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„Planer verschenken Chance“

Professor Martin Becker von der Hochschule Biberach über den aktuellen Entwicklungsstand von Smart Home und die Konsequenzen für Architekten und Hersteller

31.03.20133 Min. Kommentar schreiben

Herr Becker, wie definieren Sie Smart Home?

Smart Home ist ein Gebäude, das durch ausgeklügelte und zugeschnittene Technik weitestgehend eigenständig und nutzerspezifisch Funktionen zum Wohl und zur Entlastung des Nutzers nach Vorgabe bestimmter Bewertungs- und Optimierungskriterien, wie Behaglichkeit und Ressourcenschonung, im Einklang mit der Umwelt erfüllt. In Erweiterung zu der zurzeit meistens verwendeten Bedeutung steht für mich „Smart“ nicht nur für die technische Funktionalität und Zweckmäßigkeit, sondern vielmehr auch für Aspekte wie Nutzerakzeptanz, Stil, Design und Ambiente.

 

Erfüllen die heute verfügbaren Technologien schon diese vielen Anforderungen?

Grundsätzlich ja. Aber insbesondere in den Bereichen Bedienung, Visualisierung, Komfort und Sicherheit gibt es bei den Systemen noch einiges zu tun. Es fehlen die Geräte und die Applikationen, die der Laie einfach in Betrieb nehmen und ohne Schulung konfigurieren und bedienen kann. Zudem halte ich zielgruppenspezifische Bedien-, Anzeige- und Nutzungsmöglichkeiten für essenziell. Und es sollte eine perfekte Abstimmung mit den vorhandenen Geräten, wie Fernseher, Smartphone und Tablet-Computer, geben. Sie bieten die passenden Voraussetzungen dafür, werden aber zurzeit von den Smart-Home-Herstellern noch nicht konsequent und einheitlich integriert.

Sind solche Lösungen denn dann für alle Gebäude geeignet?

Uneingeschränkt ja, das heißt sowohl für den Neubau als auch für Bestandsgebäude. Die Hersteller müssen aber zum Beispiel noch kostengünstige, nachrüstbare Angebote für den Mietwohnungsbau auf den Markt bringen. Nur so kann der Mieter seine einmal gekaufte Ausstattung auch bei einem Umzug einfach ausbauen, mit in die neuen vier Wände nehmen und selbst wieder einbauen. Funktioniert das nicht, ist das Angebot für Nichteigentümer aus wirtschaftlichen Gründen meist uninteressant.

Welche Rolle nehmen Architekten aus Ihrer Sicht dabei ein?

Architekten nehmen hierbei eine entscheidende Rolle ein, da sie in der Regel der erste Ansprechpartner für einen potenziellen Bauherrn oder Investor sind. Sie sollten den Blick über den Tellerrand wagen, um sich auf dem Markt mit passenden Dienstleistungen und Lösungen bei Neubauten und gerade auch im Modernisierungsgeschäft zu positionieren. Das geschieht noch viel zu selten. Damit verschenken die Architekten und Objektplaner eine gute Chance, neue Kundengruppen zu erschließen.

Wie werden sich diese beiden Märkte weiterentwickeln?

Die Hardware für Smart-Home-Lösungen wird immer mehr in den Hintergrund rücken. Viel entscheidender ist die Software und die damit verbundene Kommunikationstechnik, die flexible und zielgruppenspezifische Lösungen ermöglicht. Vor allem die spannenden und rasanten Entwicklungen im Bereich Plus-Energiehäuser mit Nutzung dezentraler und erneuerbarer Energiesysteme inklusive Elektromobilität werden das Thema Smart Home weiter vorantreiben. Und ganz wichtig: Der Mensch als Bewohner, Nutzer und Betreiber des Gebäudes wird immer stärker im Zentrum der Hausautomatisierung stehen.

Martin Becker ist Professor an der Hochschule Biberach in den Studiengängen Gebäudeklimatik und Energiesysteme. Zudem ist er am Institut für Gebäude- und Energiesysteme (IGE) tätig. Er forscht unter anderem im Bereich der Raum- und Gebäudeautomation.


Ein Ausbildungs- und Forschungsschwerpunkt der Hochschule Biberach ist die nachhaltige Energieversorgung und effiziente Energienutzung. Sie ist zentrales Thema in den Bachelor-Studiengängen Gebäudeklimatik und Energiesysteme sowie dem Institut für Gebäude- und Energiesysteme (IGE).

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