Vor drei Monaten hat mich die Vertreterversammlung der Architektenkammer Nordrhein-Westfalen zum Präsidenten gewählt. Um dieses wichtige und auf dem Vertrauen unserer Mitglieder basierende Amt hatte sich mit meiner Person erstmals ein angestellter Architekt beworben. Offenkundig spielte die Tätigkeitsart des Kandidaten aber für eine deutliche Mehrheit der Delegierten des NRW-Architektenparlaments keine dominante Rolle. Dennoch halte ich es für geboten, die gleichberechtigte Einbindung aller Tätigkeitsarten und Fachrichtungen in die berufsständische Arbeit zu diskutieren.
Unser Berufsbild hat sich in den vergangenen Jahren in einem manchmal atemberaubenden Tempo gewandelt. Es gibt wohl kein größeres Bauprojekt, an dem nicht eine Vielzahl von Kolleginnen und Kollegen Hand in Hand arbeiten, und zwar sowohl als Team aus Angestellten und Freischaffenden als auch in enger Kooperation unserer Fachrichtungen. Dazu kommt die unverzichtbare Zusammenarbeit mit zahlreichen anderen Disziplinen.
Wenn heute intensiv darüber diskutiert wird, warum öffentliche Großprojekte ins Stocken geraten oder sogar missglückt sind, dann ist eine der zentralen Antworten immer ein Mangel an Austausch und Abstimmung. Kooperation bedeutet das Zusammenführen verschiedenster Kompetenzen zu einem Gesamtprojekt. Das reine Summieren von Einzelleistungen wird eben nicht zwangsläufig von Erfolg gekrönt – erst die richtige Mischung der Leistungen führt zum gemeinsamen Ziel!
Ähnlich sehe ich das auch für unseren Berufsstand. Die Architektenschaft ist in Deutschland eine beachtenswerte Größe, aber keine Lobbygruppe, hinter der Millionen Mitglieder stehen. Schon aus diesem Grund sind wir nur stark, wenn wir die innere Gemeinschaft suchen und stärken – und nach außen klar und deutlich mit einer Stimme sprechen. Dass dies gelingen kann, hat unser langer, aber erfolgreicher Kampf um die Novellierung der HOAI bewiesen. Die Grenzen zwischen den Tätigkeitsarten sind längst fließend geworden. Viele unserer Kolleginnen und Kollegen sind sowohl angestellt als auch freischaffend tätig. Leitende Angestellte und Beamte stehen in ähnlicher Verantwortung und Planungspraxis wie Büroinhaber oder (angestellte) geschäftsführende Büropartner.
Bei uns in Nordrhein-Westfalen bilden die angestellten Architektinnen und Architekten die größte Gruppe unter den Mitgliedern. Ein vergleichbarer Trend zeichnet sich auch auf Bundesebene ab. Die Differenzierung der Tätigkeitsarten hat sicherlich ihre Berechtigung. Sie sollte aber als Chance wahrgenommen werden: Erst wenn wir unsere unterschiedlichen Talente, Ausbildungsschwerpunkte und die vielfältigen Praxiserfahrungen in der gemeinsamen berufspolitischen Arbeit zusammenführen, entsteht eine Mischung, mit der unser Berufsstand eine starke Kraft entfalten kann.
Ich jedenfalls freue mich auf die Arbeit in Nordrhein-Westfalen und in der Bundesarchitektenkammer für die Architektinnen und Architekten, Innenarchitekten, Landschaftsarchitekten und Stadtplaner in Deutschland! Dass dabei ein guter Wein oder ein frisch aufgebrühter Tee eine wunderbare Ergänzung sein kann, weiß Ihr
Ernst Uhing</strong, Präsident der Architektenkammer Nordrhein-Westfalen.
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