Dieser Beitrag ist unter dem Titel „Null Barrieren“ im Deutschen Architektenblatt 10.2020 erschienen.
Von Thomas B. Strunz
Sichere und hindernisfreie Wege sind die Grundlage für eine unfallfreie Fortbewegung mobilitätseingeschränkter Personen. Das trifft besonders für das unmittelbare Wohnumfeld zu. Zwar hängt der Umfang der Barrierefreiheit hier wesentlich von den Bedürfnissen der einzelnen Bewohner ab, doch überwiegend ist die Schwellenlosigkeit das dringendste Thema. Mit zunehmendem Alter entscheidet sie oft darüber, wie sich der Alltag eigenständig bewältigen lässt. Schwellenlose Übergänge können somit zur Voraussetzung werden, in den eigenen vier Wänden weiter selbstbestimmt leben zu können.
Bei der schwellenlosen Ausbildung von Übergängen sehen sich Planer allerdings immer wieder vor eine Herausforderung gestellt, vor allem beim Bauen im Bestand. Einerseits erklärt die Norm für barrierefreies Bauen DIN 18040 Türschwellen für nicht zulässig, andererseits wird aber bei technischer Notwendigkeit eine Schwellenhöhe bis zwei Zentimeter toleriert. Doch nur ein Übergang ohne jeglichen Versprung oder eine Stolperkante ist wirklich barrierefrei und stellt eine sogenannte Null-Schwelle dar.
Einen weiteren Knackpunkt der Planung bilden die Abdichtungsnormen. So werden nach den Regeln des Deutschen Dachdeckerhandwerks für Abdichtungen (Flachdachrichtlinie) grundsätzlich bestimmte Höhen für das Hochführen der Abdichtungen von Grundflächen an aufgehende Bauteile definiert. Barrierefreie, schwellenlose Übergänge können diese nicht einhalten. Allerdings beschreibt die Flachdachrichtlinie Kompensationsmaßnahmen, die eine bodengleiche Türschwelle ohne unteren Türanschlag ermöglichen, damit kein Wasser in das Gebäude eindringen kann.
Durchdachte Bestandslösungen verfügbar
Die Anforderungen für schwellenlose Übergänge und zu ergreifende baukonstruktive Maßnahmen müssen vom zuständigen Planer mit dem Bauherrn und den ausführenden Firmen besprochen und die Umsetzung gemeinsam festgelegt werden. Die gefundenen Lösungen stellen immer Sonderlösungen dar.
Bestandsbauten weisen in der Regel einen Niveauunterschied von mindestens einer Stufe zum angrenzenden Gelände auf. Im Zusammenhang mit der Maßnahme kann das Gelände entsprechend angehoben werden. In den letzten Jahren haben auch verschiedene Hersteller Kombinationen aus Nullschwellenprofilen und Absenkdichtungen entwickelt, die einen barrierefreien Übergang ermöglichen. Entsprechend vorliegenden Prüfzeugnissen bieten die Systeme zugleich eine ausreichende Schlagregendichtheit. Daher wird zum Teil damit geworben, dass auf eine Entwässerungsrinne verzichtet werden könnte. Gleichwohl wird zur Vermeidung eines Wassereintritts eine solche empfohlen, insbesondere wenn kein Vordach vorhanden ist. Schwachstellen aller Systeme, ob mit absenkbarer oder magnetischer Dichtung, sind meist die Eckpunkte. Das Problem lässt sich lösen, indem der Bereich der Dichtungen entwässert wird oder eine spezielle Ausführung der Absenkdichtung verwendet wird, die ein seitliches Eindringen von Wasser verhindert.
Die nachfolgenden baukonstruktiven Details sind insbesondere für Bestandssituationen im Wohnungsbau gedacht und werden daher für die Außentüren im Zusammenhang mit der Verbesserung des baulichen Wärmeschutzes für die Gebäudehülle dargestellt. Die Lösungen sind immer Kompromisse zwischen den Rahmenbedingungen aus der Barrierefreiheit und denen der Bauphysik. Die Anforderungen, die im Kontext mit Wärmebrücken entstehen, sind in diesem Zusammenhang sehr hoch und müssen gegebenenfalls genauer untersucht werden. Die Details stellen eine Hilfe dar und sollen zu eigenen Überlegungen zur Ausführung von barrierefreien, schwellenlosen Übergängen anregen. Sie ergänzen sich und können auch miteinander kombiniert werden.
