Text: Claudia El Ahwany
Betonoberflächen sind vielfältig gestaltbar: zum Beispiel mit groben, bruchsteinartigen Strukturen, mit Fotos, die sich auf Beton applizieren lassen, oder mit Glaseinlagen, die schimmernde Lichteffekte erzeugen. Die Entscheidung über das optische Erscheinungsbild ist sehr früh in der Planungsphase zu treffen, denn manche Methoden lassen sich nur anwenden, wenn der Beton noch nicht abgebunden ist – andere wiederum nur danach.
Durch Schalung gestalten
Bei den Verfahren, die bereits vor dem Abbinden eingeleitet werden, spielt die Schalung eine wichtige Rolle. Die einfachste Art, auf die Betonoberfläche Einfluss zu nehmen, liegt in der Wahl der Schalhaut. Deren Saugverhalten hat unter anderem Auswirkungen auf die Helligkeit des Betons. Saugende Materialien wie Holz führen zu einer dunkleren Oberfläche als nicht saugende wie Stahl. Zudem muss berücksichtigt werden, dass sich die Saugfähigkeit einer Schalung mit jedem Betoniereinsatz reduziert. Deshalb sollte der Architekt festlegen, dass bei Sichtbeton nur neue Schalhäute verwendet werden. Andernfalls kann es zu unkontrollierbaren Farbschattierungen kommen. Mithilfe von Holzleisten oder -brettern, die in der Schalung fixiert werden, kann der Planer dem Beton Plastizität verleihen. Dabei steht es ihm offen, die Eigenschaften von saugenden und nicht saugenden Elementen zu kombinieren.
Neben den oben beschriebenen Holzleisten können auch Materialien wie Fliesen oder Natursteinplatten in die Schalung gelegt werden. Dadurch wird eine dauerhafte Verbindung mit dem Beton hergestellt. In einem der neuesten Verfahren werden Mikroglaskugeln oder Kristalle so in der Schalung fixiert und mit Beton übergossen, dass sie später auf der Betonoberfläche sichtbar bleiben und einfallende Lichtstrahlen reflektieren. Dadurch entsteht eine völlig neue Art der Oberfläche, die viel Gestaltungsspielraum bietet.
Besonders komfortabel lässt sich die Betonoberfläche mithilfe von Schalungsmatrizen strukturieren. Sie werden in die Schalung gelegt oder geklebt und mit Beton übergossen. Sobald dieser ausgehärtet ist, wird das Betonelement von der Matrize gelöst und die gewählte Struktur wird sichtbar. In der Regel bieten die Matrizenhersteller ein großes Sortiment unterschiedlicher Standardmotive an. Diese können miteinander kombiniert werden, was auch bei standardisierten Vorgaben individuelle Optiken ermöglicht. Bei fast allen Herstellern lassen sich zudem eigene Motivwünsche verwirklichen.
Eine besondere Variante sind die sogenannten Fotomatrizen – nicht zu verwechseln mit dem später beschriebenen Fotobeton. Für Fotomatrizen werden die originalen Bildinformationen erst in Graustufen zerlegt und dann digital in Linien unterschiedlicher Breite und Tiefe umgewandelt. So erzeugt der reflektierende Lichteinfall den Eindruck eines Bildes. Sichtbetonelemente, die mit Fotomatrizen gefertigt wurden, zeichnen sich durch ein lebendiges Erscheinungsbild aus, denn je nach Lichteinfallswinkel ändert sich ihr Aussehen.
Waschbeton neu entdecken
Bei dem Begriff Waschbeton hat man meist die Platten mit den großen, kugelförmigen Gesteinskörnungen vor Augen, die in den 1960er-Jahren beliebt waren. Mittlerweile hat sich das ästhetische Empfinden geändert und deshalb wird Waschbeton heute in der Regel abgelehnt. Diese Haltung wird aber nicht den gestalterischen Möglichkeiten des Materials gerecht. Der Begriff Waschbeton beschreibt lediglich ein Herstellungsverfahren, bei dem die Schalung mit einem sogenannten Oberflächen- beziehungsweise Erstarrungsverzögerer behandelt wird. Dessen Aufgabe besteht darin, das Aushärten des Betons zu unterbinden. Anschließend wird die Schalung mit Beton gefüllt. Sobald dieser ausgehärtet ist, kann der Hersteller ihn aus der Schalung lösen und seine Oberfläche mit einem scharfen Wasserstrahl auswaschen. Hierdurch wird die Zementschlämme entfernt und die Gesteinskörnung sichtbar. Je nach gewünschter Auswaschungstiefe können auch Bürsten zum Einsatz kommen. Für das Erscheinungsbild des Waschbetons sind Farbe und Form der Gesteinskörnung entscheidend. Verwendete man früher eher ein rundes Korn, werden heute scharfkantige Steine bevorzugt.
