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Würfel im Himalaja

Wie ein deutscher Architekt in Nepal ohne große Hilfsorganisationen Häuser für Erdbebenopfer bauen will.

29.07.20154 Min. Kommentar schreiben
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Flexibel einsetzbar: Die Visualisierung zeigt, dass die Würfelmodulbauten von Weinz leicht in unebenem Gelände errichtet werden können.

Text: Nils Hille

Als Siegmar Weinz ein kleiner Junge war, bekam seine Mutter regelmäßig Besuch von einer Freundin aus Südamerika. Die Missionarin machte gerne Urlaub in Deutschland und brachte jedes Mal kleine Geschenke mit, die Indianer gefertigt hatten. Eine Schale steht noch heute bei ihm zu Hause. Sie schmückt nicht nur den Raum, sondern mahnt an seinen guten Vorsatz: „Ich habe schon als Kind verinnerlicht: Wenn ich selbst mal genug Geld verdiene, dann sollte ich mit einem Teil davon soziale Projekte unterstützen, damit es anderen Menschen auch besser geht.“

Als Architekt verdient Weinz mit seinem Fokus auf den Bau medizinischer Gebäude wie Kliniken, OPs und Arztpraxen genug Geld, um sich zu engagieren. Bisher hat er nach eigenen Angaben vor allem gespendet, zum Beispiel für Kinder in Lima. Doch eines ­seiner Hobbys und die Katastrophe im Himalaja brachten ihn dazu, seit einigen Monaten auch selbst mit ­anzupacken. Letztes Jahr hatte er Nepal beim Höhenbergsteigen kennengelernt und war begeistert von Land und Leuten. Als dann am 25. April dieses Jahres das schwere Erdbeben beide erschütterte und – auch durch die Nachbeben – rund 8.800 Menschen ihr Leben und unzählige Menschen ihr Zuhause verloren, war für Weinz klar: „Ich muss etwas für die Menschen in Nepal tun.“

Mit seiner Erfahrung als Generalplaner und seiner Idee von Häusern in Skelettbauweise wandte sich der Architekt hoch motiviert an mehrere große Hilfsorganisationen. „Doch hier bin ich nur gegen Wände gelaufen. Es gab nur Desinteresse und Ablehnung“, sagt Weinz, der dies bis jetzt nicht richtig fassen kann. Doch er gab nicht auf und fand schließlich mit der Volkshochschule Bhaktapur einen interessierten Partner vor Ort, eine halbe Autostunde von der nepalesischen Hauptstadt Kathmandu entfernt.

Gar nicht so schwer

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Ziel vor Augen: Siegmar Weinz investiert ehrenamtlich Hunderte Arbeitsstunden in die schnelle Realisierung seines Herzens­projekts.

Der Architekt brachte seine Idee von der Bauweise, die so aussteift, dass sie Erdbeben bis zu einer Stärke von sechs bis sieben auf der Richterskala standhalten soll, in Form einer Werkplanung zu Papier: „Ich habe ein in sich steifes Modul in Würfelform gewählt. Mehrere Würfel nebeneinander ergeben dann ein Haus – und lassen sich später problemlos erweitern.“ Und vor allem lassen sie sich auch in nur schwer zu erreichenden Gebirgsregionen errichten. Alle Bauelemente, zum Beispiel die Rohrprofile, wiegen maximal 40 Kilogramm, sodass sie ein einzelner Mensch zu Baustellen tragen kann, die sich nicht mit Fahrzeugen erreichen lassen. Neben der Stahlkonstruktion entwickelt Weinz gerade zudem noch eine Mischvariante, in der auch Holz verarbeitet wird. „Bambus steht in einigen Regionen einfach viel besser zur Verfügung als Stahl“, erklärt er. Für alle Konstruktionen gilt aber laut dem Architekten: Bei einem starken Erdbeben würden sich die Gebäude zwar verformen, sie würden jedoch nicht zusammenbrechen.

Zwischen 4.000 und 5.000 Euro kostet ein Modul inklusive Fundament und Dach – so seine Berechnungen. Ein Gebäude würde dann mit rund 12.000 Euro zu Buche schlagen. Seit drei Monaten sammelt Weinz nun Spenden. Sein ehrgeiziges Ziel: 50 Häuser für bis zu 200 Familien bauen. Anfang Juli waren durch TV-Berichterstattung und Internetseite rund 30.000 Euro zusammengekommen. Dank eines Vereins und der örtlichen Volkshochschule gebe es genug ehrenamtliche Helfer in der Verwaltung, sodass jeder Cent in den Bau der Häuser fließen könne, so Weinz.

Eigentlich sollten schon Ende Juni die ersten Bauten stehen, auch um zu zeigen, dass Konstruktion und örtliche Gegebenheiten perfekt aufeinander abgestimmt sind – und um weitere Spender zu gewinnen. Doch die örtliche Regierung machte Weinz einen Strich durch die Zeitrechnung. Sie verweigerte zuletzt noch die Baugenehmigung. Würde Weinz trotzdem schon bauen, wäre es nicht ungewöhnlich, wenn die Gebäude kurzerhand 22_Nepal_Artikelwieder abgerissen würden – trotz der vielen obdachlosen Menschen, die momentan in Zelten oder Baracken leben müssen.

Aufgeben kommt für Weinz nicht infrage, der mittlerweile 500 Arbeitsstunden ehrenamtlich in das Projekt investiert hat. Er hört aus Nepal, dass er einfach etwas Geduld aufbringen müsse, bis er die Genehmigung durch die Regierung erhalte. Beim Durchhalten und Weitermachen unterstützen ihn vor allem emotionale Momente: So hörte eine Frau von Weinz’ Projekt und sammelte kurzerhand mit all ihren Freunden so viel Geld, dass davon ein ganzes Haus entstehen kann. „Als ich erfahren habe, dass andere, mir unbekannte Menschen mir so sehr den Rücken stärken, habe ich einfach nur noch geheult vor Glück.“


WEITERE INFORMATIONEN zu dem Engagement von Siegmar Weinz finden Sie hier: www.vhsbhaktapur.org/nepalhilfe

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