Zugang zur Haustür barrierefrei
Erhalten Gebäude eine außen liegende Dämmung, beispielsweise ein Wärmedämmverbundsystem, werden Außentüren und Fenster zur Vermeidung von Wärmebrücken idealerweise in die Dämmebene gesetzt. Falls möglich, sollte auch die Haustür in die Dämmebene, zumindest in die Ebene der Perimeterdämmung gesetzt und die Laibungsdämmung bis auf den Türrahmen geführt werden. Das vorspringende Eingangspodest kann abgebrochen werden (1).
Der Schlagregendichtheit kommt eine besondere Bedeutung zu, insbesondere wenn ein großer zusammenhängender Vorbereich rollstuhlgerecht an den Eingangsbereich angrenzt. Für einen schwellenlosen Übergang muss der untere Türanschlag entfallen. Die Wind- und Schlagregendichtheit wird mithilfe einer Sonderkonstruktion gewährleistet: einer in den Türeinleimer eingebauten Absenkdichtung in Kombination mit einer thermisch getrennten Bodenschwelle. Dabei sollte die Absenkdichtung elastisch genug sein, um auch bei kleinen Verschmutzungen der Bodenschwelle die Schlagenregendichtheit zu gewährleisten. Mittels einer speziellen Schließmechanik wird die Dichtheit gleichzeitig nach unten und in den beiden Türfalzen links und rechts hergestellt (2).
Neben der schlagregendichten Ausbildung der Türschwelle wird unmittelbar davor eine Entwässerungsrinne eingebaut. Die angrenzende, befestigte Belagsfläche darf gemäß Abschnitt 4.2.1 DIN 18040-2 nur ein geringes Gefälle von maximal 2,5 Prozent aufweisen. Bei starkem Wind kann Regen entgegen der Fließrichtung zur Haustür getrieben werden, wo das Wasser von der Entwässerungsrinne aufgenommen wird (3).
Die Entwässerungsrinne muss entsprechend der zu erwartenden Beanspruchung dimensioniert und dauerhaft funktionsfähig sein. Dies wird neben Austrittsöffnungen im Rinnenkorpus insbesondere durch einen unmittelbaren Anschluss der Rinne an eine Rigole oder einen Kanal sichergestellt. Während des Baubetriebs ist darauf zu achten, dass keine Fremdkörper in diese Ableitung gelangen. Ein unter dem Rinnenrost eingelegtes feinmaschiges Edelstahlgewebe verhindert den Eintrag von Grobschmutz wie Laub in die Rinne. Im Winter kann ein auf den Rinnenboden eingelegtes Heizband zusätzliche Sicherheit für eine ordnungsgemäße Entwässerung bieten. Zur Sicherstellung der dauerhaften Funktionsweise muss der Nutzer auf eine bedarfsgerechte Revision hingewiesen werden (4).
Ist eine in der Laibung tiefer sitzende Haustür vorhanden oder soll diese bei einer energetischen Sanierung in ihrer Lage beibehalten werden, kommt anstelle einer handelsüblichen Entwässerungsrinne eine handwerklich hergestellte Lösung in Betracht. Eine dicht geschweißte Wanne aus Edelstahl kann genau die baulich vorgegebenen Maße der äußeren Türlaibung aufnehmen. In diese wird ein konfektionierter Gitterrost mit einer Rutschhemmung von mindestens R 10, besser R 11, eingelegt. Die Wanne wird direkt entwässert. Öffnungen in der Wannenaufkantung gewährleisten eine Notentwässerung. Die Bauwerksabdichtung unter der Auffangwanne wird aus Flüssigkunststoff mit eingelegter Vlieslage hergestellt. Mithilfe von vorgefertigten Vliesinnen- und -außenecken wird dieser bis auf die notwendige Abdichtungshöhe geführt und mit der Sockelabdichtung verklebt.
Sehr gut bewährt haben sich in Eingangsbereichen Gummilamellenroste mit guten Sauberlaufeigenschaften. Die Maschenweite darf maximal 30 mal zehn Millimeter betragen. Bestandbedingt ergibt sich hier eine Wärmebrücke. Diese wird durch einen unbeheizten Windfang oder eine Dämmung der Kellerdecke und des oberen Bereichs der Kelleraußenwand unmittelbar darunter kompensiert. In diesem Fall kann die Absenkdichtung gegen ein in die Wanne der Sauberlaufmatte eingelegtes Rechteckrohr mit aufkaschiertem Neoprenstreifen drücken. Die gesamte Tiefe und Breite des Eingangspodestes soll in Anlehnung an die DIN 18040 Verkehrs- und Bewegungsflächen mindestens 150 mal 150 Zentimeter betragen. Ein entsprechend weit auskragendes Vordach ist eine weitere Kompensationsmöglichkeit bei schwellenlosen Übergängen im Sinne der Flachdachrichtlinie. Es wird als ergänzende Maßnahme empfohlen. Als Richtwert für die Wetterseite mit einem Regeneinfallswinkel von 45 Grad soll die Vordachtiefe der Höhe über Gelände entsprechen.
