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Nicht immer dicht

Bauen im Bestand, Teil VII: Diese Schadensfälle zeigen, was bei der Abdichtung mit Flüssigkunststoffen alles schiefgehen kann

31.12.20125 Min. 2 Kommentar schreiben

Text: Walter Holzapfel

Flüssigkunststoff-Abdichtungen gibt es in unterschiedlichen Qualitäten – vom hochwertigen Dichtstoff bis zum unbrauchbaren Anstrich. Hochwertige Flüssigdichtstoffe müssen aus mehreren Komponenten im genau festgesetzten Verhältnis angemischt und mehrschichtig aufgetragen werden. Ein Trägervlies ist einzubringen. In aller Regel sind auch besondere Vorbehandlungen und eine Grundierung des Untergrundes notwendig.Sie fordern also hohen Arbeitsaufwand und fundiertes handwerkliches Können. Deshalb gehören hochwertige Flüssigabdichtungen zu den teuersten Methoden. Die Industrie bemüht sich um Stoffe, die einfacher einzubauen sind. Manchmal beschränkt sich das Bemühen aber nur auf die Werbung: Es wird zuweilen behauptet, man brauchte nur den Kübel mit dem Wunderkunststoff auszugießen, mit dem Schieber zu verteilen und fertig sei die Abdichtung. Die Unterschätzung hat unschöne Folgen.

Schadhafte Manschette

Ein älteres Bauobjekt, bestehend aus Terrassenhäusern wurde saniert. Die Terrassenabdichtungen erhielten eine bituminöse, beschieferte Oberlage. Die vorhandenen Profilstahlstützen für Sichtschutzwände hatte der Dachdecker mit Flüssigkunststoff abgedichtet. Einige Monate später kam es zu heftigen Wassereinbrüchen. Die Prüfung der Ursache ergab, dass die Flüssigkunststoff-Manschetten nicht hafteten und vom Wasser direkt unterlaufen wurden (Abb. 1).

Türanschluss defekt

Wegen Feuchteschäden sollte der Dachdecker den Türanschluss eines Balkons erneuern. Dazu verwendete er Flüssigkunststoff, den er auf die vorhandene beschieferte Bitumenbahn aufbrachte und am Türsockel hochführte. Weil kurz danach weitere Feuchteschäden auftraten, wurde der Anschluss überprüft – mit dem Ergebnis, dass sich die Flüssigdichtschicht von der Bitumenbahn abgelöst hatte (Abb. 2).

Anschluss auf Farbschicht

Die Seitenwange einer Dachterrasse war mit einem fest stehenden Fenster ausgestattet. Der Dachdecker wusste bei der Terrassenabdichtung offenbar keine andere Lösung, als den Anschluss zwischen lackiertem Rahmen und Dachhaut mit Flüssigkunststoff herzustellen. Bereits nach kurzer Zeit löste sich der Flüssigkunststoff samt Rahmenlack vom Fenster und Wasser konnte ungehindert in den Dachaufbau eindringen.

Defekte Tropfkante

Die Terrasse über einem Kellerraum wurde mit Flüssigkunststoff als begehbarer Nutzdeckschicht abgedichtet. Den Randbereich der Dachfläche fasste der Handwerker mit abgekanteten Zinktraufblechen ein. Nach einigen Monaten traten über den Blechstößen Brüche in der Kunststoffschicht auf (Abb. 3).

Unsaubere Wandanschlüsse

Die begehbare Balkonabdichtung aus Flüssigkunststoff wurde von den Eigentümern nicht abgenommen. Sie bemängelten zu Recht die unsauberen Anschlüsse der Beschichtung. Ohne vorherige Abdeckmaßnahmen (Klebestreifen) hatte der Handwerker den Flüssigkunststoff am Wandanschluss aufgebracht. Auch die aufgehenden Anschlüsse an den Türrahmen waren nicht fachgerecht ausgeführt (Abb. 4 ).

