Die Entwässerung von Flachdächern ist in der DIN EN 12056-3, „Schwerkraftentwässerungsanlagen innerhalb von Gebäuden“, der DIN 1986-100, „Entwässerungsanlagen für Gebäude und Grundstücke“ sowie in den Flachdachrichtlinien – herausgegeben vom ZVDH – geregelt. Mit deren Überarbeitung wird nunmehr dem standortbezogenen tatsächlichen Regenereignis sowie einem möglichen Jahrhundertregen Rechnung getragen. Die neuen Richtlinien gelten für den Neubau wie für den Bestand und erfordern dort teils schwierige Nachrüstungen.
Bisher erfolgte die Dimensionierung der Entwässerungsanlagen ausschließlich auf Grundlage einer pauschalen und bundesweit einheitlichen Niederschlagsmenge von 300 Litern pro Sekunde und Hektar. Basis dieses Regenwasserabfluss-Wertes bilden so genannte mittlere Regenereignisse, die statistisch ermittelt werden. Sie dauern nach DIN 1986-100 fünf Minuten und werden maximal alle fünf Jahre überschritten (Wert der Bemessungsregenspende r5,5).
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Standort- statt Pauschalwerte
Da die Niederschläge fortlaufend gemessen werden, erfolgt auch eine ständige Aktualisierung der statistisch ermittelten Regenereignisse. Sie werden für jeden Standort berechnet und lösen die pauschale Bemessung ab. Die Standortwerte kann man bei der örtlichen Behörde oder dem Deutschen Wetterdienst erfragen. Größere Städte sind im Anhang A, Tabelle A.1 der DIN 1986-100 aufgeführt. Danach haben zum Beispiel in Berlin, Heidelberg, Kaiserslautern oder Stuttgart die aktuellen Niederschlagsmengen den früheren Pauschalwert deutlich überschritten. Neu ist auch die Aufnahme des so genannten Jahrhundertregens in die Regelwerke. Er dauert ebenfalls fünf Minuten, ist aber statistisch nur alle hundert Jahre zu erwarten (r5,100).
Weiterhin sind nach den neuen Regeln Notab- oder -überläufe gefordert. Auf sie kann nur bei Dächern in Massivbauweise verzichtet werden, bei denen Regenwasserrückhaltung durch Begrünung oder Bekiesung planmäßig vorgesehen und statisch nachgewiesen ist. Allerdings ist hierbei die zu erwartende Überflutungshöhe rechnerisch zu ermitteln und mit dem Tragwerksplaner abzustimmen. Im Hinblick auf den Jahrhundertregen muss bei einer Dachfläche mit innen liegender Entwässerung mindestens ein Notüberlauf mit freiem Abfluss über die Fassade angeordnet werden. Ist dies wegen angrenzender Gebäude oder anderer konstruktiver Gegebenheiten nicht möglich, ist die Notüberlauffunktion durch ein zusätzliches Leitungssystem mit freiem Auslauf auf das Grundstück sicher zustellen.
Die überarbeiteten Regelwerke unterscheiden nicht mehr zwischen Dachflächen, die bis zu drei Grad oder stärker geneigt sind. Beträgt die Dachneigung null Grad, sind die Abläufe an den Stellen mit maximaler Durchbiegung anzuordnen. Außerdem ist zu den aufgehenden Bauteilen ein Mindestabstand von 30 Zentimetern einzuhalten. Maßgeblich ist dabei der äußere Rand des Flansches.
Bei der Berechnung der erforderlichen Anzahl an Dachabläufen sollte die jeweils auf den Gully bezogene Anstauhöhe angesetzt werden. So wird die Höhe bezeichnet, die das Regenwasser bei einem mittleren Regenereignis maximal über dem Gullyflansch stehen darf. Bei einem Gully mit DN 100 beträgt diese zum Beispiel 35 Millimeter. Für die Anzahl der Abläufe wird die Gesamtmenge des Wassers durch die Abflussleistung des Gullys geteilt. Ergibt die Berechnung beispielsweise 14,1 Abläufe, muss entweder auf 15 Stück aufgerundet oder die Anstauhöhe so weit erhöht werden, dass 14 Gullys zur Dachentwässerung genügen. Die höhere Anstauhöhe erfordert jedoch eine reduzierte Überfallhöhe der Notentwässerung. Das ist bei der Planung zu beachten. Außerdem schreibt die Norm eine Halbierung der Überfallhöhe vor, wenn die Notab-/überläufe weiter als 20 Meter auseinanderliegen – zum Beispiel bei einer Kehllänge von mehr als 20 Metern mit stirnseitig angeordneten Notüberläufen. Aus gestalterischen Gründen werden zwar Notabläufe mit freiem Abfluss über die Fassade gerne vermieden, da sie das Erscheinungsbild des Gebäudes beeinträchtigen. Das entspricht jedoch nicht einer fachgerechten Planung und Ausführung und verstößt gegen das Baurecht. Einige Hersteller von Dachentwässerungen bieten Ablaufelemente mit reduzierter Schlitzbreite an, die optisch kaschieren.
Während sich die Dachentwässerung in einen Neubau in der Regel problemlos integrieren lässt, ist die Aufgabe bei einer Sanierung wesentlich komplexer, denn hier ist die bestehende Anlage dem Stand der Technik anzupassen. Nur in wenigen Fällen sind ausreichend dimensionierte Notüberläufe für den Jahrhundertregen vorhanden. Sie nachträglich zu installieren, ist oft mit hohem Aufwand verbunden – zum Beispiel bei einem Sheddach. Pro Ablaufrinne ist hier mindestens ein Notablauf anzuordnen, da jeder in sich abgeschlossene Dachbereich einen solchen erfordert. Einige Hersteller von Dachabdichtungen und Entwässerungssystemen bieten die Bemessung der Entwässerungsanlagen als kostenfreien Service an.
Dipl.-Ing. Klaus Kranz ist Produktmanager der FDT Flachdachtechnologie in Mannheim.
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