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Modulbau heißt nicht „grüne Wiese“

Wo Architekten gebraucht werden, welche Aufgaben noch gelöst werden müssen und welchen Marktanteil das serielle und modulare Bauen erreichen könnte, verrät der Vorstandsvorsitzende des Bundesverbandes Bausysteme Jörg Bauer im Gespräch mit Marion Goldmann

Von: Marion Goldmann
Marion Goldmann wählt für das DAB die wichtigsten Produktneuheiten aus....

28.11.20246 Min. Kommentar schreiben
Jörg Bauer

Jörg Bauer: „Der Modulbau eignet sich für kleine und große Gebäude sowie für Aufstockungen.“
Felix Kaestle

Herr Bauer, Modulbauprojekte werden oft nur noch über Generalunternehmer ohne die Einbindung eines Architekturbüros abgewickelt. Werden Architekten überhaupt noch gebraucht?

Ja, selbstverständlich werden auch in Zukunft die Architekten für serielles und modulares Bauen gebraucht. Sie bleiben die Schnittstelle zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer, beraten die Auftraggeber bei der Ausschreibung und erstellen das sogenannte Raumbuch. Sinnvollerweise sollte keine Vorplanung erstellt werden, sondern maximal eine skizzenhafte Darstellung, denn nur so können die Modulbauunternehmen wirtschaftlich sinnvolle Angebote für das Vorhaben erstellen. Außerdem ist die Expertise von Architekten als Bindeglied zwischen Bauherren und ausführenden Unternehmen gefragt. 

Wird die serielle und modulare Bauweise das konventionelle Bauen ablösen?

Nein, das modulare Bauen wird die herkömmliche Bauweise ergänzen. Modulbauten haben derzeit einen Marktanteil von etwa vier Prozent. Wir schätzen, dass sich der Marktanteil in den nächsten Jahren auf zehn Prozent erhöhen wird. Die Gründe für den Anstieg liegen hauptsächlich in der kurzen Bauzeit und im Fachkräftemangel. Dennoch wird insgesamt auch weiterhin größtenteils konventionell gebaut werden.

Ab welcher Gebäudegröße rentieren sich modulare Gebäude?

Hunderte von Wohnungen werden nicht zwingend benötigt, damit die Projekte rentabel sind. Das Bauprinzip funktioniert bei kleinen Gebäuden, bei großen Gebäuden, aber auch bei Aufstockungen. Bauen im Bestand durch Aufstockungen hat sich in den vergangenen Jahren mit modularen Raummodulsystemen etabliert. Nicht zuletzt, da sich die Lärmbelästigung für die Bewohner durch die kurze Bauzeit auf ein Minimum reduziert. Unsere Mitgliedsunternehmen sind bei der Gestaltung der Raummodulsysteme sehr flexibel und passen sich den jeweiligen Anforderungen der Auftraggeber und Architekten an.

Sofern die Planung durch externe Architekten erfolgt, ist es wichtig, die Rasterungen und den dreidimensionalen Aufbau der Modulbauweise in die Planung zu integrieren. Ansonsten führt dies dazu, dass zu viele unterschiedliche Module hergestellt werden müssen. Damit ist die Wirtschaftlichkeit sowohl für den Modulunternehmer als auch für den Bauherrn nicht mehr gegeben. 

Sind die Grundlagen der Bauweise in die Ausbildung integriert?

Nein, weder bei Planern noch im Bereich der baulichen Ausführung. Das ist aber dringend erforderlich. Wir setzen uns deshalb auch dafür ein, dass die Universitäten und Hochschulen das serielle und modulare Bauen in ihre Architekturstudiengänge integrieren.

Wir empfehlen außerdem die Einrichtung eines Ausbildungsberufes zum Modulbautechniker, der über Grundkenntnisse der verschiedenen Baugewerke einschließlich Zimmermann und Schreiner, Ausbaugewerke wie Fenstereinbau, Dachabdichtung, Elektrik, Heizungs- und Sanitärinstallation sowie Bodenverlegung verfügt. Das würde helfen, die wachsende Nachfrage nach Fachkräften im Bereich des modularen Bauens zu decken und die Qualität der Bauprojekte zu erhöhen.

Die schon seit einigen Jahren geforderte Typengenehmigung würde das serielle und modulare Bauen schneller voranbringen. Wie ist der aktuelle Stand?

Wie viele andere Verbände, darunter der GdW Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen, der den Prozess maßgeblich mit angestoßen hat, fordern auch wir, dass eine einmal erteilte Typengenehmigung uneingeschränkt in allen Bundesländern gelten sollte. Dadurch könnten die individuellen Baugenehmigungsverfahren deutlich verkürzt werden. Im vergangenen Jahr hat die Bauministerkonferenz die Einführung der Typengenehmigung in die Musterbauordnung beschlossen. Die Bundesländer müssen sie nun in ihre Landesbauordnungen überführen, was die meisten bereits getan haben. Wir gehen davon aus, dass der Prozess bald abgeschlossen sein wird.

