Von Gerrit Horn
Eine optimierte Holzbauplanung reduziert die erforderliche Holzmenge bei gleicher statischer Qualität. Betrachtet man die Konstruktionen, die im modernen Holzbau üblich sind, fällt auf, dass schon die Wahl der Grundkonstruktion einen wesentlichen Einfluss auf den tatsächlichen Holzanteil hat. Der folgenden Einschätzung liegen Holzkonstruktionen zugrunde, die bei Effizienzhäusern 55 und Effizienzhäusern 40 sowie bei Passivhäusern üblich sind.
Reduzierter Einsatz von Kunststofffolien
War es im Holzrahmenbau seit den 1980er Jahren üblich, raumseitig dem Rahmenwerk Folien als Dampfbremse oder sogar Dampfsperre und zur Luftdichtheit anzuordnen, so hat es sich mittlerweile bewährt, diese Funktionen der ohnehin aus statischen Gründen vorhandenen Holzwerkstoffplatte – im Regelfall meist OSB Platten – zuzuordnen. Der grundsätzliche Verzicht auf Folien in den Außenwänden kommt auch den Wünschen der Holzbau-Kundschaft entgegen. Der häufig geäußerte Satz „ich möchte nicht in einer Folie wohnen“ zeigt, was viele Bauinteressenten über Holzhäuser denken.
Der handwerkliche Holzbau hat schon früh auf Folien verzichtet. Dagegen wurde und wird in der Fertighausindustrie in den Außenwänden bis heute noch teilweise mit Folien gearbeitet. Fortschrittliche Unternehmen der Fertighausbranche verzichten dagegen auf diese Materialien aus Kunststoff. Dennoch behält auch bei solchen diffusionsoffenen Bauweisen die altbekannte Grundregel „innen dichter als außen“ ihre volle Gültigkeit.
Hoher Grad an Vorfertigung möglich
Beim Holzrahmenbau wird unterschieden zwischen dem Holzskelettbau, bei dem die Aussteifung durch Streben vergleichbar mit dem Fachwerkbau erfolgt, und dem Holztafelbau, der durch die Beplankung ausgestaltet wird. Bei letzterem sind durch die werkseitige Herstellung von Wand-, Decken- und Dachtafeln Vorfertigungsgrade von bis zu 90 Prozent möglich, inklusive Dämmung, Wandbeplankungen, Fenstern, Türen sowie der Sanitär- und Elektroinstallationen.
Alle Holzhaushersteller erreichen durch eine ausgefeilte Logistik und den Einsatz modernster Fertigungsmethoden, wie CNC-gesteuerte Produktion, sehr kurze Bauzeiten: Nach wenigen Tagen für die Vorproduktion, wird beispielsweise ein Einfamilienhaus innerhalb von ein bis zwei Tagen montiert und danach werden – je nach Vorfertigungsgrad – nur noch wenige Wochen für den Ausbau benötigt.
Verbrauchte Holzmenge variiert deutlich
Bei den Holzrahmenbauten kommen klassisch Vollholzquerschnitte aus den Nadelholzarten Fichte und Tanne zum Einsatz. Bei hochwärmegedämmten Holzkonstruktionen werden auch die seit den 1990er Jahren auf dem Markt eingeführten wärmebrücken-optimierten Holzstegträger eingesetzt. Als neue Konstruktionsart sind heute vermehrt auch Holzbauten aus Massivholztafen (Brettschichtholz BSH, Brettsperrholz BSP/Kreuzlagenholz KLH) anzutreffen.
Bei der Wahl der Holzkonstruktionsart für ein Gebäude lohnt sich der Blick auf die einzubauende Holzmenge. Holzrahmenbauten mit Holzstegträgern weisen beispielsweise im reinen Anteil des Konstruktionsholzes lediglich ein Viertel des Holzeinsatzes von Massivholzkonstruktionen auf. Berücksichtigt man auch die für das Gebäude notwendigen Holzwerkstoffplatten, so liegt der Unterschied der benötigten Holzmenge bei den unterschiedlichen Holzbauweisen bei einem Faktor von drei (siehe Tabelle 1).
Niedrigster Verbrauch bei Holzstegträger-Konstruktionen
Dabei erweisen sich bezüglich des Holzeinsatzes die insbesondere im Passivhausbau vorkommenden Holzstegträger-Konstruktionen um ein Drittel günstiger als klassische Holzrahmenbauten mit Vollholzquerschnitten. Eine optimierte Holzbauplanung reduziert somit die tatsächlich erforderliche Holzmenge bei gleicher statischer Qualität. Das wirkt sich nicht nur positiv auf die Verwendung der Ressource Holz aus, sondern auch auf die Wärmebrückenfreiheit und auf die Wirtschaftlichkeit der Konstruktion.
Auch wenn sich die Holzverwendung in Gebäuden zur CO2-Speicherung anbietet, so sollte dennoch nur die tatsächlich erforderliche Holzmenge eingebaut werden (siehe Tabelle 2). Schließlich steht der Rohstoff Holz nicht unbegrenzt zur Verfügung und soll in Zukunft auch in anderen Bereichen als nachwachsender Rohstoff Verwendung finden können.
Massivholzbauweise verbraucht viel Holz
Der Anteil von Holzbauten im Wohnungsbau beträgt in Deutschland heute schon über 20 Prozent, Tendenz steigend. Dabei bekommen insbesondere die Massivholzkonstruktionen immer größeren Zuspruch. Diese Entwicklung ist aus Sicht des sinnvollen Holzeinsatzes kritisch zu bewerten. Jede Holzbauweise weist unterschiedliche Vor- und Nachteile auf. Deswegen bedarf es einer spezifischen Betrachtung in Abhängigkeit von den Anforderungen an die Bauaufgabe.
