Genau 56 282 freischaffende Architekten und Stadtplaner waren am Jahresanfang 2011 Mitglieder in unseren Kammern. Zugleich waren 57 229 Mitglieder Angestellte und Beamte – eine Mehrheit unter den beruflich aktiven Kammermitgliedern. In unserer Selbstverwaltung spiegelt sich das allerdings zu wenig wider: Ein Großteil der Delegierten auf Vertreterversammlungen sowie der in Vorstände und Präsidien Gewählten sind Freiberufler.
Das liegt sicher nicht an Zeitgründen, denn sie beträfen Freiberufler mindestens genau so. Es liegt auch nicht daran, dass Kammerthemen für Angestellte und Beamte weniger Bedeutung hätten. Unsere Kernthemen wie der Schutz des Titels und der Berufsaus-
übung betreffen alle gleichermaßen. Die HOAI ist für Angestellte in Büros von gleicher Bedeutung wie für deren Inhaber. Wettbewerbs- und Baukultur gehen alle an.
Unterschiedliche Interessen gibt es naturgemäß bei Fragen, die das Verhältnis zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern betreffen. Da müssen sich Kammern aus Sachauseinandersetzungen heraushalten, denn sie sind weder berufsständische Arbeitsgerichte noch Schlichter in Tarifverhandlungen. Marktgerechte Sätze lassen sich aber aus den Gehaltsumfragen der Kammern ableiten – mehr zur jüngsten Umfrage auf Seite 28 dieser Ausgabe. Natürlich wären für Angestellte höhere Gehälter wünschenswert; genauso natürlich müssen auf der anderen Seite Büroinhaber ihre Kosten begrenzen. So oder so bieten die ermittelten Daten Orientierung für beide Seiten, wenn es um das Finden eines fairen Gehalts geht.
Angestellte und beamtete Architekten sind oft auf Spezialgebieten besonders fit, wenn sie in den Büros spezialisiert bestimmte Leistungsphasen bearbeiten oder wenn sie besondere Kenntnisse in Baurecht und Verfahrensfragen haben. Solche Sachkunde kann die Kammerarbeit bereichern und nützt allen Kollegen, wenn sie etwa zu Themen wie Normen und Regeln, zur HOAI oder zur Diskussion um das Bauordnungs- und Planungsrecht eingebracht wird. Hier arbeiten Kammern in vielen privaten und staatlichen Fachgremien mit und leisten konstruktive Lobbyarbeit. Dabei hilft jede Sachkunde und jede besondere Praxiserfahrung!
Angestellte Kammermitglieder arbeiten nicht nur in Architekturbüros und Ämtern, sondern auch in vielen anderen Unternehmen, etwa in der Bau- und Immobilienwirtschaft, bei Projektentwicklern und Banken oder in Industrie- und Dienstleistungsunternehmen mit umfangreichem Gebäudebestand. Auch ihre Erfahrungen und Sichtweisen sollten die Kammerarbeit stärker befruchten. Oft unterhalten solche Unternehmen eigene Architektur-Abteilungen oder arbeiten mit freien Architekturbüros zusammen. Es hilft beiden Seiten, wenn sie ihre Themen und Anliegen in die Kammerarbeit einbringen – und wenn sie gemeinsame Anliegen gemeinsam anpacken, etwa Kooperationsmodelle, praxisgerechte Vorschriften und Normen sowie das Eintreten für hochwertige, nachhaltige Lösungen in Planung und Bau.
Damit wir hier weiterkommen, bedarf es keines Dauer-Engagements mit Sitzungen im Wochenrhythmus. Schon die Teilnahme an gelegentlich tagenden Arbeitsgruppen, an Einzelveranstaltungen, mit Vorträgen oder schriftlichen Statements sind für uns alle hilfreich. In diesem Zusammenhang ein Appell an die Arbeitgeber: Sie wissen um die Bedeutung der Kammern, oft sind Sie dort selbst aktiv. Räumen Sie auch Ihren Mitarbeitern diese Möglichkeit ein. Denn das ist eine Form des Engagements, das letztlich positiv auf alle zurückwirkt.
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