungsaufwand gering zu halten, sollten die 3-D-Modelle einfach gehalten und etwa runde oder frei geformte Oberflächen vereinfacht dargestellt werden. Das gilt auch für die Möblierung sowie die Definition von Materialeigenschaften und Materialoberflächen (opak, transparent, spiegelnd). Hier besteht die Kunst darin, die Anforderungen an die Präzision und Authentizität des physikalischen Modells mit den durch die Rechnerkapazität auferlegten Beschränkungen in Einklang zu bringen. Die Beleuchtungskörper werden als 3-D-Symbol aus der Leuchten-Datenbank in die Zeichnung geladen und erhalten anschließend die gewünschten lichttechnischen Werte, wie Lichtstrom, Lichtfarbe und so weiter, zugewiesen. Alternativ besteht die Möglichkeit des Online-Downloads von Leuchten eines bestimmten Herstellers. Die meisten bieten inzwischen entsprechende Plug-in-Software, mit deren Hilfe der Anwender online durch das Produktangebot navigieren und das passende Modell inklusive Foto, technischer Zeichnung, kurzer Beschreibung und aller für die Lichtplanung wichtigen Daten auswählen kann.
Trotz heute hoher Prozessorleistung stellt die Lichtsimulation noch immer besondere Anforderungen an die Hardware. Je höher die Bildauflösung des Ergebnisbildes sein soll, desto größer ist der Rechenaufwand, da der Helligkeitswert für jeden Bildpunkt entsprechend der vorhandenen Beleuchtungsstärke ermittelt werden muss. Befinden sich mehrere Beleuchtungskörper mit unterschiedlicher Abstrahl-Charakteristik im Raum und sollen Oberflächentexturen von Decken- und Wandverkleidungen, Bodenbelägen oder Möbeln dargestellt werden, erhöht sich der Berechnungsaufwand beträchtlich. Anspruchsvolle Lichtsimulationen setzen daher leistungsfähige Rechner voraus. Die berechneten Bilder können als Datei gespeichert, auf Farbdruckern ausgegeben oder auf LCD-Flachbildschirmen als Animation oder Standbild wiedergegeben werden. In Echtzeit berechnete Bilder ermöglichen sogar eine interaktive Simulation virtueller Räume (Virtual Reality), was die Wirkung unterschiedlicher Lichtlösungen noch authentischer erscheinen lässt. Diese Methode erfordert allerdings besonders schnelle Rechner.
Technische Grenzen
So sehr der Foto- oder gar Hyperrealismus so mancher gut gemachten Computer-Visualisierung begeistern kann – man sollte sich stets bewusst sein, dass jede Bildwiedergabe nur eine Abstraktion der Realität ist: Ein dreidimensionaler Raum erscheint in perspektivischer Projektion auf einer zweidimensionalen Fläche. Das Abbild ist zudem in der Regel wesentlich kleiner als der reale Raum und auch die Betrachtungsabstände sind geringer. Hinzu kommt, dass Darstellungen auf dem Bildschirm selbst strahlen, während reale Oberflächen meist den Lichtstrom reflektieren. Signifikant sind die Leuchtdichtenkontraste: Sie sind auf dem Bildschirm weitaus geringer als in der Realität. Während bei Simulationen mit physikalischen Modellen und künstlichem Himmel Leuchtdichtenkontraste von 1:4.000 den natürlichen Helligkeitsdifferenzen (bis zu 1:10.000) zumindest nahekommen, schaffen gute PC-Monitore lediglich einen Leuchtdichtenkontrast von etwa 1:500, bei Druckerzeugnissen ist dieser Wert mit 1:40 noch erheblich kleiner. Eine Wiedergabe von Blendwirkungen oder Relativblendungen ist damit nicht oder nur sehr eingeschränkt möglich. Auch die Simulation feiner Farbnuancen in Innenräumen ist mit der aktuellen Technik nicht simulierbar, ganz abgesehen von Raumqualitäten wie „Behaglichkeit“ oder „Stimmung“. Deshalb muss man die Simulation der Beleuchtung richtig einordnen und die Beschränkungen kennen.
Marian Behaneck ist freier Fachjournalist in Jockgrim (Pfalz).
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