Seit 1977 gibt es die HOAI – heute natürlich nicht mehr in der damaligen Fassung, sondern mehrfach gründlich aktualisiert und modernisiert. Ihren Wert hat vor Kurzem Barbara Hendricks, die Bundesministerin für Umwelt und Bau, bündig zusammengefasst: „Die HOAI stärkt die Baukultur in unserem Land. Sie ist ein wichtiges und unverzichtbares Instrument zur Sicherung einer hohen Planungsqualität. Der Erhalt des verbindlichen Preisrechts für Architekten- und Ingenieurleistungen in Deutschland ist die Voraussetzung für einen fairen Leistungswettbewerb. Architekten- und Ingenieurleistungen dürfen nicht zu Dumpingpreisen angeboten werden.“
Damit wandte sich Ministerin Hendricks gegen Versuche der Europäischen Kommission, die HOAI abzuschaffen. Solche Versuche gab es auch schon in der deutschen Politik; zum Glück sind sie gescheitert. Die Ansinnen werden immer gleich begründet: Die HOAI behindere den freien Wettbewerb unter Planern und den Marktzugang neuer Büros, sie sei bürokratisch und verbraucher-unfreundlich. Wie falsch das alles ist, zeigt die Entwicklung des Berufsstands: Allein in den sechs Jahren von 2008 bis 2014 ist die Zahl der Architekturbüros von 35.021 auf 41.117 gestiegen. Ein Siebtel mehr Büros unter Geltung der HOAI – das spricht nicht gegen, sondern für sie. Gerade für junge, kleine und aus dem Ausland herziehende Büros ist die HOAI als Schutzschirm attraktiv, der Honorar-Dumping verhindert und einen Wettbewerb um höchste Qualität statt um den niedrigsten Preis fördert.
Noch wichtiger ist ihr Nutzen für Bauherren und Gesellschaft. Sie ermuntert dazu, nicht den billigsten, sondern für die jeweilige Aufgabe besten Architekten zu beauftragen. Sie macht die Honorare transparent, gut ermittelbar und erspart viel zähes Verhandeln. Damit ist sie Verbraucherschutz im besten Sinn – den sich eigentlich und grundsätzlich auch die EU auf die Fahnen geschrieben hat. Berufspolitisch und juristisch unternehmen die Organisationen der deutschen Architekten und Ingenieure darum ihr Möglichstes, um die HOAI zu erhalten.
Aber wir können auch in der täglichen Praxis für das Ansehen der HOAI arbeiten. Das beginnt damit, Bauherren über das umfangreiche, komplexe und für Außenstehende nicht leicht zu durchdringende Regelwerk aufzuklären. Potenzielle Auftraggeber sollten verstehen, was wir inhaltlich leisten müssen und auch können. Wichtig ist dabei, zu betonen, dass die HOAI einen nicht ganz einfach strukturierten, doch sehr brauchbaren formalen Rahmen für unsere geistig-schöpferischen Leistungen darstellt. Sie macht den geleisteten Zeitaufwand und das damit verbundene Honorar nachvollziehbarer und akzeptabel. Nicht zuletzt informiert sie durch ihre Gliederung in Leistungsphasen auch damit über unsere vielfältigen Aufgaben und Tätigkeiten im Planungsprozess.
Natürlich entbindet uns die HOAI nicht von der Notwendigkeit, unsere Projekte betriebswirtschaftlich zu kalkulieren. Wer auskömmlich bezahlt sein will, muss seinen Bürokostenstundensatz kennen sowie Projekte vor- und nachkalkulieren. Damit können die Angemessenheit von Honoraren noch transparenter und nachvollziehbarer machen.
Der Versuch der EU-Kommission zeigt, dass die Existenz einer verbindlichen Honorarordnung nicht selbstverständlich ist. Wir müssen für sie arbeiten, indem wir sie leben und immer wieder erklären. Dann kann sie auch in den nächsten 40 Jahren gute Dienste für Bauherren, Baukultur und Berufsstand leisten.
Joachim Brenncke, Vizepräsident der Bundesarchitektenkammer
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