Eine Variante der Waschbetontechnik ist der sogenannte Fotobeton. Seine Herstellung basiert ebenfalls auf dem Auswaschen der obersten Zementschicht. Bei diesem Verfahren wird jedoch zunächst das gewünschte Bild in einzelne Bildpunkte zerlegt und das Motiv mithilfe eines Oberflächenverzögerers auf ein spezielles Papier geplottet, das der Betonbauer in die Schalung legt. An den mit dem Oberflächenverzögerer bedruckten Stellen kann der Beton nicht abbinden, wodurch nach dem Auswaschen der Eindruck eines in den Beton gravierten Bildes entsteht.
Oberfläche nachträglich bearbeiten
Anders als bei den Verfahren, die vor dem Abbinden des Betons eingeleitet werden, wird mit den handwerklichen oder mechanischen Bearbeitungsmethoden erst dann begonnen, wenn der Beton eine gewisse Festigkeit erreicht hat. Beide Herstellungsarten basieren darauf, dass der Handwerker eine dünne Schicht von der Betonoberfläche abträgt. Um die notwendige Betonstahl-Überdeckung zu gewährleisten, müssen beide Bearbeitungsmethoden von Anfang an eingeplant werden.
Da sich aufgrund einer Reihe identischer Materialeigenschaften Beton und Naturstein nahestehen, können auf Betonoberflächen die Handwerkstechniken der Steinmetze angewendet werden – zum Beispiel Bossieren, Spitzen, Scharrieren oder Stocken. Beim Schleifen entfernt der Verarbeiter die oberste Zementschicht und gegebenenfalls einen Teil der Gesteinskörnung mithilfe einer Schleifmaschine. Dagegen verwendet er beim Polieren ein feines Schleifmittel, das nur die oberste Schicht entfernt. Hierdurch bekommt der Beton eine glatte, glänzende Oberfläche. Er muss für dieses Verfahren gut verdichtet sein sowie eine grobe Gesteinskörnung besitzen.
Eine weitverbreitete Bearbeitungsmethode ist das Strahlen von Betonoberflächen. Dabei trägt der Handwerker die oberste Betonschicht mithilfe eines besonderen Strahlgutes ab. Er muss bei großen Flächen jedoch sehr behutsam vorgehen, soll das Erscheinungsbild gleichmäßig werden. Da die Körnungen bei diesem Verfahren teilweise gebrochen werden, wirkt der Beton etwas heller. Beim sogenannten Feinstrahlen werden lediglich die Körnungsspitzen freigelegt. Dies erzeugt einen harmonischen Gesamteindruck, der bei eingefärbtem Beton und einem darauf abgestimmten Gesteinskorn häufig gewünscht ist. Durch Strahlen lässt sich in manchen Fällen auch eine missratene Oberfläche „retten“, vorausgesetzt, die Betonstahl-Überdeckung reicht aus. Deshalb empfiehlt es sich, von vornherein die Überdeckung eher großzügig zu bemessen.
Interessante Effekte lassen sich auch durch die Verwendung von Strahlfolien erzielen. Sie werden auf dem Beton fixiert und dienen beim Strahlen als Schablonen, so dass nur der gewünschte Ausschnitt bearbeitet wird. Deutlicher hervorheben lassen sich die dadurch geschaffenen Motive mithilfe dünn aufgetragener Farbe, die sich nur in den feinen Vertiefungen absetzt. Weil die Folien individuell angefertigt werden, ist das Motiv weitestgehend frei wählbar.
Dipl.-Ing. Claudia El Ahwany ist Baufachjournalistin in Stuttgart mit dem Spezialgebiet Beton.
Regelwerke
Merkblatt Sichtbeton: Bietet Hilfe bei Planung, Ausschreibung, Vertragsgestaltung, Ausführung und Abnahme; Herausgeber: BDZ/DBV
Normen: Neben der Definition von Festigkeitsklassen und Konsistenzklassen definiert DIN EN 206-1/DIN 1045-2 auch Expositionsklassen für Beton. Sie tragen den Umgebungsbedingungen Rechnung, denen ein Betonbauteil ausgesetzt ist.
Schalhaut: Hinweise zur Schalhaut, mit der die Oberflächen gestaltet werden, finden sich in der DIN 18217 „Betonflächen und Schalungshaut“.
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