Der Genehmigung von Modulbauten stehen oft auch die Festlegungen der Bebauungspläne entgegen. Worin besteht das Problem?

Alle bestehenden Bebauungspläne sind auf das konventionelle Bauen ausgerichtet. Bei der seriellen und modularen Bauweise ergibt sich aber aufgrund der doppelten Boden- und Deckenkonstruktion eine höhere Gebäudehöhe. Die systembedingten Abweichungen können bis zu 30 Zentimeter pro Geschoss betragen. Dies führt dazu, dass Modulbauten oft nur mit einer Befreiung von der Regelung des Bebauungsplanes genehmigt werden können. Wir halten daher einen Erlass zur Festlegung von Abweichungen für dringend notwendig. Dieser Erlass sollte klare Richtlinien und Standards für die Höhenabstufungen solcher Gebäude festlegen und würde den Kommunen eine klare Entscheidungsgrundlage bieten.

Als größte Hemmschwelle für eine weitere Verbreitung der Bauweise wird immer wieder das Vergaberecht benannt. Was ist Ihre Position dazu?

Die Barrieren für die Umsetzung funktionaler Ausschreibungen müssen reduziert werden, um flexiblere Lösungen zu ermöglichen. Sollte hier kein Umdenken bei den ausschreibenden Stellen stattfinden, wird der modulare Bau bei öffentlichen Projekten nicht umgesetzt werden können. Laut VOB sind zwar schon jetzt funktionale Ausschreibungen zulässig, allerdings nur mit einem erheblichen Begründungsaufwand. Wir sind der Meinung, dass Auftraggeber ohne diesen großen Aufwand einfach funktional ausschreiben dürfen.

Serielles, modulares und systemisches Bauen funktioniert nur mit und in Form von Funktionalausschreibungen. Wenn dies im Vergaberecht nicht dahin gehend geändert wird, dass diese Bauweise auch ohne aufwendige Begründung funktional ausgeschrieben werden kann, sind und waren die bisherigen Anstrengungen der Politik zur Förderung von seriellem, modularem und systemischem Bauen nichts als leere Worthülsen.

Jörg Bauer ist Vorstandsvorsitzender des Bundesverbandes Bausysteme


Typische Modulbau-Systeme

Eine Bauweise aus vorgefertigten Modulen hat als Hauptvorteil eine kurze Bauzeit. Heute sind ­eine Reihe von Angeboten auf dem Markt verfügbar. Die typischsten Vertreter sind: Module aus Stahl, Holz, Beton, Ziegel und hybride Konstruktionen aus diesen Materialien. Zum Beispiel ­bieten viele Stahlmodulhersteller inzwischen eine mit Holz kombinierte Bauweise an, wobei das Tragwerk aus Stahl und die nicht tragenden Elemente aus Holz bestehen.

Auswahl nach Anforderung

Inwieweit sich die Bausysteme für eine bestimmte Bauaufgabe eignen, hängt von den Anforderungen an das zu errichtende Gebäude ab. Für den mehrgeschossigen Wohnungsbau bis zur Gebäudeklasse 5 eignen sich alle Bauweisen – von Ziegel und Beton über Holz und Stahl. Schulen oder Kindergärten werden ­oft nach fünf bis zehn Jahren an einem anderen Standort benötigt. Dann muss die Einrichtung umgesetzt werden, wofür sich am besten eine Bauweise mit hohem Vorfertigungsgrad eignet. Diese Kriterien erfüllen besonders der Stahl-Modulbau, die Stahl-Hybridbauweise sowie der Holz-Modulbau, bei einigen Anbietern auch Beton mit einem Vorfertigungsgrad bis zu 96 Prozent.

Nachhaltigkeit, Recycling, Wiederverwendung

Die meisten Anbieter der Bauweise produzieren die Module inzwischen in einem weitgehend zirkulären ­Verfahren. Das heißt, es ist sowohl die Wiederverwendung des kompletten Moduls möglich als auch die Demontage und Wiederverwendung einzelner Bauteile. Betonmodule können entweder nach dem Rückbau als Modul wiedereingesetzt werden oder ­alternativ lässt sich der Baustoff dem Recycling zuführen. Da Beton allerdings als besonders CO2-intensiv gilt, investieren die Hersteller stark in Verfahren und Lösungen zur CO2-Reduktion. Dadurch ist es unter anderem gelungen, den Zementanteil deutlich zu reduzieren sowie die Betonzusatzstoffe zu minimieren oder sie durch ökologische und nachhaltige Materialien zu ersetzen.

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