Von Karsten Ebeling
Die Frage des Architekten war simpel – zumindest glaubte er das. Es ging um die Planung einer Weißen Wanne, und der Architekt suchte nach einer Textvorlage für die Ausschreibung. Dass es ein solches Passepartout nicht in unserem Fachbuch „Weiße Wannen – einfach und sicher“ gibt, überraschte ihn. Doch wasserundurchlässige Bauwerke aus Beton sind stets detailliert und objektbezogen zu planen, was spezielle Kenntnisse erfordert – auch vom Architekten.
Fachkompetenzen zusammenführen
Als Berater des Bauherrn und Objektplaner muss er eine Reihe technischer Kriterien festlegen und für einen zeitgerechten und fachlich angemessenen Informationsaustausch zwischen den Beteiligten sorgen. Das geschieht in der Baupraxis häufig nicht. Eine Weiße Wanne erfordert die Zusammenarbeit unterschiedlicher Fachleute, zu denen neben dem Architekten der Geotechniker, der Tragwerksplaner, das ausführende Unternehmen und vielfach auch der Gebäudetechnik-Planer gehören (Grafik 1). Eines der wichtigsten Kriterien, die Zusammensetzung des Betons, ist mit dem Betontechnologen und/oder -experten abzustimmen. Da die Konstruktion neben der statisch tragenden auch eine abdichtende Aufgabe zu erfüllen hat, kommt es hier besonders auf riss- und schwindarme Rezepturen an. Für bestimmte sensible Anforderungen kann auch ein Bauphysiker notwendig werden – zum Beispiel bei sehr geringen zulässigen Schwankungsbreiten raumklimatischer Werte wie in Laboren oder Räumen mit EDV-Anlagen. Alle genannten Beteiligten sind mit ihren Teilaufgaben jedoch voneinander abhängig bzw. beeinflussen sich gegenseitig, sodass die Koordination und der Informationsaustausch durch den Architekten unverzichtbar sind. Planungsinformationen zu folgenden Punkten sind besonders wichtig:
Beanspruchungsklasse
Der Architekt muss den Bauherrn über die zwingende Notwendigkeit eines Baugrundgutachtens und dessen erforderliche Aussagen für Weiße Wannen fachlich aufklären. Im Baugrundgutachten muss beispielsweise die Beanspruchungsklasse angegeben sein (1 = Druckwasser, 2 = Feuchte). Auch der Bemessungswasserstand unter Berücksichtigung langjähriger Beobachtungen sowie die chemische Wasseranalyse mit Auskunft über die zutreffende Expositionsklasse XA1, XA2 oder XA3 sind unverzichtbar. Diese Angaben muss der Objektplaner dem Tragwerksplaner für seine Bemessung frühzeitig weitergeben.
Nutzungsklasse
Der Architekt muss auch die Nutzungsklasse gemäß der Richtlinie „Wasserundurchlässige Bauwerke aus Beton“ des Deutschen Ausschusses für Stahlbeton (DAfStb) – kurz WU-Richtlinie – mit dem Bauherrn abstimmen. Die WU-Richtlinie unterscheidet hierfür die Nutzungsklassen A und B. Diese regeln die Anforderungen hinsichtlich des Feuchtetransportes in flüssiger Form sowie die Entstehung von Feuchtstellen auf der Bauteiloberfläche. Das bedeutet, dass durch die Festlegung der Nutzungsklasse die Qualität der Wasserundurchlässigkeit geregelt wird (Grafik 2).
Entwurfsgrundsatz
Aus der festgelegten Nutzungs- und Beanspruchungsklasse ergibt sich, welcher von drei alternativen Entwurfsgrundsätzen gewählt wird. Auch diese Grundsätze sind in der WU-Richtlinie allgemein dargestellt. Architekt und Tragwerksplaner wählen den Entwurfsgrundsatz gemeinsam. Über das Ergebnis ist der Bauherr zu informieren.
Entwurfsgrundsatz a) beinhaltet die Vermeidung von Trennrissen durch konstruktive, betontechnologische und ausführungstechnische Maßnahmen. Dieses ist ein sehr anspruchsvoller Weg und erfordert umfangreiche Vorsorgemaßnahmen sowie neben der engen Zusammenarbeit der Beteiligten ein ausgeprägtes Problembewusstsein mit vertieften technischen Kenntnissen und Erfahrungen mit dieser Bauweise.
Entwurfsgrundsatz b) begrenzt die Breite entstehender Trennrisse unter Ausnutzung der Selbstheilung von Rissen. Diese Möglichkeit ist üblicherweise bei Druckwasser und hochwertiger Nutzung gemäß Nutzungsklasse A nicht anwendbar.
Entwurfsgrundsatz c) – Begrenzung der Trennrissbreite nach DIN 1045-1 „Tragwerke aus Beton, Stahlbeton und Spannbeton: Bemessung und Konstruktion“ – führt zu einer Rissbreitenbegrenzung auf das Mindestmaß. Dieses Konzept ist bei Druckwasserbeanspruchung und Nutzungsklasse A nur anwendbar in Kombination mit planerisch festgelegten Dichtmaßnahmen gemäß der DAfStb-Richtlinie „Schutz und Instandsetzen von Betonbauteilen“, beispielsweise durch Riss-Injektionen. Der Architekt muss dem Bauherrn klarmachen, dass dabei das Verpressen von entstandenen Trennrissen Bestandteil der vorgesehenen Planung und keine Instandsetzungsmaßnahme darstellt.
