DABonline | Deutsches Architektenblatt
Menü schließen

Mehr Inhalt

Services

DABonline | Deutsches Architektenblatt
Zurück Fachbeitrag

Trends bei der Badplanung: barrierefrei, platzsparend, fugenlos

Bei Bauherren ist das Bewusstsein dafür ­gestiegen, dass ein Bad anspruchsvoll gestaltet werden kann und es dafür einer adäquaten Planung bedarf

Von: Marion Goldmann
Marion Goldmann wählt für das DAB die wichtigsten Produktneuheiten aus....

01.03.20218 Min. Kommentar schreiben

weiße Badewanne mit lila Blüten

Dieser Beitrag zur Badplanung ist unter dem Titel „Nasszellen sind passé“ im Deutschen Architektenblatt 03.2021 erschienen.

Geht es nach den Prospekten der Hersteller, sind moderne Bäder reinste Wellness-Tempel. Sie sind groß, edel ausgestattet und mit technischen Finessen zur Entspannung, wie Licht- und Duschszenarien, gespickt. Als aktuelle Trends hat die Branche die Themen „smart“, „green“ und „living“ ausgemacht. Inwieweit aber spiegelt sich das in der Praxis wider? Architekt Jonas Puschmann hat die Erfahrung gemacht: „Smarte Lösungen, die allein aufs Bad begrenzt sind, fordern Bauherren nicht. Genutzt werden diese Möglichkeiten allenfalls im Kontext von Smart Home für das ganze Haus.“

Spezialisierung auf Badplanung ergibt sich meist von selbst

Bäder planen Puschmann Architekten aus Recklinghausen bereits seit 2005. In der Regel ergeben sich die Aufträge aus ihren Neubau- und Sanierungsprojekten im privaten Wohnungsbau, die den Schwerpunkt des ­Büros bilden. Daraus hat sich letztlich die Spezialisierung auf die Badplanung ergeben, da der Anspruch an selbst genutzte Bäder hoch ist. Wichtig ist Jonas Puschmann hier vor allem der ganzheitliche Ansatz von der Entwurfs- über die Ausführungsplanung bis hin zur Bauleitung. Zum Beispiel sind die Fliesenspiegel millimetergenau vorgegeben. Badstudios oder Fliesenleger wollen sich dagegen so genau meist nicht festlegen. Aber am Ende sind es gerade diese Details, die den Raum stimmig erscheinen lassen und von hoher Qualität zeugen.

offene Dusche
Nutzerfreundliches Design: Im Trend liegen keine Kanten, keine Stufen und viel Raum.

Qualität und Zeitlosigkeit

Qualität – beginnend bei der Planung über die Materialwahl bis hin zur Ausführung – ist der Schlüssel für eine lange Nutzungsdauer, schließlich werden Bäder im Durchschnitt nur alle 20 Jahre modernisiert. „Und das selten aufgrund defekter oder veralteter Technik, sondern weil das Design nicht mehr dem Zeitgeist entspricht“, stellt Jonas Puschmann fest. Sein Ansatz ist deshalb eine möglichst zeitlose Gestaltung. Diese Ansicht teilt auch Birgit Hansen: „Hippe Fliesen an den Wänden sehen sich die meisten Menschen nach wenigen Jahren satt.“ Die Innenarchitektin aus Köln plant seit über zehn Jahren ebenfalls Bäder und hat sich außerdem diesbezüglich zusätzlich auf Materialberatung spezialisiert.

Bodenebene Duschen und große Fliesenformate

Seit das Bad nicht mehr nur als funktionale Nasszelle betrachtet wird, hat sich auf dem Markt einiges getan. Mittlerweile sind bodenebene Duschen mit deutlich größeren Abmessungen als dem ursprünglichen 90-mal-90-Zentimeter-Grundriss Standard. Besaßen sie zunächst noch einen mittigen Abfluss, so bestimmen heute zum Teil sogar nahezu unsichtbare Linienentwässerungen den Trend. Ihre Entwicklung ist vor allem dem Angebot immer größerer Fliesenformate geschuldet, deren Verlegung in einer Dusche mit Mittelabfluss unliebsame Diagonalschnitte erfordert.