Allgemeine Verwirrung

Die führenden Hersteller von Flüssigkunststoffen erlauben Anschlüsse an Bitumenbahnen und Elastomer-Bitumenbahnen bei mindestens 15 Zentimeter Anschlussbreite. Jedoch sagen die technischen Tabellen nichts über Anschlüsse auf Schiefersplitt, und keines der bekannten Merkblätter empfiehlt den Anschluss auf besplitteten Dichtungsbahnen. Ein Hersteller erklärt mineralische Untergründe für nicht zulässig. Direkt befragt, antwortet ein anderer sinngemäß: „Auch auf oberseitig beschieferten Elastomer-Bitumenbahnen können Abdichtungen eingesetzt werden.“ Dasselbe Unternehmen fordert aber in seiner Technik-Information: „Poröse und ablösbare Bestandteile müssen entfernt werden.“ Für Anschlüsse an Kunststoff-Dachbahnen empfehlen Flüssigkunststoff-Hersteller jeweils einen Einzeltest. Anschlüsse auf Hartkunststoff (zum Beispiel PVC-Türrahmen) sind als Empfehlung oder Lösung in technischen Merkblättern einiger Anbieter enthalten, stellenweise mit dem Zusatz: „Die Oberfläche ist aufzurauen.“ Anschlüsse an Fenstern und Türen müssen immer unter dem Blendrahmen und unter einem Wasserabweisprofil verwahrt werden. Der direkte Anschluss auf den Blendrahmen ist äußerst riskant und immer mit Abrissen an den Laibungsfugen verbunden. Zu beachten ist, dass ausgehärteter Flüssigkunststoff als Anschluss an eine Fenstertür regelmäßig Erschütterungen ausgesetzt ist. Für einen solchen Einsatz ist aber kein Flüssigkunststoff dauerhaft geeignet, und für Dauerhaftigkeit auf dem Kunststoffblendrahmen übernimmt kein Hersteller eine Garantie. Das Problem der Fugenausbildung wird allgemein durch eine Gewebe-Verstärkung gelöst. Die Kunststoffschicht soll über der Fuge verstärkt und dadurch ein Brechen des Kunststoffes vermieden werden. Bedeutsam dabei ist aber, dass die Verstärkung der Dichtschicht über der Fuge dazu führt, dass sich die Dichtschicht in einem kleinen Bereich vom Untergrund ablöst. Anschlüsse auf Farbanstrichen (lackierte Holzfenster/Türen) sind hochproblematisch und sollten gar nicht erst versucht werden. Bei Balkon- und Terrassenabdichtungen mit Flüssigkunststoff ist die Wandanschlusslinie vorher abzukleben. Den Anschluss frei nach Augenmaß mit Rolle oder Pinsel abzustreichen, wird immer zu unsauberen Kanten und demzufolge zu unzufriedenen Kunden führen.

Alleskönner mit Kontaktproblemen

Bei Flüssigkunststoffen ist auf die Qualität zu achten. Richtig ausgewählt und angewandt, können langlebige Abdichtungen hergestellt werden. Flüssigkunststoffe sind aber keine Alleskönner und problematisch bei Kontakt oder Anschluss zu anderen Materialien. Vermeiden sollte man: Anschlüsse auf Schiefersplitt, auf Anstrichen und auf Hartkunststoffen. Nur mit schriftlicher Zustimmung des Herstellers sind Anschlüsse auf Kunststoff-Dachbahnen, Plastomer-Bitumenbahnen und Holz oder Holzwerkstoffen auszuführen. Bei Anschlüssen über Metallstößen ist zu bedenken, dass die Dichtstoffe durch die Materialbewegung des Metalls über dem Stoß abscheren werden.

Dipl.-Ing. Walter Holzapfel ist Sachver-ständiger für das Dachdeckerhandwerk in Bochum.

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2 Gedanken zu „Nicht immer dicht

  1. Auf unseren Terrassen wurde Flüssigfolie im Zusammenhang mit einer harte Folie verwendet. Die Flüssigfolie ist nach 5 Jahren gerissen. Was empfehlen Sie bei solchen Fällen?

    Wenn die gesamte Terrasse saniert werden müsste, welche Materialien empfehlen Sie?

    Eine Antwort würde mich erfreuen!

    Antworten
  2. Hallo an Alle,

    vielen Dank für die Informationen. Ich selber habe das Problem mit einer Abdichtung einer Terrasse in 1. OG. Ich habe ein Fachbetrieb Dachdeckermeister mit über 40 Jahren Berufserfahrung und gepr. Ausführungsbetrieb des Herstellers
    mit der Abdichtung beauftragt. Abdichtung auf 40qm ESB-Platten 25mm.
    Zuerst wurde als Unterlage V13 mit Dachpappenstifte genagelt, darauf Wolfin M incl. Verbundbleche als Abdichtungslage aufgebracht. Leider mit 15 Fahler nach der Wolfin Verlegerichtlinie. Nun ist seit 12 Wochen Baustop. Eine fachgerechte Nachbesserung ist nur mit komplettem Austausch aller Materialien möglich.
    Diemal mache ich meine Abdichtung selbst. Leider versprechen ALLE wie toll und einfach IHRE Abdichtung ist. Dem kann ich aber nicht unbedingt glauben schenken.
    Somit bin ich auf der Suche nach den Material mit dem man dauerhaft ein Flachdach incl. aller Anschlüsse (Hauswand, Attika, Traufe) und vor allem zum Haus passend abdichten kann. Ich würde z.B. gerne ein einteiliges Aluminium T-
    Profil als Abschlußprofil Attika einsetzen. Dies ist aber laut Flachdachrichtlinie nicht erlaubt. Schön, daß viele Materialien verkauft aber nicht Regelkonform sind.
    Wer eine Idee hat, her damit. Vielen Dank und Grüße Marcus Ritzel

    Antworten

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