Zugänglichkeit
Beim Entwurf des Untergeschosses muss der Architekt berücksichtigen, dass die Weiße Wanne innen während der gesamten Nutzungsdauer des Gebäudes für etwaige Abdichtungsarbeiten frei zugänglich bleibt. Nur so lassen sich Fehlstellen und Risse im Nachhinein mit verhältnismäßigem Aufwand abdichten.
Leistungsbeschreibung
Zu den Aufgaben des Architekten gehört auch das Erstellen einer Leistungsbeschreibung, in der alle Anforderungen zur Ausführung berücksichtigt sind. Die WU-Richtlinie verlangt hierbei unabhängig vom festgelegten Entwurfsgrundsatz grundsätzlich eine vorsorgliche Position für die Abdichtung von Trennrissen, die den Nutzungsanforderungen nicht entsprechen und deren Breite die planerischen Festlegungen überschreitet.
Geometrie und Bauteildicken
Die Dichtigkeit einer Weißen Wanne hängt auch entscheidend davon ab, dass die Geometrie möglichst einfach ist und sich auf der Baustelle gut ausführen lässt. Bei der Planung des Untergeschosses sollte demnach nicht der gestalterische, sondern vielmehr der funktionale Aspekt einer möglichst robusten Bauweise im Vordergrund stehen. Diesem Prinzip sollte auch der Entwurf einer Fundamentplatte mit ebener Unterseite ohne Höhenversprünge folgen, die sich unkompliziert herstellen lässt. Auch sind möglichst geradlinig verlaufende Außenwände ohne viele Vor- und Rücksprünge empfehlenswert. Alle dem Wasser zugewandten Bauteile sollten ausreichende Querschnittsdicken aufweisen, die eine fehlstellenfreie Ausführung auf der Baustelle ermöglichen – und zwar unter Berücksichtigung erforderlicher Fugenabdichtungen, Einbauteile, Bewehrungen und Betondeckungen.
Vorgefertigte Elementwände
Der Einsatz von Elementwänden (Dreifachwänden) bietet Vorteile für Bauaufgaben mit hohen Nutzungsanforderungen. Anders als bei Ortbetonwänden entstehen Trennrisse bei fachgerechter Planung und Ausführung nur in den Stoßfugen benachbarter Elemente, die mit geeigneten Fugenabdichtungen zu versehen sind. Diese erfordern jedoch eine spezielle Planung, ausreichende Wandquerschnittsdicken sowie eine besondere fachliche Qualifikation und Kontrollen bei der Ausführung. Wandabschnitte sollten möglichst gerade verlaufen, da jede Richtungsänderung ein neues Wandelement verlangt und damit eine Stoßfuge mit geeigneter Fugenabdichtung. Mit dem Herstellerwerk sollte vertraglich vereinbart werden, dass beide Innenwandflächen vollflächig griffig sein müssen und keine Zementschlämmeschicht aufweisen dürfen. Vom Herstellerwerk sind ausreichend positive Eignungsnachweise für vollflächig kornraue Innenwand-Verbundflächen über dokumentierte Rautiefenmessungen gemäß der WU-Richtlinie vorzulegen.
Neben diesen technischen Verantwortlichkeiten hat der Architekt als Objektplaner eine Mitwirkungspflicht bei weiteren Aufgaben, die im Merkblatt des Deutschen Beton- und Bautechnik-Vereins „Hochwertige Nutzung in Untergeschossen – Bauphysik und Raumklima“ (DBV-Merkblatt E.V. 01/2009) ausführlich dargestellt und in der Check-Liste (oben) zusammengefasst sind. Außerdem bietet das Merkblatt Hilfestellung für raumklimatische und bauphysikalische Maßnahmen, die für hohe Nutzungsanforderungen zu beachten sind, wie in Grafik 3 dargestellt.
Dipl.-Ing. Karsten Ebeling ist Sachverständiger mit Schwerpunkt Betonbau sowie geschäftsführender Partner des Ingenieurbüros Lohmeyer und Ebeling in Burgdorf, www.isvp.de.
Check-Liste
Bei der Lösung folgender Aufgaben besteht für den Architekten eine Mitwirkungspflicht:
Festlegung der Nutzungsanforderungen, Definition Raumklima einschließlich zulässiger Toleranzen
Angaben bezüglich einer variablen Nutzung bzw. Umnutzung
Festlegung von Bauteilabmessungen und -geometrie
Festlegung der Risikoverteilung hinsichtlich des für die Bemessung zu wählenden Entwurfsgrundsatzes
Festlegung des Entwurfsgrundsatzes gemäß WU-Richtlinie (ggf. getrennt nach Bauteilen)
Unterstützung bei Fragen zum Wärmeschutz gemäß EnEV (Wärmedämmung, Nachweis zur Vermeidung von Tauwasser)
Konzept für Heizung, Klima und Lüftung erstellen
Planung und Konstruktion von Dehn-/Arbeits-/Sollrissfugen
Festlegung des Zeitpunktes zum Abstellen der Wasserhaltung und der WU-Prüfung
Abdichtung wasserführender Risse und Fehlstellen festlegen (Verfahren, Materialart und -eigenschaften des Füllgutes usw.)
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