Von Petra Domke
Verbundsysteme verbinden die Vorzüge des Holzes mit denen des Verbundstoffes, sodass sich die Anwendungsmöglichkeiten des Holzbaus um ein Vielfaches erweitern. Derzeit konzentriert sich die Forschung für hybride Bauweisen mit Holz vor allem auf leistungsfähige und ökonomische Technologien. Dabei spielt ein möglichst hoher Vorfertigungsgrad eine ebenso wichtige Rolle wie die Entwicklung optimaler Verarbeitungseigenschaften oder neuer Lösungen für den Holzschutz. Hauptsächlich aber sollen die Tragfähigkeit erhöht und der Schall- und Brandschutz verbessert werden. Vor allem zwei universitäre Forschungseinrichtungen mit dem Schwerpunkt hybride Holz-Verbundbauweisen sind hervorzuheben, die von den Professoren Karl Rautenstrauch an der Bauhaus-Universität Weimar und Volker Schmid an der TU Berlin geleitet werden.
Verbund mit Anhydrit
Das Forscherteam in Weimar sucht beispielsweise nach neuen Varianten, Wand- und Deckenbauteile ökologisch nachhaltig und ökonomisch zu bauen. Ein Ergebnis ist die hybride Verbindung von Holzbrettstapeln mit Anhydrit-Estrich. Anhydrit (wasserfreies CaSO4) ist ein natürliches Material, für dessen Verarbeitung zu Estrich relativ wenig Aufwand betrieben werden muss. Außerdem puffert der Baustoff Luftfeuchtigkeit und wirkt damit raumklimatisch ausgleichend.
Die Weimarer Forschungen ermöglichen erstmals den Einsatz als tragendes Element sowie eine optimale Lösung für den dazu benötigten form- und kraftschlüssigen Verbund zwischen Anhydrit-Estrich und Holz. „Allein die unbearbeitete sägeraue Oberfläche des Holzes bietet beste Voraussetzungen für den direkten Haftverbund mit dem Estrich. Aber auch aus einem formschlüssigen Verbund mittels in die Brettstapel eingearbeiteter Einfräsungen ergeben sich völlig neue Verbindungsperspektiven“, teilt Projektleiter Karl Rautenstrauch mit. Dieser direkte Verbund ist praktisch unnachgiebig und erhöht durch die sehr geringen Verschiebungen in der Verbundfuge ganz wesentlich die Tragfähigkeit und Gebrauchstauglichkeit der Bauteile. Zudem ist er durch den Verzicht etwa auf Stahlverbindungen wirtschaftlich in der Herstellung. Außerdem erlauben es die verwendeten Brettstapelelemente, auch Holz minderer Qualität einzusetzen.
Der neue Baustoffverbund, der im Rahmen der Forschungsarbeit erfolgreich zahlreiche Belastungstests bestand, überzeugt auch durch seine bauphysikalischen Eigenschaften. Rautenstrauch: „Die insbesondere bei Außenwandelementen erwünschten, weitestgehend diffusionsoffenen Wandbauteile lassen sich so ohne die sonst übliche Dampfsperre oder -bremse herstellen. Ein derartiger Wandaufbau sorgt für Behaglichkeit und verhindert gleichzeitig Bauschäden, die normalerweise schon beim kleinsten Defekt in der Sperrschicht auftreten. Das Verbundelement aus dem Mineral mit dem massiven, tragenden Holzkern speichert aber nicht nur Feuchtigkeit, sondern auch Wärme sehr gut und bietet so im Winter eine angenehm warme Wandoberfläche. Im Sommer kann es die tagsüber über die Fensterflächen einstrahlende Wärme zwischenspeichern und in der Nacht gut dosiert wieder abgeben, sodass ein weitgehend konstantes, angenehmes Wohnklima entsteht.“
Verbund mit Beton
Während an Holz-Anhydrit-Kombinationen noch unter Laborbedingungen geforscht wird, haben hybride Verbindungen von Holz mit Beton den Praxistest bereits bestanden. Beispielsweise konnten an der Birkberg-Brücke, Deutschlands erster Holz-Beton-Verbundbrücke, Weimarer Forschungsergebnisse nahtlos in die Praxis überführt werden. Hier sind zwei blockverleimte Brettschichtholzträger mit Stahlbeton-Fahrbahnplatten verbunden. Holzseitig ist die Stahlplatte in gefräste Kerven eingesetzt und verschraubt, sodass mithilfe des aus dem Holzbau bekannten Versatzes die Schubkraft in den Brettschichtholzträger eingeleitet werden kann. Auf diese Weise ermöglichen die Verbundelemente ein Zusammenspiel von Holzträgern und Betonplatte bei der Lastabtragung, sodass das dabei entstehende Hybridtragwerk gegenüber konventionellen Holzbrücken auch bei geringer Bauteilhöhe eine höhere Steifigkeit und Tragfähigkeit besitzt. Weitere Vorteile der Bauweise sind eine gute Lastquerverteilung und eine einfache Scheibenausbildung zur Bauwerksstabilisierung.
Auch die TU Berlin hat in den letzten Jahren einige Holz-Hybrid-Bauten mit Forschungsarbeiten begleitet, darunter das deutschlandweit erste mehrgeschossige Wohnhaus mit einem 22 Meter hohen Holztragwerk im Berliner Stadtbezirk Prenzlauer Berg (DAB 12/07, S. 60 ). Abgesehen von der Brandwand zum Nachbargebäude, einem Treppenhaus sowie zwei Betonkernen für die haustechnischen Installationen entwickelten die Berliner Architekten Kaden Klingbeil die Konstruktion des Hauses komplett aus Holz. Die einzelnen Stockwerke sind durch Holzbetonverbunddecken getrennt, deren Unterseite aus 16 Zentimeter dickem Brettschichtholz besteht. Darüber befindet sich eine zehn Zentimeter dicke Betonschicht. Die Unterseite aus Holz bleibt sichtbar. Ökologisch orientiertes Bauen und enge brand- und baurechtliche Vorgaben konnten bei diesem Projekt in Übereinstimmung gebracht werden. Vor allem aber zeigt dieses Beispiel das hohe Potenzial, durch hybride Verbindungen Gebäude in Holzbauweise auch in Innenstädten zu etablieren.
Verbund mit Kunststoff
Ebenfalls vom Berliner Institut wurden zwei spektakuläre Projekte des Architekten Jürgen Mayer H. betreut. Sowohl an der Mensa der Universität Karlsruhe als auch für das Metropol Parasol in Sevilla entstanden kühne Tragwerkgebilde aus Holz, das mit Polyurethan beschichtet wurde. Der wasserabweisende Belag, wie er auch zur Abdichtung von Betonbrücken verwendet wird, erlaubt es, das Holz frei, ohne jede Einschränkung hinsichtlich Brandschutz oder Verwitterung in seiner ganzen Vielfalt als konstruktives Multitalent einzusetzen. Die anschließende Versiegelung mit Polyurethan ist Schutz und Farbgebung zugleich. Doch nur durch die hybride Kombination von Holz mit Polyurethan sind derart flexible Formen möglich, lassen sich filigrane Ideen und Stabilität realisieren und stellt der Brandschutz auch in einem belebten Stadtraum kein Problem dar.
Petra Domke ist freie Journalistin in Fredersdorf bei Berlin.
Schade, daß die Bauweise sich offenbar doch nicht bewährt hat.
https://bnn.de/karlsruhe/mensa-karlsruhe-moltke-geruest-bleibt-vorerst