DABonline | Deutsches Architektenblatt
Menü schließen

Mehr Inhalt

Services

DABonline | Deutsches Architektenblatt
Zurück Prof. Arno Sighart Schmid

Bildung tut not

Die Architektenkammern in Bund und Ländern fordern eine Reform des „Bologna-Prozess“. Mindestens fünf Jahre Ausbildung halten sie für angemessen.

01.01.20103 Min. Kommentar schreiben

Als anno 1799 Preußen seine Bauakademie gründete, war eines von Beginn an klar: Die Ausbildung „tüchtiger und geschickter Baumeister“ sollte vier Jahre dauern. Bisherige Schnellkurse in „Construktion der Gebäude in Hinsicht auf Dauer und Stabilität“, „Decoration“ und „Zweckmäßige Einrichtung mit Hinsicht auf die Eigenthümlichkeiten des Landes und des Klimas“ hatten einfach nicht gereicht.

Von 1799 bis heute ist die Welt des Bauens vielfach komplexer geworden. Doch viele deutsche Bildungspolitiker meinen, fürs 21. Jahrhundert genüge eine kürzere Ausbildungszeit als damals in Preußen: Ein Großteil der Architekturstudenten soll als Bachelor nach drei Jahren irgendetwas werden. Nur was? Eine qualifizierte Arbeit als Hochbau-, Innen- und Landschaftsarchitekt oder als Stadtplaner ist nach so kurzem Studium schlicht unmöglich. Es ist daher geradezu die Pflicht von Architektenkammern, auf Mindeststandards in der Ausbildung zu bestehen. Nicht, um junge Leute zu blockieren. Sondern um der Bauherren und der Gesellschaft, der Wohn- und Lebensqualität und der Baukultur willen. Und es wäre die Pflicht von Bildungspolitikern und Hochschulen, nur Studiengänge mit diesen Mindeststandards anzubieten.

Im ganzen Land protestieren inzwischen junge Leute an den Hochschulen. Die Versprechungen der „Bologna-Prozess“ genannten Reform sind nicht gehalten; stattdessen sind Niveau und Qualität der Berufsabschlüsse dramatisch gesunken – gerade in der Architektur. Für den Protest der Studenten haben wir daher volles Verständnis. Besonders tragisch: Vielen ist gar nicht bewusst, dass ihnen nach drei Studienjahren die Türen der Kammern verschlossen bleiben. Kein Berufsberater, kein Professor und kein Wissenschaftsminister warnt sie. Unsere Zugangsbedingungen liegen offen, dringen aber selten zu den mehr als 90 einschlägigen Hochschulen durch.

Die Architektenkammern in Bund und Ländern mahnen schon lange eine Reform der Reform an. Vier Jahre sind das absolute Minimum für jede Ausbildung, die in den Architektenberuf führen soll. Mindestens fünf Jahre sind tatsächlich angemessen. Das hat man in 24 der 27 EU-Mitgliedstaaten längst erkannt. Und seit Preußens Zeiten ist kaum ein Ausbildungsstoff entbehrlich geworden, sondern kommt ständig neuer hinzu. Aktuell zum Beispiel Energieeffizienz und Nachhaltigkeit, Barrierefreiheit, die Quartiersentwicklung – von der Flut der Normen gar nicht zu reden.

Daher wird Bildung eines unserer großen Themen im Jahr 2010 sein. Wir werden weiter gegenüber Hochschulen und Politikern begründen, warum es wieder ordentliche Studienzeiten geben muss. Viele von uns werden an die Hochschulen gehen, aufklären und das Gespräch mit Studenten suchen. Und wir werden uns gegen alle Versuche wehren, das Problem der mangelhaften Abschlüsse durch die klammheimliche Einführung von Schmalspurarchitekten zu lösen – etwa mittels Listen für Bauvorlageberechtigte außerhalb der Kammern.

Bildung ist aber nicht nur ein Thema fürs Studium, sondern fürs ganze Leben. Es ist in unser aller Interesse, wenn Bauherren wissen, dass Architekten ständig weiterlernen. Manche Kammern haben die Fortbildung deshalb zur Pflicht gemacht, und alle haben dafür ein breit gefächertes Angebot. Nehmen Sie es wahr! Eine doppelte Bildungsoffensive steht an – bei jedem von uns eine individuelle und bei uns allen eine politische für die Zukunft unseres Berufsstands.

Prof. Arno Sighart Schmid ist Präsident der Bundesarchitektenkammer.

War dieser Artikel hilfreich?

Danke für Ihr Feedback!

Weitere Artikel zu:

Schreibe einen Kommentar

Sie wollen schon gehen?

Bleiben Sie informiert mit dem DABnewsletter und lesen Sie alle zwei Wochen das Wichtigste aus Architektur, Bautechnik und Baurecht.

Wir nutzen die von Ihnen angegebenen Daten sowie Ihre E-Mail Adresse, um Ihnen die von Ihnen ausgewählten Newsletter zuzusenden. Dies setzt Ihre Einwilligung voraus, die wir über eine Bestätigungs-E-Mail noch einmal abfragen. Sie können den Bezug des Newsletters jederzeit unter dem Abmeldelink im Newsletter kostenfrei abbestellen. Nähere Angaben zum Umgang mit Ihren personenbezogenen Daten und zu Ihren Rechten finden Sie hier.