Von Johannes Lukowitz
Von den Käufern einer 2014 errichteten Neubauwohnung wurde ich angesprochen: „Hier stimmt etwas nicht!“ Gekauft worden war vor der Bauantragstellung, also nach Prospekt, Baubeschreibung und Planzeichnungen mit der Möglichkeit individueller Veränderungen im Ausbau. Eine Gewährleistungszeit gemäß BGB mit fünf Jahren ab der Übergabe galt vertraglich als vereinbart. Soweit so normal und durchaus gängige Marktpraxis bei Kaufverträgen mit Investoren oder Bauträgern. Es stellten sich jedoch beim Bezug der Wohnungen und in der Folgezeit eine Reihe von Unzulänglichkeiten, nicht eingehaltenen Zusagen bis hin zu Mängeln am Bauwerk heraus. Soweit ärgerlich aber auch noch normal oder üblich. Die Nacharbeiten wurden eingefordert und abgearbeitet.
Nachdem alle Wohnungen bezogen und bewohnt waren, zeigten sich nach etwa zwei Jahren in den Räumen eines Eigentümers im Wohnraum deutlich sichtbare Feuchteflecken am oberen Bereich einer Innenwand. Bei näherer Betrachtung stellte sich heraus, dass auch die montierten Schränke einer Einbauküche unmittelbaren Kontakt mit dieser Innenwand hatten und in Teilen von der Feuchte befallen und aufgequollen waren. Dieser Bereich der Innenwand war Teil eines Installationsschachts in dem auch die Küchenfortluft über das Dach abgeführt wurde.
Ursache Fortluftrohr?
Die angesprochene Küchenbaufirma stellte nach einer Ortsbesichtigung fest: „Wir haben ordnungsgemäß gearbeitet, die Hauswand ist feucht und deshalb quellen die Schränke der Einbauküche.“ Der Eigentümer beauftragte daraufhin einen baufachlichen Gutachter zur Feststellung der Ursache des Feuchteeintritts. Der Gutachter verlangte nach einer Messung an der Wandoberfläche eine Öffnung des Schachtes an zwei Stellen. Der Verkäufer der Wohnung wurde informiert und hinzugezogen. Es stellte sich nach Öffnung der Schachtwand zunächst heraus, dass die Innenbauteile des Schachtes stellenweise stark durchnässt waren, Metallteile waren teilweise erheblich korrodiert. Das Fortluftrohr der Küchenabluft im Installationsschacht war nicht fachgerecht ausgeführt, es wurde freigelegt und ausgebaut. Austretendes Kondensat aus dem Fortluftrohr wurde als Ursache vermutet – war es aber nicht.
Die Wandöffnungen erlaubten gleichzeitig eine gute Beobachtung der inneren Rohrleitungen und Feuchtestellen. Eine Trocknung des Schachtinnenraums mit einem Warmluftgebläse über mehrere Tage und Nächte wurde veranlasst. Die Gebäudeversicherung wurde informiert und hinzugezogen. Die durchfeuchtete Schachtwand war nach einigen Tagen und Nächten nahezu trocken. Entwarnung wurde jedoch noch nicht gegeben, sondern es wurde weiter beobachtet. In den Folgetagen traten in zeitlichen Abständen weiterhin Nässespuren mit Tropfenbildung an den inneren Installationsrohren auf. – Alles auf Anfang!
Ursache Dachhaut?
Das Wasser konnte natürlich nur von oben kommen und die zeitlichen Abstände des Eintritts erklärten sich in diesem trockenen Sommer 2018 zunächst nur über einen einmaligen Starkregen in dem Zeitraum. Die Dachhaut des Flachdachs wurde partiell geöffnet und auf vermuteten Wassereintritt hin untersucht. Die Dachhaut war aber fachlich nicht zu beanstanden. Jedoch war das Fortluftrohr aus der Küche innen feucht und wurde daraufhin stärker überkröpft, sodass kein Spritzwasser mehr bei Starkregen eindringen konnte.
Die Nässespuren im Installationsschacht traten aber weiterhin auf und stellten sich als Frischwasser heraus. Das Fortluftrohr war also auch nicht ursächlich. Nachdem die zunächst naheliegenden Vermutungen ergebnislos waren, wurde die Hausinstallationsfirma beauftragt, einem möglichen Wassereintrag aus der darüber liegenden Wohnung auf den Grund zu gehen. Zunächst wurden Fotos der Bauzeit ergebnislos ausgewertet. Von jetzt an mussten Bauteile geöffnet werden.