Die Massivholzbauweisen stellen sich für Planer scheinbar einfacher dar, wodurch diese oft bevorzugt werden. Doch diese Bauweise benötigt im Grundriss aufgrund dickerer Außenwände bei gleichem U-Wert mehr Konstruktionsfläche und weist höhere Baukosten auf. Somit sind Massivholzbauweisen eher unwirtschaftlicher als Holzrahmenbau-Konstruktionen und verbrauchen relativ große Mengen der Ressource Holz.
Holzrahmenbau mit Massivholzbauteilen kombinieren
Mit dem konsequenten Einsatz der klassischen Holzrahmenbauweise wird der nachwachsende Rohstoff Holz ressourcenschonend eingesetzt. Holztafelelemente benötigen nur circa ein Viertel bis ein Drittel der Holzmenge von Massivholztafeln und sind bei vergleichbaren bauphysikalischen Werten etwa ein Fünftel bis ein Sechstel schlanker. Das bringt bei gleichen Gebäude-Außenmaßen eine größere Nutzfläche mit sich.
Um die Zukunftsaufgaben des nachhaltigen Bauens gut zu meistern, sollten Massivholzelemente wie Brettsperrholz-, Dübelholz- oder Brettschichtholztafeln nur dort eingesetzt werden, wo sie den Holzrahmenbau sinnvoll ergänzen. Das können Bauteile mit hohen Brand- und Schallschutzschutzanforderungen wie Wohnungstrenn- oder Gebäudeabschlusswände sein. Geeignet sind diese massiven Holzplatten auch für Decken: Zwar benötigen Holzbalkendecken ungefähr 25 bis 30 Prozent weniger Holz als Massivholzdecken, doch sind letztere deutlich schlanker und sparen bei gleicher lichter Geschosshöhe eine Treppensteigung ein. Das reduziert nicht nur den Platzbedarf der Treppe im Grundriss, sondern ermöglicht auch eine höhere Kniestockhöhe bei Ausnutzen der baurechtlich festgesetzten Traufhöhe.
Handwerkliche Ausführung mit Vorfertigung verknüpfen
Der moderne Holzrahmenbau stellt ein Betätigungsfeld für jeden Meisterbetrieb des Zimmererhandwerks dar – unabhängig von der Betriebsgröße. Für die Montage mehrgeschossiger Gebäude bis etwa zur Gebäudeklasse 4 bedarf es auf der Baustelle lediglich drei bis vier, maximal fünf Personen. Neben einem Meister oder Vorarbeiter reichen ein bis zwei gute Gesellen und ein bis zwei Helfer aus, um in wenigen Tagen ein ganzes Holzgebäude aufzurichten. Dazu muss der Holzbaubetrieb nicht unbedingt selbst die Holztafeln fertigen. Es gibt mittlerweile zahlreiche Fertigungsbetriebe, die auf Bestellung individuell vorgefertigte Holzelemente herstellen und direkt auf die Baustelle liefern. Somit können auch Betriebe lokal komplette Holzrahmengebäude anbieten, die selbst nicht über die Voraussetzungen für eine Vorfertigung von Holztafeln verfügen.
Vorteile der Verbindung von Mauerwerks- und Holzbau
Auf diese Weise können Zimmereien auch mit herkömmlichen Maurerbetrieben kooperieren, indem sie zum Beispiel das komplette Dachgeschoss – also alle Dachgeschosswände und komplett fertige Dachelemente einschließlich Dämmung bis hin zur Dachlattung und Dachflächenfenstern – auf der obersten Geschossdecke errichten. Damit wird auch ein gemauerter Rohbau oben schnell geschlossen und im Vergleich zum üblichen Vorgehen werden die Sparren nicht über lange Zeit der Witterung ausgesetzt, bis der Rohbauer alle schrägen Wände dem Dachverlauf angepasst hat und die Dacheindeckung abgeschlossen werden kann. Für Architekten ergeben sich so veränderte Planungsansätze und Bauabläufe, die mit dem Knowhow der Ausführungsbetriebe zu Bauwerken mit verkürzten Ausführungszeiten und besserem Witterungsschutz führen und so auch die Baufeuchte insgesamt reduzieren. Gleichzeitig wirkt sich der Ersatz von Mauerwerks- oder Betonbauteilen durch Holzelemente positiv auf die CO2-Bilanz des Gebäudes aus.
Gerrit Horn ist Architekt und Zimmermeister sowie Holzbauunternehmer, Inhaber des Architektur- und Ingenieurbüros bau.werk – Energie bewusst gestalten und Sachverständiger für das Zimmererhandwerk
Literatur zu Ressourcen im Holzbau
- Horn, Gerrit: Passivhäuser in Holzbauweise, Bruderverlag, 2011
- Horn, Gerrit: Zwei Jahrzehnte Passivhäuser in Holzbauweise, Tagungsband PH-Tagung 2016
- Horn, Gerrit: Ressource Holz bei Passivhäusern in Holzbauweise, Tagungsband PH-Tagung 2021
- Horn, Gerrit: Holzrahmenbau – Bewährtes Holzbau-System, 6. Auflage, Rudolf-Müller-Verlag, 2021
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15-02-2024
Ich vermisse auch leider hier wieder Angaben zu den Auswirkungen einer Leichtbauweise auf den Nachweis Schutz vor sommerliche Wärme und eine Aussage zur Weiternutzung nach einem Brandfall.
Horst Hilke, Husum
Sehr geehrter Herr Hilke,
die von Ihnen vermissten Aspekte waren explizit nicht Thema dieses Beitrags. Hier geht es um den Materialeinsatz bei zwei verschiedenen Bauweisen im Vergleich. Wir nehmen Ihren Themenvorschlag aber generell gerne für einen eventuellen neuen Beitrag auf.