Ausgang zum Balkon barrierefrei
Als Türschwelle ist in der Zeichnung ein speziell konstruiertes, entwässerbares Aluminiumschwellenprofil mit einer Magnetdoppeldichtung dargestellt. Im Schwellenbereich kann Regenwasser über eine Auffangkammer nach außen auf eine Entwässerungsebene abgeführt werden. Die Funktionsfähigkeit dieses Systems ist zu gewährleisten. Verschmutzungen im Bereich der magnetischen Dichtstreifen können die Wind- und Schlagregendichtheit einschränken. Sie sind daher regelmäßig zu entfernen. Anschlussprofile zum Bodenbelag müssen ausreichend rutschsicher sein (1).
Das Schwellenprofil wird mit einem Abdichtungssystem aus Flüssigkunststoff mit eingelegtem Vlies in der Abdichtungsebene eingebunden. Diese wird mithilfe von vorgefertigten Vliesinnen- und -außenecken ebenso in der Laibung hochgeführt. Mit dieser Abdichtungstechnik kann auf eine Anpressleiste, wie sie bahnenförmige Abdichtungssysteme erfordern, verzichtet werden (2).
Als zusätzliche Maßnahme zum Schutz der Gebäudeöffnung vor eindringendem Niederschlagswasser ist im Sinne der Flachdachrichtlinie zwischen Türschwelle und angrenzendem Bodenbelag eine Entwässerungsrinne gemäß der zu erwartenden Beanspruchung zu dimensionieren (3). Höhenverstellbare Füße für die Entwässerungsrinne sowie höhenverstellbare Stelzlager für den Plattenbelag ermöglichen ein genaues stolperkantenfreies Anpassen der Bewegungsfläche an die örtliche Situation. Der Plattenbelag kann in einem Gefälle bis zu 2,5 Prozent verlegt werden. Auf diese Art und Weise entsteht eine durchgehende, wenn auch schräge Fläche ohne Stolperkanten. Ein ausreichend großer Hohlraum unter der Rinne und dem Plattenbelag ermöglicht eine ungehinderte Entwässerung. Diese lose verlegten Platten können für Revisionszwecke einfach abgehoben werden (4).
Sofern in das Türblatt eine Absenkdichtung in Verbindung mit einem flachen Aluminiumschwellenprofil eingebaut ist, wird vor allem dann, wenn kein Vordach vorhanden ist, zur Erhöhung der Schlagregensicherheit empfohlen, eine Entwässerungsrinne einzubauen. Das gilt auch dann, wenn laut Herstellererklärung des Schwellen- und Absenkdichtungssystems auf eine solche verzichtet werden könnte.
Die Entwässerung der Rinne muss über einen direkten Anschluss an die Gebäudeentwässerung sichergestellt werden. Um ein einwandfreies Funktionieren der Entwässerungsrinne zu gewährleisten, sollte der Nutzer auf die Notwendigkeit hingewiesen werden, die Funktionstauglichkeit durch Revision nach Regen-, Laub- und Schneefall etc. zu erhalten. Die Versottung der Rinne kann mithilfe eines Schmutzgitters aus Edelstahl, das direkt unter dem Gitterrost eingelegt wird, reduziert werden. Das Zusetzen der Rinne mit Eis und Schnee kann mit einem Heizband im Winter verhindert werden.
Nicht zuletzt stellt eine nicht thermisch getrennte auskragende Balkonplatte eine Wärmebrücke dar. Dieser bauphysikalische Mangel kann mittels Wärmedämmstreifen auf der Unterseite der Decke minimiert werden.
Dipl.-Ing. Univ. M.Arch. IIT Thomas B. Strunz ist Architekt BDA und Partner im Büro strunz architekten partnerschaft mbb in München
Barrierefrei bauen: Ratgeber
Die Bayerische Architektenkammer hat in Kooperation mit dem Bayerischen Staatsministerium für Familie, Arbeit und Soziales bereits drei Leitfäden zur DIN 18040 erarbeitet. Die Publikationen behandeln öffentlich zugängliche Gebäude, barrierefreie Wohnungen sowie den öffentlichen Verkehrs- und Freiraum. Neu hinzugekommen ist die Broschüre „Barrierefreie Übergänge im Wohnungsbau (Bestand)“, die den Aspekt der Schwellenlosigkeit vertieft. Neben den beiden in diesem Fachbeitrag gezeigten Lösungen beinhaltet die Praxishilfe unter anderem Details zum Wohnungseingang von einem Treppenhaus und einem Laubengang oder den Zugang zu einem Sanitärraum. Alle Lösungen lassen sich dabei prinzipiell auch auf den Neubau übertragen. Hier sind alle Publikationen kostenfrei downloadbar und auch in gedruckter Form bestellbar.