Ursache im fremden Bad?
Die von der Fachbauleitung angefertigten Fotos der verlegten Installationsleitungen und die zugehörigen Mess-Protokolle wurden ergebnislos ausgewertet. Nichts deutete anhand der Fotos auf Leckstellen hin. Der Wassereintrag in den Installationsschacht war jedoch faktisch vorhanden, ließ sich aber nicht erklären.
Es mussten letztendlich Bauteile im Badezimmer der darüber liegenden Wohnung entfernt und freigelegt werden – in diesem Fall die Wände des Trockenbaus und der Fußboden mit Bodenheizung. Vor Ort wurde, nach und nach dem Wasserverlauf gefolgt – vom Tal zum Berg. Das bedeutete konkret vom Installationsschacht aus circa drei Meter quer durch den Raum zum ersten Bodeneinlauf in der Dusche. Alle vorgefundenen Leitungen, Abzweigungen und die zugehörigen Verbindungen waren fachlich ohne Beanstandung.
Die „Quelle“ des Wassereintritts wurde letztlich in Verbindung mit der Sanitärarmatur der Badewanne vermutet. Hierzu mussten die geflieste Trockenbauwand um die Armatur freigelegt werden. Der Funktionstest der Sanitärarmatur ließ frisches Wasser spritzen.
(Der Mangel ist hier im Video zu sehen)
Die Ursache für den Wasseraustritt war sofort erkennbar: Schuld war eine nicht verpresste Rohrverbindung zwischen der Mischarmatur und dem Duschwasserschlauch. Der temporäre Wasseraustritt erklärte sich über die nur gelegentliche Nutzung der Badewannenarmatur im Alltag.
Der Schadenumfang an den Bauteilen erstrecke sich nicht nur auf die Demontage der Badewanne, der Duschtrennwand, der Sanitärarmaturen und des kompletten durchnässten Trockenbaus; auch die Boden- und Wandfliesen mussten erneuert werden. Insgesamt stellte sich ein Totalschaden des Badezimmers heraus.
Folgen für andere Bauteile
Bei der finalen Trockenmessung von Wand und Boden tauchte die Frage auf, ob angrenzende Räume gleichfalls betroffen sind. Die Wand zum Schlafzimmer war mit einem speziell angefertigten Wandschrank zunächst der Beurteilung entzogen. Nach anfänglicher Teilöffnung der Schrankrückwand wurde ein Schimmelpilzbefall sichtbar. Luftmessungen im Schlafzimmer, auch in Relation zu anderen Innenräumen und zur allgemeinen Außenluft der Gebäudeumgebung waren zwar nicht besorgniserregend, gleichwohl musste der Raum saniert werden.
Es war also insgesamt weit mehr als ein Totalschaden des Bad-Innenausbaus mit Sekundärschäden im Schlafzimmer und an der Einbauküche eine Etage tiefer. Ursächlich ausgelöst durch eine nicht verpresste Wasserleitung in einem Sarkophag des Trockenbaus im Nassraum. Über Wochen waren die Räume der Wohnungen nicht nutzbar. Der Baustellenbetrieb mit Lärm und Schmutz dominierte den Wohnalltag.
Wie vorbeugen?
1.) Die Bauleitung sollte verstärkt auf die baulich ordnungsgemäße Ausbildung von sogenannten Sarkophagen im Trockenbau achten. Die bei Sanitäranlagen lange Zeit üblichen Rohrverbindungen mithilfe von Lötungen, Schweißungen und Verschraubungen wurden für wassergeführte Heiz- und Kupferleitungen zugunsten von schnell auszuführenden Quetschverbindungen aufgegeben. Das sollte Bauzeit sparen und die Kosten reduzieren. Diese Quetschverbindungen sind jedoch nicht risikolos, werden zunehmend kritisch gesehen und gehören meines Erachtens auf den „Prüfstand“ der anerkannten Regeln der Bautechnik.
2.) Bevor der Trockenbau mit seinem Ständerwerk und der Wandplattenmontage auf der Baustelle Einzug hält, erscheint es unerlässlich, nach dem Vieraugenprinzip eine Begehung und Inaugenscheinnahme durch Bauleitung und Fachbauleitung mit Protokoll und ggf. Funktionstest durchzuführen. Gegen die Dokumentation der Druckprüfung anhand von Protokollen ist nichts einzuwenden, sie allein reicht aber nicht aus. Auch eine Fotodokumentation besitzt nur begrenzte Aussagekraft.
Johannes Lukowitz ist Architekt und Stadtplaner in Bremen
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