Fugenlos dank Spachteltechniken oder Terrazzo

Trotz des breiten Farb- und Designspektrums an verfügbaren Fliesen ist ein modernes Bad längst nicht mehr rundherum raumhoch gefliest. Zunehmend nachgefragt werden komplett fugenlose Gestaltungen. Hierfür bieten sich vor allem Spachtel- und Putztechniken an, die inzwischen auch im Nassbereich einsetzbar sind. „Möglich ist auch Terrazzo, der als vorgemischter Mörtel auf der Baustelle nur noch angerührt werden muss, oder Tapeten, die, mit einer wasserfesten Beschichtung versehen, sogar in der Dusche eingesetzt werden können“, zählt Birgit Hansen einige Alternativen auf (weitere auf ihrer Website). Seit 2005 gibt sie zudem bundesweit Materialkundeseminare als Fortbildung der Architektenkammern. Später kamen Badplanungsseminare hinzu, die trotz oder vielleicht gerade wegen der speziellen Ausrichtung gut besucht sind.

Gute Badplanung kann viel bewirken

Das Spektrum der Teilnehmer ist breit gefächert und reicht von Hochschulabsolventen bis hin zu erfahrenen Architekten, die ihr Wissen auffrischen möchten. „Verantwortliche aus der Wohnungswirtschaft sind ebenfalls immer wieder vertreten, weil auch hier das Bewusstsein für die Wertigkeit des Bades gestiegen ist“, resümiert Birgit Hansen. Trotz schmalem Budget seien die Bäder im mehrgeschossigen Wohnungsneubau größer und weniger lieblos gestaltet als früher. Mit planerischem Sachverstand lasse sich durchaus etwas erreichen, und sei es, allein durch die Anordnung der Sanitärobjekte eine nutzerfreundliche Struktur zu schaffen.

Betätigungsplatte für das WC
Zeitgemäße Funktion: berührungslos funktionierende Betätigungsplatten für das WC

Besserer Schallschutz und LEDs

An der Technik hinter der attraktiven Badfassade hat sich bei den Details einiges verändert. Vorwandinstallationen bieten heute dank akustischer Entkopplung einen besseren Schallschutz und die ausgefeilteren Unterkonstruktionen nehmen neue Sanitärobjekte auf, wie Dusch-WCs und berührungslos funktionierende Betätigungsplatten. Zu mehr Komfort hat zudem die LED-Technik beigetragen, die neue und durchaus hilfreiche Möglichkeiten der Beleuchtung erlaubt. Zum Beispiel geben beleuchtete Duschrinnen Sehbehinderten oder Menschen, die einfach nur ohne Brille duschen wollen, Orientierung.

Design und Barrierefreiheit schließen sich nicht mehr aus

Dabei stellt sich zugleich die Frage, wie es um die Barrierefreiheit im Bad bestellt ist. Für die Klientel von Jonas Puschmann und Birgit Hansen ist das ein wichtiger Punkt, denn die meisten Bauherren haben bei der Modernisierung das nahe Rentenalter im Blick. Barrierefrei sind ihre Projekte allerdings ganz selten, barrierearm aber auf jeden Fall, berichten die Architekten. „Ein barrierearmes Bad ergibt sich oft auch schon aufgrund des allgemeinen Trends beim Design: keine Kanten, keine Stufen, genügend Abstand“, sagt Jonas Puschmann.

Nachhaltigster Raum im ganzen Haus

Mit Blick auf die Nachhaltigkeit schneidet das Bad gut ab. Für Birgit Hansen ist es sogar „bei zeitloser Gestaltung, und vorausgesetzt, man verwendet die klassischen Materialien – Fliesen, Sanitärobjekte aus Stahl-Email und Keramik –, aufgrund der langen Nutzungsdauer der nachhaltigste Raum im ganzen Haus.“ Für Jonas Puschmann, der seit Gründung des Büros 2004 ökologisches Bauen betreibt, liegt das Potenzial in Sachen Nachhaltigkeit in erster Linie in der Vermeidung einer vorzeitigen Renovierung durch neue Modetrends. In der Haustechnik hilft die Solarthermie mit nahezu kostenfreiem Warmwasser.


Badplanung 1: Viel Funktion auf kleinstem Raum

Die Altbau-Wohnung in Köln sollte an den Bedarf einer 4-köpfigen Familie angepasst werden, einschließlich der Sanierung von Bad und WC. In dem nur 3,5 Quadratmeter großen Bad waren ein Doppelwaschtisch, eine großzügige Dusche und möglichst viel Stauraum gewünscht – und zwar in einem zeitlosen Design. Das WC ist in einem separaten Raum untergebracht.