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Es ist verdienstvoll und wichtig, dass Thomas B. Strunz das Thema der schwellenlosen Übergänge aufgreift. Damit muss das Lob leider sein Ende finden.
Die maßgebliche Norm zum barrierefreien Bauen DIN 18040 aus dem Jahr 2010 beziehungsweise 2011 ist eindeutig. Der schwellenlose Durchgang ist für viele Bauaufgaben gesetzlich vorgegeben. Die einschlägigen Paragrafen aus Landesbauordnungen, Behindertengleichstellungsgesetz und Grundgesetz sind vielfach abgedruckt worden. „Untere Türanschläge und Schwellen sind nicht zulässig.“
Bauindustrie, Architektinnen und Architekten, Ingenieurinnen und Ingenieure sind seit Jahrzehnten in der Lage, Lösungen für diese Anforderung erfolgreich am Bau zu verwirklichen und haben das zigtausendfach bewiesen. Das Aachener Institut für Bauschadensforschung und Angewandte Bauphysik veröffentlichte 2012 seinen Forschungsbericht „Schadensfreie Niveaugleiche Türschwellen“ mit dem Ergebnis, dass diese Ausführung nicht zu Schäden führt. Die Flachdachregeln ebenso wie die aktuelle Norm für ebenerdige Terrassen (DIN 18533), die Normen unserer Nachbarländer und alle deutschen Normen bis zum Jahr 2017 beschreiben, wie das zu machen ist. Für niedrige Schwellen werden dort zusätzlich Maßnahmen gefordert, wie sie in den Dachdeckerregeln seit vielen Jahren für Unterschreitungen der Regeldachneigung gesetzt sind. Es gilt: je flacher, desto mehr Zusatzmaßnahmen.
Und dann stellt sich der Obmann des Normausschusses für die Abdichtung von Terrassen, Balkonen und Laubengängen (DIN 18531) im Jahr 2017 in Aachen vor tausend Sachverständigen ans Mikrofon und erklärt die schwellenlose Terrassentür zur „Sonderkonstruktion“, die die Norm ins Nirwana geschickt habe. Er sagte wirklich „ins Nirwana geschickt“. Und das Unwort „Sonderkonstruktion“ für eine gesetzlich vorgeschriebene Ausführung macht der DAB-Autor zum Dreh- und Angelpunkt der Veröffentlichung im Deutschen Architektenblatt.
Ich habe seinerzeit gegen den Normentwurf DIN 18531 ff Widerspruch angemeldet. Die Institution DIN antwortete mir am 17. Juli 2017 zur Verteidigung der fast 800 Seiten Abdichtungsnormen mit folgendem Text (Auszug): „Die Formulierung in der Norm soll aber die Baubeteiligten sensibilisieren, besondere Sorgfalt bei Planung und Ausführung walten zu lassen.“ Das Deutsche Architektenblatt muss im Interesse der Kolleginnen und Kollegen eine fehlerhafte Normsetzung anprangern und nicht nachbeten.
Sebastian Sage, Architekt und öbuv Sachverständiger für Schäden an Gebäuden, Stuttgart
Herzlichen Dank, Kollege Sage, absolute Zustimmung zu Ihrem in jeder Hinsicht zutreffenden Kommentar! „Die fehlerhafte Normsetzung anprangern und nicht nachbeten,“ sollte das erklärte Ziel unserer Berufspolitik sein, denn barrierefreies Bauen muss Standard und nicht Sonderfall sein.
Leider ziehen sich viel zu viele KollegInnen auf „einschlägige Gerichtsurteile“ zurück, um sich vor der etwas aufwendigeren Entwurfs- und Ausführungsplanung zu drücken. Der Bund geht hier übrigens mit gutem Beispiel voran, indem er Barrierefreiheit bereits in Wettbewerbsverfahren zu einem maßgeblichen Nachhaltigkeitskriterium macht (siehe auch Systematik für Nachhaltigkeitsanforderungen in Planungswettbewerben – SNAP). Damit werden in einer frühen Planungsphase die Voraussetzungen für den bei den Bundesbauten gewünschten BNB-Silber-Standard geschaffen.
Deshalb auch von meiner Seite der Wunsch an alle Fachmedien, das Thema in seiner komplexen Bandbreite immer wieder mit anschaulichen Details und Anwendungsbeispielen zu beackern.