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Smart Home Basis-Infrastruktur

Wie die Smart Home Basis-Infrastruktur die Voraussetzung für energieeffizientes Heizen, mehr Sicherheit und Komfort

29.06.20157 Min. Kommentar schreiben
Das TV-Gerät des Mieters als Smart Home Visualisierung und Bedieneinheit in der Wohnung. (Foto: BootUp GmbH)
Das TV-Gerät des Mieters als Smart Home Visualisierung und Bedieneinheit in der Wohnung. (Foto: BootUp GmbH)

Text: Günther Ohland

Mit Blick auf den demografischen Wandel und der Energiepreisentwicklung sind Smart-Home-Funktionalitäten nicht mehr als Luxusausstattung zu begreifen, sondern werden zukünftig ein notwendiger Standard werden. Damit wird es unter anderem möglich, das Menschen lange in ihrem vertrauten Umfeld selbstbestimmt leben können und auch die Heizkosten im Rahmen bleiben. Dabei ist zunächst grundsätzlich zwischen der Infrastruktur der Wohnung, die der Eigentümer bereitstellt, und der Nutzung durch den Mieter zu unterscheiden. Dementsprechend gibt es Bestandteile, die zum Gebäude beziehungsweise zur Wohnung gehören und Teile, die der Mieter in eigener Verantwortung ergänzen kann. Da sich gerade im mehrgeschossigen Wohnungsbau die meisten Wohnungsgesellschaften und Genossenschaften zurzeit noch nicht darüber im Klaren sind, welche Aufgaben sie dabei selbst übernehmen müssen und welche Angelegenheiten der Mieter sind, ist die Wahl der Smart-Home-Ausstattung aktuell jeweils immer eine Entscheidung im Einzelfall. Hat sich der Bauherr also nach Beratung mit dem Architekten und dem Technik-Planer einmal für ein System entschieden, muss man akzeptieren, dass es schwierig oder unmöglich ist, Komponenten eines anderen Systems zu integrieren.

Infrastruktur nicht auf die Raumnutzung auslegen

Lange Zeit kannten Planer für smarte Aufgaben nur den Standard KNX. War dieser zu teuer, wurde das Gebäude eben nicht automatisiert. Doch inzwischen gibt es mit LCN, Digital Strom, Provedo, Eltako, Peha, Free@home oder e-Net verschiedene Alternativen. Dabei ist es unerheblich, welches der Steuerungssysteme zum Einsatz kommt. Die meisten Systeme bieten heute alles, was zu einer umfangreichen Lösung benötigt wird. Bei der Nachrüstung von Plattenbauten empfiehlt sich das System Provedo, weil es die Eigenheiten der „DDR-Elektroinstallation“ berücksichtigt, bei anderen Bestandsnachrüstungen bieten sich funkbasierte Systeme an, beim Neubau können auch kabelbasierte Systeme zum Einsatz kommen. So ausgestattet lässt sich die smarte Wohnung benutzen, wie jede andere konventionelle Wohnung auch.

Zwar ist KNX besonders im gewerblichen Bereich nach wie vor eine gute Wahl. Doch im Gewerbebau steht das Nutzungsprofil der Räume von vornherein und langfristig fest. Man kann also detailliert planen, installieren und programmieren. Doch im Wohnbereich ist das anders. Die Nutzung der Räume bestimmt der Mieter. Kinderzimmer funktionieren anders als Schlafzimmer oder ein Home-Office. Aber häufig wird der als Schlafzimmer geplante Raum als Kinderzimmer genutzt und ein geplantes Kinderzimmer wird Home-Office. Der Errichter einer Wohnung tut also auch deshalb gut daran, die Infrastruktur nicht auf die Nutzungsprofile der Räume auszulegen, sondern sich auf Basis-Funktionen zu beschränken.

Mindest-Ausstattung

Die Basisausstattung sollte folgende Funktionen bieten: Elektrische Rollos durch ein Bus-System steuern – Rollo rauf, Rollo runter, Lamellen anstellen. Außerdem sollte die Beleuchtung ein- und ausschaltbar, gegebenenfalls dimmbar und das Kochfeld zentral abschaltbar sein. Weiterhin sollte der Alarmausgang der Rauchmelder als Sensor auswertbar sein. In einer smarten Umgebung machen Rauchmelder übrigens nicht einfach nur Lärm. Sie sorgen bei Feueralarm auch dafür, dass die elektrisch betriebenen Rollos hochfahren (Fluchtwege) und das Licht einschalten (Orientierung). Allein diese Funktion macht eine Wohnung und damit den Vermieter in den Augen von Mietern viel sympathischer, auch wenn diese Funktion hoffentlich nie benötigt wird. Die Schalter zur Bedienung von Rollläden und Licht sind ebenfalls Bestandteil der Basis-Infrastruktur und gehören zum Gebäude. Damit enden die Basisausstattung und somit auch die Verantwortung des Eigentümers.