Das Bad wurde komplett entkernt und der alte Fliesenbelag entfernt. Mit seinen geringen Abmessungen bei einer Raumhöhe von 3,34 Metern verfügte der Raum über ungünstige Proportionen. Die Decke wurde daher abgehängt und in dem Zwischenraum die Lüftung und die Kopfbrause installiert. Da der Anschluss an das Fallrohr sehr tief lag, ließ sich die Dusche bodeneben ausführen. Ob das möglich ist oder nicht, stellt sich wie in diesem Fall oft erst beim Abriss heraus. Außerdem erlaubte der Bodenaufbau den Einbau einer Fußbodenheizung – und damit den Verzicht auf einen platzraubenden Handtuchheizkörper. Der vorhandene Durchlauferhitzer wurde gegen ein kleineres, aber leistungsstärkeres und elektronisch gesteuertes Modell ausgetauscht. Er ist, ebenso wie der Verteiler für die Fußbodenheizung, in einem nur 20 Zentimeter tiefen Schrank mit Mattglastüren versteckt. Darauf aufgesetzt ist ein tieferes Regal für die Handtücher. Unter dem Waschbecken schaffen zwei große Auszüge mit integrierten Steckdosen zusätzlich Stauraum.

Die über eine dezente Duschrinne entwässerte bodenebene Dusche kann es mit ihrer Fläche von 90 mal 180 Zentimetern mit großen Wellness-Bädern aufnehmen. Als Duschabtrennung ist lediglich ein Festglaselement eingebaut; die Pflegeprodukte befinden sich in einer eingelassenen Nische aus Metall. Für die gewünschte fugenlose Optik wurden der Boden und die Wände mit der Spachteltechnik Frescolori – einem Kalk-Marmor-Putz – gestaltet, die mithilfe einer speziellen Versiegelung auch im Nassbereich eingesetzt werden konnte. Die Rutschhemmung am Boden ließ sich durch die Art des Auftrags und die Wahl der Versiegelung bestimmen.

Büro: Hansen Innenarchitektur Materialberatung, Köln


Badplanung 2: Von der Scheune zum Wohlfühl-Bad

Das Badezimmer entstand im Anbau eines 1850 erbauten Wohnhauses in Kempen am Niederrhein, der in den 1920er-Jahren wahrscheinlich als Stall errichtet wurde. Der Dachraum des anderthalb Geschosse hohen Gebäudes war nur teilweise und behelfsmäßig ausgebaut. Die Aufgabe war, auf kleinem Raum mit Dachschräge ein Bad mit individuellem Charakter zu entwerfen, das zugleich modernen Ansprüchen genügt.

Dachflächenfenster und Galerieverglasung liegen sich gegenüber und sorgen für einen lichtdurchfluteten, großzügigen Raum, der ein ­modernes Spa- und Wellness-Ambiente entstehen lässt. Unter dem neu aufgebauten und nach heutigem Standard gedämmten Dach entstand ein Raum, der die Schiefwinkeligkeit des Bestandes aufgreift: Das Bad ist diagonal geteilt, wobei der hintere, direkt unter der Dachschräge befindliche Teil komplett gefliest ist und den Nass­bereich bildet. Der eigentliche Duschplatz ist nicht einsehbar. Dieser eher kühler gestaltete Teil des Raumes steht im Gegensatz zu dem wohnlich gehaltenen Eingang des Bades.

So fällt, von der Galerie kommend, der Blick auf den Aufsatzwaschtisch mit einem Unterschrank aus Massivholz. Die Wärme, die das Material ausstrahlt, wird zudem durch die Dielenoptik der Bodenfliesen aufgegriffen, die sich wiederum in Kombination mit der Galerieverglasung und der schwarzen Schiebetür zu einem coolen Industrielook verbindet. Lediglich ein kleines, kaum wahrnehmbares Aluminiumprofil grenzt die barrierearm zugängliche Nassstrecke vom vorderen Bereich ab. Das Duschwasser fließt entlang dieser Schiene in den ebenerdigen Bodenablauf.

Büro: Puschmann Architektur, Recklinghausen

War dieser Artikel hilfreich?

Danke für Ihr Feedback!

Schreibe einen Kommentar

Sie wollen schon gehen?

Bleiben Sie informiert mit dem DABnewsletter und lesen Sie alle zwei Wochen das Wichtigste aus Architektur, Bautechnik und Baurecht.

Wir nutzen die von Ihnen angegebenen Daten sowie Ihre E-Mail Adresse, um Ihnen die von Ihnen ausgewählten Newsletter zuzusenden. Dies setzt Ihre Einwilligung voraus, die wir über eine Bestätigungs-E-Mail noch einmal abfragen. Sie können den Bezug des Newsletters jederzeit unter dem Abmeldelink im Newsletter kostenfrei abbestellen. Nähere Angaben zum Umgang mit Ihren personenbezogenen Daten und zu Ihren Rechten finden Sie hier.