Technisch ist es völlig unerheblich, ob hier verkabelte oder Funkschalter zum Einsatz kommen. Auch preislich gibt es – ganzheitlich betrachtet – keine Unterschiede. Zum Beispiel sind hochwertige Funkschalter bereits ab 35 Euro erhältlich. Zwar kostet ein preiswerter kabelgebundener Schalter zuzüglich Leitung und Leitungsverlegung sicherlich mehr, aber unter Berücksichtigung weiterer zum Schalten notwendiger Komponenten sind die Preisunterschiede zwischen smarter und konventioneller Installation letztendlich sehr gering. Einige Hersteller sprechen bereits sogar von Kosten-Neutralität.

Optionale Funktionen

Es gibt viele Möglichkeiten, die Basisinfrastruktur optional um weitere Funktionen in zu ergänzen. Diese zusätzlichen Optionen können der Wohnungswirtschaft bei Bedarf ein neues Geschäftsfeld eröffnen. Alternativ könnten das auch externe Dienstleister übernehmen. Hier einige Beispiele: Jüngere Mieter wünschen sich gerne die Steuerung per Smartphone. Hierzu ist es erforderlich, einen Kommunikationsbaustein in den Verteilerschrank einzusetzen und diesen mit dem IT-Netzwerk zu verbinden. Die Hardwarekosten betragen zirka 100 Euro, die Konfiguration 100 Euro, Gewinn 160 Euro, alles zusammen also 360 Euro. Umgerechnet wäre die Steuerung per Handy also mit einem Euro pro Tag im ersten Jahr bezahlt. Oder als Mietangebot: mit sechs Euro pro Monat über fünf Jahre wäre die Investition in den schwarzen Zahlen.

Ähnlich lässt sich ein Heizkostensparpaket rechnen. Bestimmte Räume wie das Bad oder Kinderzimmer werden nicht über den ganzen Tag gleichmäßig beheizt. Im Bad soll es am Morgen und am Abend schön warm sein, dazwischen ist die Temperatur den Bewohnern egal. Das Kinderzimmer steht während der Kindergarten- oder Schulzeiten leer, die Temperatur spielt dann keine Rolle. Die smarte Basis-Infrastruktur lässt sich für zirka 200 Euro pro Raum auf ein Zeit-Temperaturprofil aufrüsten. Die bisherige Praxis hat bewiesen, dass sich pro Raum zwischen zehn und 30 Prozent der Heizkosten einsparen lassen. Zwei Räume a 200 Euro ergeben Einmalkosten von etwa 400 Euro. Bei Heizkosten von 12 Euro/m² und 30 m² Fläche für beide Räume zusammen wären das rund 360 Euro. Die Ersparnis kann mit 54 Euro angesetzt werden, pro Monat also rund 4,50 Euro. Die Investition würde in sechs bis sieben Jahren ihren Break-Even-Point erreichen. Für den Mieter ist es ein Null-Summen-Spiel. Er hat bis dahin genau das an Miete für die smarte Erweiterung gezahlt, was er sonst an Heizkosten gezahlt hätte. Trotz etwas höherer Miete aber weniger Nebenkosten erfreut viele das Gefühl, umweltfreundlich gehandelt zu haben. Als Vermieter beginnt nun die Phase, in der sich die Investition von 400 Euro mit 54 Euro im Jahr verzinst.

Eine weitere Möglichkeit ist ein Anwesenheits-Simulationspaket zur Verbesserung der Sicherheit oder ein Aktivitätsmonitoring. Dieses kann feststellen, ob in einer Wohnung ein normaler Tagesablauf stattfindet. Diese Option informiert Angehörige, wenn sich der Tagesablauf des oftmals allein lebenden, alten Bewohners stark verändert oder sogar keine Aktivität mehr stattfindet. Vielleicht, weil der Bewohner gestürzt ist oder die Wohnung verlassen hat und ungewöhnlich lange nicht zurückgekehrt ist. Sensoren sind auch in der Lage, Wasserleckagen rechtzeitig zu entdecken und helfen somit Schäden an Hausrat und Gebäude zu vermeiden.

Alternativen durch Mieter-Selbstinstallation

Bei den Produkten Qivicon von der Telekom oder RWE SmartHome, die mit erheblichem Werbeaufwand gerade das Thema Smart Home besetzen, handelt es ich um so genannte SmartHome Plattformprodukte, die für den Einsatz durch den Mieter in Wohnungen durchaus geeignet sind. Sie sind von Heimwerkern relativ einfach zu installieren und zu konfigurieren und lassen sich bei einem Umzug wieder entfernen und natürlich lässt sich der Originalzustand der Wohnung wieder herstellen. Die Installation durch Laien bedeutet aber auch, dass bestimmte smarte Funktionen, wie die Steuerung von Jalousien nicht möglich sind. Eingriffe in die Rollosteuerung oder die installierte Beleuchtung bedeuten einen Eingriff in die 230 Volt Elektroinstallation des Gebäudes und das darf bekanntlich nur der Elektro-Fachmann. Sollte ein Bauherr auf den Einbau einer smarten Basisinstallation verzichten wollen, müsste von ihm akzeptiert werden, dass Mieter sich entsprechend selbst helfen. Voraussetzung dafür ist allerdings die IT-Basis-Infrastruktur.

Günther Ohland ist Fachjournalist und Initiator des Musterhauses SmartHome Paderborn sowie Gründungsmitglied der SmartHome Initiative Deutschland e.V.


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